27.09.2019 Richtig kleben will gelernt sein – Teil 3
Werkstoffeigenschaften beachten
Kleben funktioniert, wenn man es richtig macht. Und „richtig machen“ bedeutet, alle relevanten Aspekte ganzheitlich zu berücksichtigen. Der Gliederung des Leitfadens „Kleben – aber richtig“ des IVK e.V. folgend, wird jeweils ein Aspekt der Klebtechnik (Bild 1) in den Mittelpunkt gestellt und unter drei Schwerpunkten beleuchtet – diesmal: Die „Beachtung der Werkstoffeigenschaften“.
Die Werkstoffauswahl ist ein wichtiger Schritt bei der Produktentwicklung. Dabei sind neben den mechanischen, ästhetischen, ökonomischen und verfahrenstechnischen Eigenschaften natürlich auch klebtechnische Aspekte zu berücksichtigen.
Welche Probleme entstehen in der Praxis, wenn die Eigenschaften zu klebender Werkstoffe nicht adäquat berücksichtigt werden?
In den vorhergehenden Teilen dieser Kolumne ist immer wieder auf die Wichtigkeit hingewiesen worden, die Klebtechnik ganzheitlich zu betrachten. Alle „Einzel“aspekte, die allesamt die Klebungsqualität beeinflussen (können), fügen sich zu einem „Klebsystem“ zusammen. Und der/die zu klebende/n Werkstoff/e ist/sind essenzieller Teil dieses „Systems“. Aus klebtechnischer Sicht umfassen dabei die zu beachtenden Werkstoffeigenschaften nicht nur die mechanisch-technologischen Eigenschaften wie Festigkeit und Verformbarkeit. Genauso wichtig sind die Oberflächeneigenschaften. Auf diese wird noch gesondert eingegangen. Erschwerend kommt im Weiteren hinzu, dass sich Werkstoffe wie Metalle, Kunststoffe, Gläser, Keramiken, Holz, Papier usw. – auch in klebtechnischer Hinsicht – sehr grundsätzlich voneinander unterscheiden. Ferner steigt die Zahl der Werkstoffe, die zur Produktherstellung zur Verfügung stehen, permanent an. Diese Steigerung wird noch einmal durch Werkstoffbeschichtungen (Oberflächen! → Adhäsion!) vervielfacht. Gleichzeitig gewinnt das Multimaterialdesign zunehmend an Bedeutung.
Wie vermeidet der Anwender Werkstoffprobleme im Klebprozess am besten?
Die Auswahl des/der zu verbindenden Werkstoff/e ergibt sich – unabhängig von der Verbindungstechnik – aus dem zuvor erstellten Anforderungsprofil für das herzustellende Produkt. Der Anwender muss nun seine/n ausgewählten Werkstoff/e hinsichtlich der mechanisch-technologischen Eigenschaften genau kennen und diese/n dann zusätzlich „klebtechnisch“ hinsichtlich Anlieferungszustand, Oberflächenzustand, Lagerungsmöglichkeiten und -bedingungen (Ändert sich der Werkstoff bzw. die Werkstoffoberfläche?) usw. betrachten. Gerade bei Kunststoffen, die, z.B. im Gegensatz zu Metallen, nicht normiert zusammengesetzt sind, kommt hinzu, dass sie eine Reihe von Zusatzstoffen wie Weichmacher (zur Verbesserung der Verformungseigenschaften), Gleitmittel (Vermeiden von Reibung bei der Verarbeitung), Slipmittel (Verbesserung der fühlbaren Oberflächenbeschaffung), Trennmittel (z.B. zur Erleichterung der Entformung), etc. enthalten können. Diese Additive können sich negativ auf die Klebbarkeit von Kunststofffügeteilen auswirken, was dem Anwender bewusst sein muss.
Über welches Know-how sollten die am Klebprozess Beteiligten hinsichtlich der Beachtung der Werkstoffe verfügen?
Die Komplexität eines Klebprozesses bzw. eines Klebsystems ergibt sich aus der hier ansatzweise dargestellten Vielzahl der qualitätsbeeinflussenden „Einzel“aspekte. Diese müssen dem Anwender alle bewusst sein. Fehler können schließlich nur erkannt werden, wenn man sie kennt! Der Leitfaden „Kleben – aber richtig“ (www.klebstoffe.com) hilft in einem ersten Schritt, wichtige Aspekte beim Kleben eben nicht zu „übersehen“ oder gar zu „vergessen“. Selbstverständlich ersetzt er keine umfassende klebtechnische Personalqualifizierung, wie sie die klebtechnischen Qualitätsnormen DIN 2304 (General Industry) und DIN 6701 (Schienenfahrzeugbau) festschreiben.
Hier geht's zum kompletten Leitfaden „Kleben – aber richtig.“
Nur wer alle Einzelaspekte im Kontext der zu verklebenden Werkstoffe kennt, kann Fehler effektiv vermeiden. Prof. Dr. Andreas Groß, Fraunhofer IFAM