21.05.2021 Mit der Plasmaspektroskopie den kleinsten Rückständen auf der Spur
Um Verunreinigungen schon während des Fertigungsprozesses zu erkennen, setzt das Fraunhofer IFAM innerhalb des vom BMWi geförderten Projektes "ALASKA" die laserinduzierte Plasmaspektroskopie ein und hat diese in eine vollständig automatisierte Einheit für komplexe Prozessketten überführt.
Befinden sich partikuläre, chemische oder filmische Verunreinigungen auf Werkstoffoberflächen, so beeinflussen sie nachfolgende Fertigungsschritte, wie z.B. Kleben oder Lackieren, erheblich. Insbesondere bei klebtechnischen Fertigungsprozessen ist die Erkennung von Oberflächenkontaminationen wichtig, da nur saubere Oberflächen sicher verklebt werden können. Der prozessabsichernden, begleitenden Qualitätssicherung kommt in diesem Fall eine große Bedeutung zu. Hierzu setzt das Fraunhofer IFAM die laserinduzierte Plasmaspektroskopie – kurz LIPS oder LIBS (engl. Laser-Induced Breakdown Spectroscopy) – ein. LIBS ist ein laserspektroskopisches Verfahren, mit dem die elementspezifische Zusammensetzung einer Probe bestimmt werden kann. Die hohe Energiedichte des Lasers – standardmäßig mit der Wellenlänge von 1064 nm – erzeugt eine extreme Anregung der Atome, sodass an der Oberfläche ein Plasma entsteht, welches beim Abkühlen – wenn die Atome wieder in ihren Grundzustand wechseln – Lichtstrahlung abgibt. Diese ist dabei für jedes Element spezifisch und einzigartig. Die Strahlung wird anschließend von einem speziellen Lichtleiter aufgenommen und in ein Spektrometer geleitet, das die Elementverteilung in Echtzeit auswertet. Mithilfe des LIBS-Systems lässt sich so ein Großteil der Elemente in und auf Oberflächen qualitativ und quantitativ analysieren, ohne dass die Proben einer speziellen Vorbereitung bedürfen.
Nach heutigem Stand der Technik bestehen die Aufbauten zur Oberflächenanalytik mithilfe der LIBS-Technologie aus einem stationären, fest installierten Messkopf zur Materialanalyse, vor dem die Proben präzise bewegt werden müssen. Eine flexible und robotergeführte Inline-Oberflächenanalytik konnte für dieses System bislang nicht realisiert werden, da sich die Messköpfe aufgrund ihres hohen Gewichts und ihrer Konstruktion nicht an vorhandene Robotersysteme montieren lassen. Um die LIBS-Technologie in bestehende Produktionsabläufe zu integrieren, wurde in Zusammenarbeit mit der LTB Lasertechnik Berlin ein kompakter LIBS-Messkopf zur Montage an vorhandenen Robotersystemen entwickelt. Wichtiges Ziel innerhalb des Projektes war es, ein kleines und leichtes System zu konstruieren, das zugleich mit robusten Komponenten ausgestattet ist, um der Bewegung am Roboter standzuhalten und dadurch keine Veränderungen der Messqualität hervorzurufen. Eingesetzt wurde hierbei ein Laser mit der Wellenlänge von 1064 nm. Als Ergebnis dieser Entwicklung können die LIBS-Messungen nun vollständig automatisiert in komplexe Prozessketten eingebunden werden. Konkrete Anwendungsszenarien sind z.B. in der Fertigung von Faserverbundkunststoffen oder bei der Vermeidung von Lackbenetzungsstörungen denkbar. Liegen die Messwerte außerhalb des Toleranzbereichs, kann der Prozess direkt und unkompliziert nachgeregelt werden.
Mit ihrem extrem geringen Materialabtrag im Nanogramm-Bereich oder weniger kann die LIBS-Technologie mit einem 1064 nm Laser in vielen Anwendungsfällen eingesetzt werden. Bei den Nachfolgebehandlungen der Bauteile stören die Mikrodefekte i.d.R. nicht oder die Messungen werden an unkritischen Stellen durchgeführt.
Allerdings sind nicht nur die Folgeprozesse, sondern auch die Oberflächenbeschaffenheit und das zu prüfende Material ausschlaggebend für den Einsatz dieser Technologie. So benötigt eine minimalinvasive Oberflächenanalytik von Faserverbundkunststoffen eine andere Wellenlänge und eine andere Energiemenge im Vergleich zu Metallen, Glas oder Kunststoffen. Um die Beeinträchtigungen des Materials so gering wie möglich zu halten, kann der Einsatz eines Lasers mit der Wellenlänge von nur 532 nm oder 266 nm mit jeweils angepasster Energiemenge in bestimmten Anwendungsfällen notwendig sein. Laborversuche am Fraunhofer IFAM haben gezeigt, dass die LIBS-Technik mit 266 nm im Vergleich zu 1064 nm die Materialbeeinträchtigungen in Durchmesser und Tiefe um 95% verringert - und das bei gleichbleibender Qualität der Messdaten. So kann in jedem Fertigungsbereich, in dem Oberflächen- und Materialbeschaffenheit eine wichtige Rolle spielen, das LIBS-System individuell angepasst und eingesetzt werden. Die Analyse beschränkt sich dabei nicht nur auf Festkörper, vielmehr können auch pastöse oder flüssige Substanzen auf ihre elementare Zusammensetzung untersucht werden.