03.07.2019 Arburg auf der „Road to Digitalisation“
Auf den Arburg Technologie-Tagen haben sich mehr als 6.000 Besucher über die „Road to Digitalisation“, basierend auf den digitalen Bausteinen für die produktionseffiziente Kunststoffverarbeitung, informiert.
Seit der Fakuma 2018 ist das Unternehmen mit seiner „Road to Digitalisation“ in Richtung K 2019 unterwegs. Hier wurde der aktuelle Stand in Sachen „Smart Machines“, „Smart Production“ und „Smart Services“ gezeigt. Ein Highlight war das Kundenportal „arburgXworld“, das mit den Applikationen (Apps) „Machine Center“, „Service Center“, „Shop“ und „Calendar“ ab sofort von deutschen Kunden nach Registrierung kostenlos genutzt werden kann. Über diesen Service-Marktplatz in der Cloud bündelt man die digitalen Dienstleistungen. Die Apps liefern z.B. einen schnellen Überblick zum Maschinenpark, ermöglichen eine einfache Ersatzteilbestellung mit interaktiver Navigation und das Erstellen von Service-Tickets rund um die Uhr.
Zum Thema Digitalisierung wurden weiterhin die OPC-UA-Lösungen vorgestellt und es wurde gezeigt, wie sich diese für die Online-Bereitstellung von Prozessinformationen an übergeordnete Systeme und digitale Services nutzen lassen. Allrounder waren mit einem IIoT-Gateway (IIoT = Industrial Internet of Things) ausgestattet. Dies bietet große Flexibilität für die Implementierung z.B. von Arburg Remote Service ARS, Arburg Turnkey Control Module ATCM, „arburgXworld“ und des Arburg Leitrechnersystems ALS, mit dem alle Exponate vernetzt waren. Als digitale Bausteine enthält jeder Allrounder im Kundencenter die sechs Assistenzpakete. Sie unterstützen den Bediener aktiv und erleichtern damit die Arbeit an der Maschine passend zur jeweiligen Produktionsanforderung – vom Starten, Einrichten und Optimieren über das Produzieren und Überwachen bis hin zum Service. An einem hybriden Allrounder 920 H wurde im laufenden Betrieb demonstriert, welche Potenziale eine in die Gestica-Steuerung integrierte Füllsimulation bietet. Erstmals visualisiert wurde dabei die Abhängigkeit vom Füllgrad zum Schneckenweg.
In der Effizienz-Arena zeigte man zum Thema Augmented Reality die virtuelle Wartung einer Spritzeinheit per AR-Datenbrille sowie Videotelefonie. Damit lassen sich komplexe Wartungsarbeiten sicher ausführen und Fehler schnell identifizieren und beheben. Damit Störungen und ungeplante Ausfälle erst gar nicht entstehen, bietet sich die Echtzeit-Überwachung von Zuständen verschleißanfälliger Bauteile (Condition Monitoring) und die vorausschauende Instandhaltung (Predictive Maintenance) an. Präsentiert wurden dazu u.a. die lastabhängige Schmierung von Kniehebeln an elektrischen Maschinen und das Erkennen von Verschmutzungen an Vakuumventilen. Zudem kann die Steuerung künftig über einen Chip auf der Plastifiziereinheit erkennen, ob das richtige Zylindermodul eingebaut ist.
