Prüfverfahren praxisgerecht anwenden  – Teil 3a

Bild: Ein Gummizugprüfstab in der Eintauchflüssigkeit: Der Wägeteller ist perforiert, um jeglichen Auftrieb zu vermeiden (Bild: O-Ring Prüflabor Richter GmbH)

30.11.2022 Prüfverfahren praxisgerecht anwenden – Teil 3a

Die Dichte – Standardprüfung zur Volumenbestimmung und zum Rezepturmerkmal

von Dipl.-Ing. Bernhard Richter (OPR Group GmbH)

Ohne die richtigen Mess- und Prüfverfahren sind Entwicklungen im Bereich der Dichtungstechnik schwierig oder unnötig teuer. Diese Serie zeigt, wie man anhand klassischer und innovativer Verfahren zu relevanten und/oder hilfreichen Daten kommt.

Die Prüfung der Dichte ist eine wichtige Messmethode, welche in der Gummiindustrie schon sehr lange eingesetzt wird. Sie dient der Gewichts- und Volumenbestimmung von Formartikeln und wird bei der Überwachung der Mischungsproduktion (z.B. Fehler beim Abwiegen oder Füllstoffverwechslungen) und in der Werkstoffprüfung (Quellungen nach Medieneinlagerung) verwendet. Das Verfahren in Kürze: Bei der Dichte handelt es sich um eine Stoffkonstante, die von den Abmessungen des Prüflings unabhängig ist.Aufgrund der Inkompressibilität von Kautschuk (ca. 0,03 Vol-%/100 bar) [3] hat der Verarbeitungsdruck wenig Einfluss auf die Dichte. Um festzustellen, ob eine Werkzeugkavität mit ausreichendem Spritzdruck gefüllt wurde, kann das nicht mit der Dichte, sondern mithilfe der Bauteilmasse festgestellt werden. Allerdings können unterschiedliche Vulkanisationszeiten einen Einfluss ausüben. Legt man jedoch einen angemessenen Vernetzungsgrad zugrunde, so ist dieser Einfluss vernachlässigbar und die Dichte ist damit allein rezepturabhängig und wird i.d.R. auch in Datenblättern aufgeführt. Das gilt natürlich nicht für geschäumte Elastomere, wo sich die Bläschengröße aus dem Prozess ergibt.

Man bestimmt die Dichte mithilfe des „Archimedischen Prinzips“, d.h. man wiegt den Probekörper zuerst in Luft und schließlich in Ethanol bzw. Spiritus. Mit Spülmittel entspanntes Wasser wird der Einfachheit halber meistens bevorzugt, führt aber wegen der hohen Oberflächenspannung, insbesondere bei kleinen Probekörpern, leichter zu Messfehlern. Mithilfe des Auftriebs berechnet eine spezielle Dichtewaage automatisiert die Dichte des Werkstoffs (Bild 1). Diese beiden Kenngrößen, Gewicht in Luft und im Auftriebsmedium, werden dann zusammen mit der Dichte des Auftriebsmediums zur Dichteberechnung des Probekörpers herangezogen (Bild 2). Dazu bieten Waagenhersteller integrierte Programme an. Eine scheinbar einfache Prüfmethode, die aber dennoch gewisser Erfahrung bedarf: So dürfen z.B. keine Luftbläschen am Probekörper haften bzw. sich keine Blasen oder Hohlräume im Probekörper befinden, da diese den Auftrieb beim Wiegen in Wasser verändern würden. Außerdem soll die Temperatur des Probekörpers und der Prüfflüssigkeit gleich sein (Labor-temperatur 23 °C), um die Konvektionsströme in der Prüfflüssigkeit zu minimieren. [5] Und schließlich muss die Dichte der Prüfflüssigkeit regelmäßig überprüft und in der Waage hinterlegt werden. Selbstverständlich lässt sich auch die Dichte an geschäumten Elastomeren ermitteln. Allerdings stellt sich hier das Problem, dass sie i.d.R. eine geringere Dichte als Ethanol aufweisen. Mithilfe von speziellen Drahtkörbchen kann bei geschlossenzelligen Schaumstoffen die Auftriebskraft ermittelt werden. Bei offenzelligen Schaumstoffen wird ein Würfel aus dem geschäumten Bauteil herausgeschnitten. So lässt sich einfach sein Volumen berechnen und dann mithilfe einer Waage die Dichte des Probekörpers

Wichtigste Prüfnormen:
Elastomere werden i.d.R. nach der „Method A“ der ISO 2781 [6] (Rubber, vulcanized or thermoplastic – Determination of density) oder nach Verfahren A (Eintauchverfahren) der DIN EN ISO 1183-1 [7] (Kunststoffe-Verfahren zur Bestimmung der Dichte von nicht verschäumten Kunststoffen) geprüft.

