Die Extrusionsdüse leckt

(Bild: AdobeStock_Studio_East))

12.09.2019 Die Extrusionsdüse leckt

Praxisbeispiel zur Annäherung an den Stand der Technik

von Simon Treiber (Berger S2B GmbH)

Der einzusetzende Stand der Technik bei Dichtungs- und Kleblösungen wirft in der Praxis immer wieder Fragen auf. Anhand von Praxisbeispielen zeigen Experten in lockerer Folge, welche Lösungen mit dem Blick auf den Stand der Technik realisiert wurden – in diesem Fall weniger eine Lösung als eine Annäherung. 

? Zentrales Anliegen einer Anfrage war, wie ein immer wiederkehrendes Dichtungsproblem gelöst werden könnte. Bei der Dichtung handelte es sich um eine Dichtung für eine Ex­trusionsdüse, von der eine Zeichnung vorlag. Die Düse hat vier Bohrungen für Ölkanäle und vier Bohrungen für Stehbolzen (M6 8.8) zur Montage. Die Schrauben-Anordnung verläuft im Zickzack -Muster. Eingesetzt wurden vier M 6 8.8-Schrauben, mit denen nur eine extrem niedrige Flächenpressung von ca. 5 MPa zu erreichen ist. Die Dichtung sollte für eine Temperatur bis
300 °C beständig sein. Ölseitig lagen ca. 12 bar Überdruck an und Extrusionsschmelzeseitig ca. 50 bar Überdruck. Die Temperatur und die Drücke lagen konstant an. Bisher wird eine Graphit-Dichtung mit Spießblecheinlage eingesetzt. Diese hat aber nur kurze Standzeiten. Es kam immer wieder zu Undichtheiten, was Fragen hinsichtlich der richtigen Werkstoffwahl, Dicke der Dichtung und der Schraubenart sowie der daraus resultierenden Flächenpressung aufwarf.

§ Anwenderseitig wurden keine einzuhaltenden Normen genannt. Es ist aber davon auszugehen, dass mindestens das Arbeitsschutzgesetz, die BetrSichV und damit TRBS 2141 relevant ist. Der Fokus der Anfrage lag auf einer technischen Lösung. Der Stand der Technik wurde nicht thematisiert. Dieser ist aber nicht von einer technischen Lösung zu trennen. 

! Die Verwendung der Stehbolzen M 6 der Festigklasse 8.8. ohne zusätzlichen Nachweis der Warmstreckgrenze ist nach ISO 898- 1 nicht zulässig. Auch die Verwendung der Graphit-Flachdichtung entspricht nicht dem Stand der Technik/Beste verfügbare Technik. Die verwendeten Stehbolzen sind für eine ausreichende Flächenpressung zu schwach. Zur Beurteilung des Standes der Technik und damit Empfehlung einer technischen Lösung müssen zusätzliche Informationen vorliegen:

  • Regelwerksbereich,
  • alle Temperaturen und Drücke,
  • Materialien aller Bauteile der Dichtverbindung,
  • Montage und
  • regelmäßige Prüfung.

Konkret resultieren daraus Fragen: Aus welchen Werkstoffen sind die Bauteile? Wie ist der Durchmesser der Schraubenlöcher, wo die Muttern aufliegen? Nächste zentrale Frage ist, werden Unterlegscheiben verwendet? Wenn ja, gemäß welcher Norm, aus welchem Werkstoff und welcher Härte in HV? Gibt es eine Montageanweisung? Und wenn ja, wie wird montiert, mit Handschlüssel oder Drehmomentschlüssel und mit welchem Drehmoment? Gibt es Vorgaben, z.B. Montagereihenfolge, Drehmomentstufen, wie 50, 75, 100 %, Nenndrehmoment, zum Aufbringen des Drehmoments? Werden die Schrauben geschmiert und wenn ja, mit welcher Paste und werden sowohl Gewinde und Muttern­auflage geschmiert?

Fazit: Diese erforderlichen Informationen liegen in der Praxis nicht immer vor und so zeigt dieses Beispiel, wie hoch komplex die Wahl einer geeigneten Flachdichtung ist, die dem Stand der Technik/Best verfügbare Technik entspricht. Deshalb ist empfehlenswert, frühzeitig Lösungspartner hinzuzuziehen, die den Stand der Technik kennen oder ermitteln und diesen dann in einer ganzheitlichen Betrachtung der Dichtstelle umsetzen. 

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Lösungspartner

Berger S2B GmbH

Zielgruppen

Konstruktion & Entwicklung, Einkauf, Qualitätssicherung, Instandhaltung, Unternehmensleitung