Klebtechnik und Kreislaufwirtschaft – Gegner oder Verbündete?

(Bild: AdobeStock, bearbeitet mit Adobe Firefly)

05.03.2025 Klebtechnik und Kreislaufwirtschaft – Gegner oder Verbündete?

Eine absurde Frage, verdeutlicht sie doch das Dilemma von Technologien in einer europäischen Industriegesellschaft

von Professor Dr. Andreas Groß (Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM)

Der im EU-Aktionsplan Kreislaufwirtschaft beschriebene Übergang von der Linearwirtschaft („Wegwerf-Wirtschaft“) in eine Kreislaufwirtschaft wird leider in der landläufigen Betrachtung und politischen Bewertung fälschlicherweise oft auf das Thema „Recycling“ reduziert. „Der Aktionsplan Kreislaufwirtschaft gibt hinsichtlich der ökologischen Nachhaltigkeitsbewertung insgesamt einen umfassenden, ganzheitlichen Ansatz vor“, so Professor Dr. Andreas Groß, Abteilungsleiter „Weiterbildung und Technologietransfer“ am Fraunhofer IFAM (Bremen), „und fokussiert sich nicht auf Einzelelemente wie z.B. „Recycling“. Die neun
R-Strategien der EU-Kommission sind der Wegweiser für eine Verknüpfung von Ökodesign und Kreislaufwirtschaft. In diesem Kontext ist die Klebtechnik schon heute – mit ihren herausragenden Beiträgen, die für eine technologisch, gesellschaftlich und politisch richtige Einordnung berücksichtigt werden müssen – Verbündeter und kein Gegner.

In der Öffentlichkeit und Politik wird die Klebtechnik aber aktuell eher als Gegenspieler ökologischer Entwicklungen ge­sehen. Begründet wird das u.a. mit Aussagen, Kleben stehe einer Kreislaufwirtschaft grundsätzlich entgegen, geklebte Produkte könne man nicht reparieren, Klebungen seien nicht recyclingfähig und deshalb nicht zukunftsfähig…

Groß: …dreimal falsch! Aber fangen wir bei der ersten Aussage an. Dazu müssen wir zunächst das übergeordnete Ziel einer Kreislaufwirtschaft betrachten. Dieses besteht darin, zur Optimierung der Öko-Effizienz Wertstoffe so lange wie möglich im Wirtschaftskreislauf zu halten. Auf diesem Weg wird das notwendige Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch entkoppelt.

Da ist Recycling doch der richtige Weg. Die in Produkten verwendeten Werkstoffe werden wieder aufbereitet und stehen für neue Produkte zur Verfügung. Wirtschaftswachstum wird also vom Ressourcenverbrauch entkoppelt…

Groß: …und genau so funktioniert es nicht! Diese fahrlässig vereinfachende Betrachtung führt in eine falsche Richtung. Eine Fokussierung auf ein Einzelthema, hier auf das „Recyc­ling“, reduziert die Komplexität des eigentlichen Ziels einer Kreislaufwirtschaft in sträflich unzulässiger Weise. Um es hier deutlich zu sagen: Ich spreche mich nicht gegen Re­cycling aus. Aber die Reduzierung auf diesen Einzelaspekt ist falsch und für eine sinnvolle „Kreislaufwirtschaft“ sogar kontraproduktiv.

Professor Dr. Andreas Groß, Abteilungsleiter „Weiterbildung und Technologietransfer“, Fraunhofer IFAM (Bremen)
„Wenn alle die R9-Strategie verinnerlichen und ernsthaft anwenden, haben wir ein mächtiges Instrument zur nachhaltigen Technologienutzung an der Hand und müssen viele unsinnige Diskussionen nicht mehr führen.“ Professor Dr. Andreas Groß, Abteilungsleiter „Weiterbildung und Technologietransfer“, Fraunhofer IFAM (Bremen)

Lösungspartner

Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM

Zielgruppen

Einkauf, Instandhaltung, Konstruktion & Entwicklung, Produktion & Fertigung, Qualitätssicherung, Unternehmensleitung, Vertrieb