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11.03.2025 Risikobasierte Bewertung vs. gefahrenbasierte Bewertung
…oder: Was haben Tiger und Meerschweinchen mit Klebstoffen zu tun?
Die EU plant mit ihrer 2020 veröffentlichten „Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit“ zahlreiche Maßnahmen zum Gesundheits- und Umweltschutz. Daraus ergeben sich weitreichende Folgen für das europäische Chemikalienrecht und damit auch für die Klebtechnik. „Im Rahmen dieser Chemikalienstrategie würde sich der mögliche Paradigmenwechsel, d.h. der Wechsel von einer bisherigen risikobasierten Bewertung von Chemikalien und Gefahrstoffen (Gefahrstoffdefinition nach europäischer CLP-Verordnung) zu einem zukünftig gefahrenbasierten Ansatz vollziehen“, so Professor Dr. Andreas Groß, Abteilungsleiter Weiterbildung und Technologietransfer am Fraunhofer IFAM. Damit entstünde für die Klebtechnik ein essenzielles Problem.
Die mögliche Veränderung einer risikobasierten Bewertung von Chemikalien hin zu einer Bewertung, die die Gefahren fokussiert, erscheint doch auf den ersten Blick erstmal nicht verkehrt. Worin besteht das Problem?
Groß: Auf den „ersten Blick“ gebe ich Ihnen recht. Der genauere Blick offenbart das Problem. Ich befürchte, dass der Öffentlichkeit – und damit auch der politischen Entscheiderebene – die sich daraus ergebenden Konsequenzen eines derartigen Paradigmenwechsels nicht wirklich klar sind.Der auf Gefahrenbetrachtung beruhende Regulierungsansatz ist zugegebenermaßen publikumswirksam, um nicht zu sagen populistisch: Er folgt der in der Öffentlichkeit vorherrschenden skeptischen Betrachtung bzw. dem Vorurteil, dass „Chemie“ grundsätzlich gefährlich ist. Das führt zu der verbreiteten Einschätzung dass – vereinfacht gesagt - „Chemikalien“ grundsätzlich „Gefahrstoffe“ sind.

„Die Ausrichtung auf die Nutzung des international technisch Möglichen und Erforderlichen bei der Schaffung von Rahmenbedingungen gehört wieder unverrückbar in den Mittelpunkt für die Chemikalienstrategie und damit auch für die Klebtechnik. Dahin wieder zurückzukehren, ist eine zentrale Aufgabe der Politik.“ Professor Dr. Andreas Groß