31.03.2017 Schäden erkennen und vermeiden
Ozonrisse
Dichtungen werden aus den verschiedensten Gründen in der Praxis geschädigt. Neben dem Erkennen der Schadensursache werden dann mögliche Abhilfemaßnahmen wichtig – für die Instandhaltung, aber auch bei der Erstausrüstung von Anlagen mit Dichtungen.
Seit über 150 Jahren ist bekannt, dass Naturkautschuke durch Ozon aus der Umgebungsluft stark geschädigt werden können, ebenso sind auch einige Synthesekautschuke von diesem Phänomen betroffen. Trotz dieses Wissens sind allerdings durch Ozon geschädigte Dichtungen in der Praxis noch oft anzutreffen. Diese Schädigung tritt besonders dann auf, wenn Dichtungen unter Spannung stehen. Anfällig für Ozonrissbildung sind fast alle ungesättigten, also Dien-Kautschuke (z.B. NBR, SBR, NR, BR,…), die in der Hauptkette Doppelbindungen aufweisen. Diese Doppelbindung – erkennbar am „R“ in der Kurzbezeichnung – können durch das Ozon angegriffen werden. Eine Ausnahme ist ein vollhydrierter HNBR, der eine relativ gute Beständigkeit gegen Ozonrisse aufweist. M-, Q- und O-Kautschuke (wie z.B. FPM, VMQ, ECO) gelten dagegen als gut bis sehr gut ozonbe-ständig.
Schadensbild: Ozonrisse entstehen immer senkrecht zur Richtung der Spannung
(Bild 1). Die Risse sind tief und können bis zum Durchriss der Dichtung führen. Der Schaden ist irreversibel und kann deshalb nur per Dichtungstausch behoben werden. Dabei kann das Schadensbild in der Praxis leicht mit anderen Schadensbildern verwechselt werden: Das Schadensbild der Ozonrisse ähnelt dem Schadensbild von Ermüdungsrissen durch eine zyklische dynamische Beanspruchung (Bild 2). Für eine Schadensbeurteilung muss man also die Art der Beanspruchung kennen. Dann ist eine klare Abgrenzung möglich. Der Unterschied zu einem Dichtungsschaden durch chemischen Angriff ist dagegen einfacher feszustellen. Er zeigt sich in der stärkeren Tiefe der Risse und in einer spannungsabhängigen, d.h. normalerweise parallelen Ausrichtung der Risse.
Problematische Bereiche: Ozonrisse treten oft an vormontierten Baugruppen auf, wenn diese während der Zwischenlagerung direkt der Umgebungsluft ausgesetzt sind (Bild 3). Die Dichtungsschäden können hier schon nach wenigen Tagen entstehen. Die Folgen sind Leckagen bis hin zu einem totalen Dichtungsausfall (Durchreißen der Dichtung), womit es zu einem Versagen des Gesamtsystems kommen kann.
Prävention: Hier hat sich in der Praxis eine Reihe von Maßnahmen bewährt, die im Einzelfall zu prüfen sind:
- Dichtungen mit veränderter Gummirezeptur (z.B. Verwendung von Ozonschutzmitteln oder Ozonschutzwachsen).
- Beschichtungen der Dichtungen, die den Ozonangriff verringern.
- Verschneiden des angegriffenen Kautschuks mit ozonbeständigen Kautschuken oder PVC.
- Verwendung eines höherwertigen und ozonbeständigen M-, Q- oder O-Kautschuks. Die meist höheren Kosten rechnen sich meist schnell über längere Standzeiten und Anlagenverfügbarkeit.
- Konstruktive Maßnahmen (z.B. Reduzierung des Umgebungsluftzutritts an die geschädigte Dichtung oder Minimierung des Gaszutritts durch Umströmung mit Fluiden).
- Logistische Maßnahmen: Ozonrissanfällige Dichtungen niemals im gespannten Zustand lagern.
Praxistipp: Grundsätzlich empfiehlt sich beim Einsatz von ungesättigten Elastomeren, die in der Anwendung über einen längeren Zeitraum der Umgebungsluft im verformten Zustand ausgesetzt sind, eine Beständigkeitsprüfung gegen Ozon (ISO 1431). Die Prüfung sollte dabei möglichst direkt am Fertigteil erfolgen, um die Wirksamkeit des im Compound verwendeten Ozonschutzes zu überprüfen.
Zur Langversion des Beitrages