Zu den Anwendungen im Bereich Automotive und Leichtbau zählten das Spritzgießen von Rotorscheiben für servoelektrische Antriebsstränge, wie sie im Forschungsprojekt ProLemo realisiert sind, das Faser-Direct-Compoundieren (FDC) von langglasfaserverstärkten Leichtbauteilen und das physikalische Schäumen mit Profoam. Gezeigt wurden auch filigrane Mikro-Dosierventile für die Medizintechnik mit je 0,038 g. Das Herzstück dieser Fertigungszelle war ein elektrischer Allrounder 270 A, ausgestattet mit einer Mikrospritzeinheit der Größe 5, einer LSR-Kartusche und einem Reinluftmodul. Eine weitere Anwendung für die Medizintechnik war die Fertigung von Labs-on-a-Chip im Montagespritzgießen. Ein elektrischer Zwei-Komponenten-Allrounder 520 A fertigte mit einem 2+2-fach-Werkzeug der Firma Weber zunächst je zwei Platten mit Anschlüssen für die Fluidik-Zufuhr und zwei mit Fluidik-Kanälen. Dann drehte das Werkzeug elektrisch um 90 °, wobei die zwei verschiedenen Platten direkt aufeinandergesetzt und im nächsten Spritzvorgang stoffschlüssig verbunden wurden. Auf diese Weise entstand in rund 35 Sekunden Gesamtzykluszeit ein komplettes, dichtes Lab-on-a-Chip samt Anschlüssen für die Zufuhr der Fluidik-Lösungen. Kreuzkonnektoren aus PVC-U, die als Verbindungsstücke für Dialyseschläuche eingesetzt werden, fertigte ein elektrischer Allrounder 370 A in Edelstahlausführung, der im Reinraum der Klasse ISO 7 stand. Die Reinraummaschine erfüllt die hohen Hygieneanforderungen entsprechend ISO 13485 sowie die FDA-Vorgaben und GMP-Richtlinien.
Ein weiteres Thema waren „Turnkey-Lösungen“. Zwei von ihnen waren mit dem neuen Scada-System ATCM (Arburg Turnkey Control Module) ausgestattet. So wurde etwa bei der Fertigung von Wasserwaagen auf einem elektrischen Allrounder 470 A gezeigt, wie ATCM die Prozess- und Prüfdaten sammelt und zusammenführt und die wichtigen Funktionen der kompletten Fertigungszelle visualisiert.
Auch die Herstellung von Hybridbauteilen wurde anhand einer Turnkey-Anlage gezeigt. So umspritzte ein hybrider Allrounder 470 H Metallkontakte mit PBT (GF30) zu Steckern für Sensoren im Pkw. Anschließend folgte eine hundertprozentige Durchgangs-, Hochspannungs- und optische Prüfung, bevor die Gutteile versandbereit abgelegt wurden. Eine besonders geringe Stellfläche wurde rund um einen elektrischen Allrounder 520 A realisiert. Die gesamte Turnkey-Anlage samt Multilift Select Robot-System und einem in die Schutzeinhausung integrierten Förderband ist nur rund 500 mm breiter als die Maschine selbst. Wie sich durch eine optimale Abstimmung von Spritzgießmaschine, Werkzeug und Automation bestmögliche Effizienz erzielen lässt, demonstrierte ein elektrischer Allrounder 470 A. Er fertigte in einer Zykluszeit von rund 2,9 s je zwei 30-ml-Einwegbecher aus medizinischem PP.
Sieben Freeformer 200-3X fertigten auf den Technologie-Tagen additiv Funktionsbauteile aus qualifizierten Standardgranulaten und speziellen Originalmaterialien, darunter auch solche mit FDA-Zulassung für die Medizintechnik. Ein Beispiel war der neue Freeformer 300-3X mit drei Austragseinheiten. Er ist die erste Maschine, die additiv aus drei Komponenten belastbare Hart-Weich-Verbindungen mit Stützstruktur fertigen kann. Das Exponat im Kundencenter stellte bewegliche Greiferfinger aus ABS, TPE und Stützmaterial her – in einem Schritt und ohne zusätzlichen Montageaufwand. Welchen Mehrwert der Freeformer 300-3X in vollautomatisierten und IT-vernetzten Fertigungszellen bietet, war bei der Weltpremiere der „AM Factory“ zu sehen. Die komplexe Turnkey-Anlage individualisierte exemplarisch Vakuumgreifer für Schachfiguren in sechs Varianten – „on demand“, vollautomatisiert und zu 100 % rückverfolgbar. Nach Kennzeichnung mit einem DM-Code und Plasmabehandlung ergänzte der Freeformer 300-3X eine Greiferplatte aus Aluminium entsprechend des hinterlegten 3D-Druck-Auftrags mit einer an die gewünschte Schachfigur angepassten funktionalen Geometrie aus TPU. Als nächster Prozessschritt folgte eine taktile Funktionsprüfung des Greifers. Ein Sechs-Achs-Roboter übernahm die Handhabung der Greiferplatten, das Bestücken des Bauraums und die Funktionsprüfung. Über den DM-Code konnten die Daten jederzeit auf einer produktspezifischen Website abgerufen werden.