Effizientere Rotorblattfertigung für Windenergieanlagen

Die flexible vakuum-streckgezogene PeelPLAS®-Trennfolie schmiegt sich wie eine zweite Haut in die 18 m lange Rotorblattsegmentform und ermöglicht nach Fertigung des FVK-Großbauteils dessen trennmittelfreie Entformung (Bild: Fraunhofer IFAM)

20.11.2023 Effizientere Rotorblattfertigung für Windenergieanlagen

Durch die Entwicklung trennmittelfreier Prozess- und Materialsysteme im Teilprojekt "Trennfolientechnologie zur optimierten Rotorblattfertigung" des Verbundprojekts "OptiBlade" gelang es den Forschenden des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung, IFAM, gemeinsam mit ihren Partnern Olin Blue Cube Germany und Infiana Germany, die Rotorblattfertigung für Windenergieanlagen zu optimieren und dadurch die Voraussetzung zu schaffen, deren Fertigungskosten deutlich zu reduzieren.

Mit der erzielten kosteneffizienten Produktionsautomatisierung, inkl. erhöhter Qualitätssicherung sowie Verbesserung von Gesundheitsschutz und Ergonomie während der Produktion, lässt sich der Ausbau von Windenergieanlagen vor dem Hintergrund des Energiekonzepts 2050 vorantreiben. Im Rahmen des Projekts nahm das Fraunhofer IFAM nicht nur eine eigens konstruierte neue Niederdruck-Plasma-Bahnwarenanlage in Betrieb, sondern entwickelte zudem Plasmaprozesse, mittels derer eine ultradünne plasmapolymere Trennschicht auf bis zu 2,4 m breite Folienhalbschläuche auftragbar ist. Die resultierende flexible streckziehfähige PeelPLAS®-Trennfolie – eine Weiterentwicklung der FlexPLAS®-Trennfolie des Fraunhofer IFAM – erreicht aufgefaltet eine Breite von bis zu 4,8 m. Für noch breitere Formen zur Produktion von Rotorblättern aus faserverstärkten Kunststoffen (FVK) lässt sich diese Trennfolie zudem problemlos verschweißen.

Darüber hinaus gelang es mittels eines speziell entwickelten Verfahrens, einen auf 4,2 m aufgefalteten PeelPLAS®-Trennfolienhalbschlauch durch Vakuum-Streckziehen wie eine zweite Haut auf eine 18 m lange Segmentform des Fraunhofer IWES zur Herstellung eines 40 m langen FVK-Rotorblatts zu applizieren. Danach wurde in der Form gemeinsam mit dem Verbundpartner Olin Blue Cube Germany ein Rotorblatt-Demonstrator gefertigt. Dieser konnte – dank der sehr guten Haftung der Plasmabeschichtung auf der Folie – ohne Einsatz konventioneller Trennmittel mit der PeelPLAS®-Trennfolie übertragsfrei entformt und umgehend weiterverarbeitet werden: Nach Abzug der Folie vom FVK-Großbauteil ließ sich seine Epoxid-Harzmatrix ohne weitere Vorbehandlung mit einem Reparaturlack für Rotorblätter lackieren. Auch nach 1.000 h Auslagerung im Kondenswassertest zeigte der Lack noch eine ausgezeichnete Haftung.

Die plasmabeschichtete flexible PeelPLAS®-Trennfolie basiert auf einer thermoplastischen Elastomerfolie. Die Trennfolie wird für die Herstellung kontaminationsfreier Großbauteile aus faserverstärkten Kunststoffen genutzt, auf spezielle Branchen- und Kundenanforderungen adaptiert sowie stetig weiterentwickelt. Sie dient als Ersatz für herkömmliche Trennmittel und bietet u.a. den Vorteil einer übertragsfreien und sicheren Bauteilentformung. So gewährleistet die Trennfolie eine gleichbleibend hohe Bauteilqualität.

Die im Projekt "OptiBlade" vom Fraunhofer IFAM entwickelten Prozesse unter Einsatz der PeelPLAS®-Trennfolie erhöhen den Wertschöpfungsanteil entlang der Prozesskette, indem sie nicht nur die Oberflächenqualität der gefertigten Rotorblätter optimieren, sondern auch personal- und zeitintensive Arbeiten vermeiden. Hier sind insbesondere die manuellen Arbeiten zum Reinigen und Eintrennen der Werkzeugformen sowie das aufwändige Abschleifen der Trennmittelreste zwischen der Härtung und dem Lackieren der hergestellten Rotorblätter zu nennen. Diese manuellen Arbeitsschritte erfolgen zum einen in unergonomischer Körperhaltung und stellen – wegen des intensiven Kontakts zu Schleifstäuben und Gefahrstoffen – hohe Anforderungen an den Gesundheitsschutz des Personals. Darüber hinaus wird bei der Bauteilherstellung die Formenbelegungszeit deutlich reduziert, weil die Formen nicht mehr gereinigt werden müssen. Zudem verlängert dies die Lebensdauer der Formen deutlich, da sie nicht mehr durch abrasive Reinigungsverfahren verschleißen. Schließlich dient die Folie, die auch in komplexeren Werkzeuggeometrien nutzbar ist, zum einen als Schutz für das ausgehärtete Bauteil, zum anderen lässt sie sich leicht und rückstandsfrei von ihm entfernen: Zurück bleibt eine matte und saubere Oberfläche, die sich ohne Vorbehandlung lackieren lässt.

Aufbauend auf diesen Ergebnissen soll innerhalb des geplanten Kooperationsprojekts "Nachhaltige und effiziente Rotorblattfertigung mit emissionsreduzierten Prozessen zur Ausbildung der Oberflächen (NEOFOIL)" im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) eine neuartige plasmabeschichtete Verbundfolie entwickelt werden, die als semipermanente Trennfolie auf dem Formwerkzeug fixiert wird und Mehrfach-Entformungen von FVK-Komponenten ermöglicht. Hierdurch wird es neben der Reduzierung der Abfallmenge zu einer weiteren Reduzierung des Arbeitsaufwands sowie der Formbelegungszeit kommen. Somit lassen sich die Herstellungskosten für Rotorblätter weiter senken und deren Verfügbarkeit erhöhen. Zudem lassen sich die im Forschungsprojekt "OptiBlade" bereits gewonnen Erkenntnisse und entwickelten Technologien nicht nur für die Rotorblattfertigung weiter vorantreiben und implementieren, sondern ebenso effizienzsteigernd in die Produktionsprozesse anderer Branchen – wie Flugzeug-, Raumfahrzeug-, Schienenfahrzeug-, Nutzfahrzeug-, Automobil-, Schiff- oder Sportgerätebau – übertragen.

Nach einer Laufzeit von über vier Jahren endete das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderte Teilprojekt "Trennfolientechnologie zur optimierten Rotorblattfertigung – erste Projektphase" (Förderkennzeichen: FKZ 0324177A) im Rahmen des Verbundprojekts "Optimierte Rotorblattfertigung durch trennmittelfreie Prozess- und Materialsysteme – erste Projektphase (OptiBlade-1)". Das Fraunhofer IFAM dankt im Namen der Projektpartner Blue Cube Germany Assets GmbH & Co. KG (Olin Blue Cube Germany) und Infiana Germany GmbH & Co. KG dem BMWK für die zur Verfügung gestellten Fördermittel und dem Projektträger Jülich für die Unterstützung.

Lösungspartner

Fraunhofer IFAM Stade
Fraunhofer IFAM Stade

 

Zielgruppen

Konstruktion & Entwicklung, Produktion & Fertigung, Qualitätssicherung, Unternehmensleitung, Einkauf