29.11.2019 Richtig kleben will gelernt sein – Teil 4
Gestalten einer Klebung
Kleben funktioniert, wenn man es richtig macht. Und „richtig machen“ bedeutet, alle relevanten Aspekte ganzheitlich zu berücksichtigen. Der Gliederung des Leitfadens „Kleben – aber richtig“ des IVK e.V. folgend, wird jeweils ein Aspekt der Klebtechnik (Bild 1) in den Mittelpunkt gestellt und unter drei Schwerpunkten beleuchtet – diesmal das „Gestalten einer Klebung“.
Diese Folge widmet sich gemäß der Gliederung des Leitfadens „Kleben – aber richtig“ dem Schwerpunkt der „Gestaltung einer Klebung“. Neben der Auswahl des Fügeteilwerkstoffes, des geeigneten Klebstoffes, der passenden Oberflächenbehandlung sowie der optimalen Fertigungsbedingungen ist die klebgerechte Gestaltung des Verbundes wichtig, um durch einen möglichst optimalen Aufbau die gleichmäßige Kraftübertragung und die Langzeitbeständigkeit zu maximieren (Bild 2).
Welche Probleme entstehen in der Praxis, wenn die Gestaltung einer Klebung nicht klebgerecht erfolgt?
Kleben unterscheidet sich von anderen Verbindungstechniken u.a. dadurch, dass es ein flächiges Fügeverfahren ist. Ziel einer klebgerechten Konstruktion ist daher, eine ausreichende Klebfläche bereitzustellen und Spannungsspitzen in der Klebung bei der mechanischen Belastung des geklebten Bauteils zu vermeiden. Von daher ist eine Übertragung von Konstruktionsprinzipien anderer Verbindungstechniken auf das Kleben nicht möglich. So würde z.B. eine Stumpfstoßverbindung, wie sie beim Schweißen üblich ist, in einer Klebverbindung versagen. Es muss folglich „klebtechnisch“ gedacht werden und die Konstruktion „flächig“ gestaltet werden.
Wie vermeidet der Anwender Probleme bei der Gestaltung einer Klebung am besten?
Die Berücksichtigung klebtechnischer Konstruktionsanforderungen ist zwingend notwendig. In einem ersten Schritt heißt klebgerecht gestalten, dass in der Konstruktion Scher-, Schub- und/oder Druckbeanspruchungen angestrebt werden, aber Schälbeanspruchungen unbedingt vermieden werden müssen. Die Klebfläche ist ausreichend zu dimensionieren und die Klebschichtdicke den Belastungen anzupassen. Dabei sind die Klebschichten ggf. vor schädlichen Medien oder Strahlung zu schützen sowie eingeschlossene Hohlräume zu vermeiden. Insgesamt gilt auch beim Kleben: Im Gebrauch muss die maximale Beanspruchbarkeit der Klebung(en) immer größer sein als die reale Beanspruchung.
Über welches Know-how sollten die am Klebprozess Beteiligten hinsichtlich der Gestaltung einer Klebung verfügen?
Auch hier geht es wieder um eine ganzheitliche Betrachtung. Im Mittelpunkt steht das Produkt und dessen Qualität. Folglich muss der Anwender sein/e Produkt/e und die im Gebrauch auftretenden Beanspruchungen genau kennen, d.h. er muss über produktspezifische Kompetenz verfügen. Bei der Auslegung der Verbindungen sind konstruktionsspezifische Prinzipien zu berücksichtigen, d.h. er muss ebenfalls über eine ausreichende konstruktionsspezifische Kompetenz verfügen. Diese Kompetenz muss dann mit klebspezifischer Kompetenz verknüpft werden. Nur so kann letztlich ein klebgerecht gefertigtes Produkt entstehen.
Bild 2: Einflussfaktoren auf die Festigkeit einer Klebung (Bild: Fraunhofer IFAM)
Die Konstruktionsprinzipien anderer Verbindungstechniken dürfen nicht auf das Kleben übertragen werden. Professor Dr. Andreas Groß, Fraunhofer IFAM