22.11.2023 Dichtungslösung für anspruchsvolle Cobot-Anwendungen
Flexibel und verschleißfest bei minimalen Reibungsverlusten: Das waren die Hauptanforderungen an Freudenberg Sealing Technologies für die Entwicklung einer neuen Dichtung für Cobots. Die vielseitig einsetzbaren Roboterarme wurden so zum Treiber für ein komplettes Neudesign.
Cobots sind aus der modernen Industrie nicht mehr wegzudenken: Die wendigen und schnellen Maschinen arbeiten heute bei vielen Tätigkeiten Hand in Hand mit Menschen. Eine der wesentlichen Anforderungen an die Cobots ist daher, dass sie sich nicht nur bei wechselnden Aufgaben, sondern auch in unterschiedlichen Arbeitsumgebungen flexibel einsetzen lassen. Roboter, die heute in einer Schweißzelle ihre Arbeit verrichten, sollen z.B. eine Woche später an einem Verpackungsband ihren Dienst tun. Das stellt hohe Anforderungen an das Einsatzprofil der beliebten Produktionshelfer.
Aus diesem Grund suchte der Hersteller eine Dichtungslösung, die alle Gelenke der Cobots zuverlässig und vor allem langfristig vor Staub, Spritzwasser und anderen Verschmutzungen schützt. Um Effizienz, Energieverbrauch und Bewegungsgeschwindigkeit der Roboterarme nicht übermäßig einzuschränken, wurden bisher einfache PTFE-Ringe verwendet, welche allerdings nicht die geforderte Schutzklasse IP54 gewährleisten konnten. Hohe Verfahrgeschwindigkeiten und die im Roboterarm auftretenden Kräfte schaffen zudem ein Umfeld mit Temperaturen von bis zu 60 °C, denen eine Dichtung nicht nur dauerhaft standhalten muss – auch eine äußerst geringe Materialdehnung ist wichtig, um die Funktion in jedem Betriebszustand und bei allen Temperaturen zu gewährleisten.
Als ersten Entwurf stellte Freudenberg Sealing Technologies einen Nutring aus Polyurethan (PU) vor. Im Praxistest erwiesen sich die Reibkräfte allerdings durch die verhältnismäßig großen Auflageflächen als zu hoch. Diese sollten den Wert von 1 Nm nicht überschreiten und sind somit äußerst gering, was eine starke Reduktion der Radialkräfte und gleichzeitig auch der Kontaktspannungen an der dynamischen Dichtlippe notwendig machte. Im nächsten Schritt änderte man daher die komplette Geometrie auf ein Z-Profil und brachten eine zweite Nut ein. Dadurch reduzierte sich der Anpressdruck signifikant und die Forderung nach einem Reibmoment von weniger als 1 Nm war erfüllt. Im Praxistest erwies sich allerdings der Verschleiß als noch deutlich zu hoch. Dies war hauptsächlich bedingt durch die Leichtbauweise der Cobots, welche überwiegend aus Aluminium hergestellt werden. Der Werkstoff weist aufgrund der Bearbeitungsmethoden bei der Herstellung und seinen grundlegenden Eigenschaften eine relativ hohe Oberflächenrauigkeit auf. Als Lösung entwickelte man eine Drei-Komponenten-Gleitlackbeschichtung mit hohem Kohlenstoffgehalt. Dank dieser Beschichtung ließ sich der hohe Verschleiß weiter reduzieren.
Der verwendete Werkstoff 92 AU 21101 ist mit einer Shore-Härte von 92 sehr weich und flexibel. Die Zugfestigkeit liegt mit 59 MPa dennoch deutlich über dem geforderten Mindestwert von 50 MPa. Bauteile aus 92 AU 21101 sind bei minimaler Dehnung in einem Temperaturbereich von -50 °C bis +110 °C zuverlässig einsetzbar. Die Konformität nach RoHS, 2015/863/EU und 2011/65/EU ist uneingeschränkt und unbegrenzt gültig.
Ausgelöst durch eine Designänderung des Cobots musste im Entwicklungsprozess auch die Dichtungsgeometrie noch einmal komplett neu überarbeitet werden. Für diese finale Version wählte man für die Dichtung eine Z-Geometrie mit weiter optimierter, dynamischer Dichtlippe; der statische Bereich mit Nut wurde außen liegend konstruiert. Dank des konsequenten Einsatzes von FEM-Berechnungen der Lippenstärke und anschließender Simulation ließen sich signifikante Einsparungen erzielen, da unnötige Prozessschritte entfielen.
Die Abwicklung über den Serviceanbieter Freudenberg Xpress® sorgte im gesamten Prozess für schnelle Reaktions- und kurze Entwicklungszeiten. Das Unternehmen fertigt kostengünstige und hochwertige CNC-gedrehte Dichtungslösungen. Auf diese Weise lassen sich nicht nur Prototypen, sondern auch Kleinserien oder Einzelstücke wirtschaftlich und schnell herstellen. Man setzt dabei auf dieselben Standards, die auch bei einer Großserienfertigung angelegt werden. Das beinhaltet feste Prozesse für die Qualitätssicherung und Laborprüfungen ebenso wie umfassenden Vor-Ort-Service in vielen Teilen der Welt. So können Lösungen für veränderte Anforderungen innerhalb von zwei Wochen konstruiert, simuliert und geliefert werden.
Als zukünftige Best Practice hat sich der Roboterhersteller vorgenommen, Partner bereits sehr früh in den Entwicklungsprozess der eigenen Produkte einzubinden. Durch den gemeinsamen Erfahrungsschatz kann so eine sehr viel größere Zahl von Parametern berücksichtigt werden, was im Endeffekt zu kürzeren Entwicklungszeiten, weniger Korrekturschleifen und schnellerer Marktreife führt.