Die Rückkehr nach Notre Dame

Die Glasscherben wurden mit einem farblos transparenten 1K-Silikonklebstoff geklebt (Bild: Hohe Domkirche Köln, Dombauhütte; Foto: Jennifer Rumbach)

05.12.2024 Die Rückkehr nach Notre Dame

Die ganze Welt hielt den Atem an, als am 15. April 2019 die berühmte Kathedrale Notre-Dame in Paris in Flammen stand. Dabei wurden auch die Inneneinrichtung und zahlreiche Kunstwerke beschädigt oder verschmutzt – darunter vier Obergardenfenster des Langhauses von dem Glasmaler Jacques Le Chavallier. Im Zuge einer internationalen Hilfsaktion wurden sie in der Kölner Dombauhütte restauriert. Mit dabei: Klebstoffe.

Unmittelbar nach dem verheerenden Brand der Notre-Dame begannen die umfangreichen Bergungs- und Sicherheitsmaßnahmen, die mehrere Monate in Anspruch nehmen sollten. Im Mai 2019 konnten die französischen Glaswerkstätten so gut wie alle Glasmalereien der Kathedrale ausbauen und stellten dabei fest, dass die Fenster bei weitem nicht so stark in Mitleidenschaft gezogen worden waren wie zunächst befürchtet. Da der Brand international große Betroffenheit ausgelöst hatte, wurde vielerorts fachliche und personelle Hilfe angeboten. So kam es dazu, dass vier große Fenster aus dem Obergarden des südlichen Langhauses zur Restaurierung nach Deutschland gingen – zur Kölner Dombauhütte. Gemeinsam mit zwei Kooperationspartnern nahm man sich der Restaurierung der wertvollen Kunst an.

Die Restaurierungsarbeiten begannen im Frühjahr 2022 und wurden in mehreren Schritten durchgeführt. Bevor die Fenster nach Köln transportiert wurden, reisten Mitarbeitende der Kölner Dombauhütte nach Frankreich, um vor Ort den Zustand der vier Fenster vor dem Transport zu dokumentieren. Hierbei wurden insgesamt 316 Glasmalereifelder aus den Kisten, in denen sie gelagert waren, herausgehoben und auf Schäden kontrolliert. Durch den Brand des bleiernen Dachstuhls waren die Glasoberflächen mit einer bleihaltigen und somit giftigen Staubschicht überzogen, sodass die Mitarbeitenden Vollschutzanzüge und Atemschutzmasken bei der Inspizierung tragen mussten.

Dann wurden vierzig Kisten mit den Glasmalereien sowie weitere schwere Kisten mit rahmendem Eisenwerk von einem Team der Dombauhütte entgegengenommen. Bevor die restauratorischen Arbeiten beginnen konnten, musste zuerst der giftige Bleistaub von den Glasflächen entfernt werden – was mehrere Wochen in Anspruch nahm. Anschließend folgte eine detaillierte Bestandsaufnahme der 316 Gläser, um den Zustand vor Beginn der praktischen Arbeiten zu dokumentieren. Diese Vorarbeiten waren die Grundlage für das große Planungsgespräch aller Beteiligten. Die Arbeit an den vier Fenstern wurde aufgeteilt: drei der Fenster kamen zu den Kooperationspartnern und eines blieb in der Dombauhütte.

Im Wesentlichen fanden die Restaurationsarbeiten an der Verbleiung, am Glas sowie an der Verkittung statt. Die Verbleiung der Fenster wies durch den Brand zahlreiche Brüche auf, sodass einige Bleinetze komplett ersetzt werden mussten. Ebenso wurden die umlaufenden Randbleie ausnahmslos erneuert. Damit die frischen Lötstellen und das neu eingefügte Blei nicht durch silbrigen Glanz ins Auge fallen, wurden sie mit einem schwarz pigmentierten Wachs retuschiert.

Die Gläser hatten durch den Brand keine allzu großen Schäden genommen und waren mit der bereits erwähnten, aufliegenden bleihaltigen Staubschicht bedeckt. Die dichten, flächigen Rußablagerungen wurden mit Watte und einem Ethanol-Wasser-Gemisch entfernt. Etliche Gläser in den Randbereichen waren – manchmal auch mehrfach und mit komplizierten Sprungmustern – gebrochen. Von den Restaurierenden wurden alle Splitter genaustens ausgerichtet und geklebt. Dabei musste sehr sorgfältig und sauber gearbeitet werden und es durfte nur unmittelbar entlang der Sprungkante geklebt werden. Zum Einsatz kam ein farblos transparenter 1K-Silikonklebstoff. Silikon ist sehr widerstandsfähig gegenüber Temperaturen und Witterung. Es stellt sicher, dass die Klebungen auch bei direktem Regen dauerhaft halten und kein Wasser eindringen kann. Haben größere Bruchstücke gefehlt, wurden diese durch farblich exakt passende und entsprechend bemalte Glasstücke ersetzt. Dabei war die oberste Priorität immer, das originale Material – so gut es geht – zu erhalten. Neben den Arbeiten an der Verbleiung und den Gläsern wurde zudem die Verkittung erneuert – auch wenn sie sich auf die Außenseite der Felder beschränkte. Sie dient der weiteren Stabilisierung und schützt vor eindringendem Regenwasser.

Nach einem Jahr wurden die Fenster im April 2023 zurück auf die Baustelle nach Paris transportiert, wo sie sicher bis zum Einbau im Juli 2023 lagerten. An diesem Tag erfolgte im Beisein des Kölner Dombaumeisters die offizielle Abnahme der Arbeiten an den vier Fenstern, mit viel Lob und Anerkennung seitens der französischen Bauleitung. Am 7./8. Dezember 2024 wird die Kathedrale feierlich wiedereröffnet.

Lösungspartner

Industrieverband Klebstoffe e. V. (IVK)
Industrieverband Klebstoffe e. V. (IVK)

 

Zielgruppen

Einkauf, Instandhaltung, Konstruktion & Entwicklung, Produktion & Fertigung, Qualitätssicherung, Unternehmensleitung, Vertrieb