Interpretation der Messergebnisse bzw. Bewertung des Verfahrens:
Weil die Dichte nicht nur vom Basiselastomer, sondern auch von den vielen Füll- und Zuschlagsstoffen in einer Elastomermischung abhängt, gibt es für die einzelnen Elastomerfamilien Dichtebereiche. Die meisten dieser Dichtebereiche überlappen sich, jedoch lassen sich Fluorelasto-mere (FKM/FFKM) bereits an ihrer hohen Dichte erkennen (Bild 3). Tab. 1 zeigt die typischen Dichtbereiche für Elastomere. Die Dichte ist ein einfaches, aber effektives Hilfsmittel, um in vielen Fällen eine Verwechslung des Compounds auszuschließen. Sie darf sich in einem Toleranzbereich von ±0,02g/cm³ (FKM/FFKM ±0,03g/cm³) zum Bemusterungswert bzw. dem Mittelwert der Rezeptur bewegen. Da für Standardelastomere, wie z.B. NBR 70 ShA oder FKM 75 ShA, die Dichtewerte bei rußgefüllten Rezepturen bekannt sind, z.B. für NBR 70 ShA ca. 1,22 – 1,24 g/cm³, bei FKM 75 ShA ca. 1,83 – 1,85 g/cm³, lässt sich bei einem deutlich höheren Wert, wie z.B. 1,35 g/cm³ für NBR 70 ShA oder 1,90 g/cm³ für FKM 75 ShA, erkennen, dass diese Mischungen zusätzlich zum Ruß (=Farbe schwarz) weitere helle bzw. mineralischen Füllstoffe enthalten. Farbige Rezepturen haben i.d.R. deutlich höhere Dichtwerte als schwarze, rußgefüllte Typen (Ausnahme Silikonwerkstoffe).

Zukunft des Verfahrens:
Aufgrund der Einfachheit, verbunden mit einer hohen Aussagekraft, weist dieses Prüfverfahren ein gutes Kosten-/Nutzen-Verhältnis auf und wird in absehbarer Zeit nicht durch andere Verfahren ersetzt werden können. Die Dichtemessung ist aus dem Laboralltag nicht wegzudenken. Auch als Instrument der Qualitätssicherung wird sie weiter einen hohen Stellenwert besitzen. Dort ist allerdings die FTIR-Analyse eine noch bessere Alternative, die zwar teurer in der Anschaffung ist, aber dafür viel breiter eingesetzt werden kann und höherwertigere Ergebnisse liefert.

Praktische Hinweise für eine Auftragsvergabe:
Zur Bestimmung der Dichte werden keine bestimmten Normprobekörper benötigt. Die Messbarkeit kann durch ein geringes Gewicht der Probe (<1,0 g) eingeschränkt sein oder durch Hinterschnitte bzw. Hohlräume durch Lufteinschluss beim Eintauchen in die Auftriebsflüssigkeit. Die Standarddurchlaufzeit im Labor (Ankunft der Probekörper bis Versand des Ergebnisberichts an den Kunden) beträgt ca. 3 – 5 Tage.

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Bernhard Richter, Geschäftsführer
„Als Wareneingangsprüfung ist die Dichtemessung konkurrenzlos effektiv, gerade in einer globalen Beschaffungswelt, und hat schon unzählige Male geholfen, nicht kommunizierte Änderungen seitens des Lieferanten zu erkennen.“ Bernhard Richter, Geschäftsführer

Lösungspartner

OPR Group GmbH

Zielgruppen

Einkauf, Instandhaltung, Konstruktion & Entwicklung, Produktion & Fertigung, Qualitätssicherung, Unternehmensleitung, Vertrieb