18.09.2017 Grenzen und Möglichkeiten von Prüfverfahren
Teil 8: Physikalische analytische Prüfverfahren
Um die Funktion einer Dichtung sicherzustellen, werden diese und die jeweiligen Dichtungswerkstoffe verschiedenen Mess- und Prüfverfahren unterzogen. Doch was leisten die einzelnen Verfahren, wo sind die Grenzen? Diese Serie gibt Konstrukteuren, Einkäufern und Qualitätsmanagern einen Überblick über die üblichen Verfahren und Praxistipps zur Einordnung der Ergebnisse. Im Folgenden werden die drei wichtigsten Verfahren der physikalischen Analytik vorgestellt:
Thermogravimetrische Analyse (TGA):
Diese Methode bietet sich zur Beschreibung von Rezepturzusammensetzungen und zum schnellen Nachweis der Rezepturkonstanz an. Gummimischungen und elastomere Fertigteile sind vielkomponentige Gemische aus Verarbeitungshilfen, Weichmachern, Polymeren, Rußen und Füllstoffen. Sie alle spielen für die Gebrauchseigenschaften eine Rolle. Auch wenn es extrem schwierig ist, aus einem vulkanisierten Artikel die Originalrezeptur zu ermitteln, haben sich doch näherungsweise Verfahren etabliert, mit denen z.B. quantitativ die Anteile der Hauptkomponenten schnell und reproduzierbar gemessen werden können.
In der TGA wird eine Werkstoffprobe (ca. 10 mg) kontinuierlich bis zu max. 1.000 °C erhitzt und dabei der relative Gewichtsverlust über der Temperatur gemessen. Die Auswertung erlaubt die quantitative Ermittlung der Mischungsbestandteile in verdampfbare bzw. flüchtige Bestandteile (überwiegend Weichmacher), pyrolysierbare Bestandteile (überwiegend Polymer), oxidierbare Bestandteile (überwiegend Ruß) und nicht oxidierbare Bestandteile (Füllstoffe, v.a. Metalloxide), auch als Ascherest bezeichnet. Leider gibt es keine Universal-TGA-Methode, um der vielfältigen Welt der Elastomere gerecht zu werden. In Gebrauch sind u.a. verschiedene Prüfvorschriften sowie viele Werks- oder eigene Labornormen:
• VDA 675 135 (2016-05) – die alte Ausgabe beschrieb eine effektive, einfache Methode mit konstanter Heizrate, die neue Ausgabe der Norm von 2016 hat sich der ISO 9924 angenähert.
• ISO 9924-2 (2016-08) – sie bietet sich für polare und halogenhaltige Proben mit langer Messzeit an und hat den Vorteil, dass der bei der Polymerpyrolyse entstehende Ruß (meistens) separat erkannt und nicht der Rußmenge zugeschlagen wird.
• DIN EN ISO 11358 (2014-10) – sie ist eine allgemeine Beschreibung der Durchführung einer thermogravimetrischen Analyse, das Aufheizprogramm wird nicht definiert.
»1 zeigt ein Beispiel für die Ergebnisse einer TGA. Die grüne Kurve stellt die Gewichtsabnahme über der Temperatur dar (Einwaage bei RT = 100%), die blaue Kurve die erste Ableitung des relativen Gewichtes über der Temperatur. Letztere dient der genaueren Unterscheidung der Kurvenverläufe und der Ereignisse. Die Methode nach ISO 9924-2 lässt hier neben 11,8% flüchtigen Bestandteilen und 49,1% pyrolysierbaren Bestandteilen noch 2,1% Pyrolyseruß erkennen. Der hohe Ascherest von 36,8% und die geringen oxidierbaren Bestandteile von 0,2% sind typisch für eine farbige Mischung ohne Ruß als Füllstoff.