Zweierlei Maß ist  problematisch!

(Bild: AdobeStock_Julien Eichinger)

22.03.2019 Zweierlei Maß ist problematisch!

von Karl-Friedrich Berger (ISGATEC GmbH)

Viele Unternehmen sind globale Wettbewerber. Wettbewerb ist gut, wenn man Kunden durch Ideen, Produkte, Leistungen für sich gewinnt. Dann fördert Wettbewerb den Fortschritt und/oder schafft Mehrwert. Unabdingbar ist es dabei, dass für alle Marktbegleiter, die gleichen Regeln gelten. Klingt einleuchtend, ist aber immer seltener die Realität.

So ist es z.B. in Europa bei Geschäftsverbindungen zwischen Unternehmen inzwischen üblich, dass eine Qualitätssicherungsvereinbarung, verbunden mit einer Produkthaftungsregelung, die Grundlage einer Zusammenarbeit ist. Indische Hersteller hingegen sind nicht bereit, solche Vereinbarungen mit Industriekunden zu akzeptieren. Trotzdem werden Teile von solchen Lieferanten bezogen und verbaut – bei immer komplexeren Anforderungen an Dichtungen und die verwendeten Werkstoffe ein schwieriges Thema. Ob die Regeln und ihr Umgang damit sinnvoll sind oder nicht, steht auf einem anderen Blatt. Zweierlei Maß beeinflussen hier den Wettbewerb. Und noch ein Beispiel: Werkstoffe, die nach langwierigen Prüfungen und aufwändigen Freigaben weltweit in der Lebensmittelindustrie oder der Medizintechnik in Europa und Amerika eingesetzt werden können, können nicht mehr in China eingesetzt werden, da dort eine „neue“ Norm für Elastomere konsequent umgesetzt wird. Setzt man sich mit den hier geltenden Freigaberegeln genauer auseinander, können einem verschiedenste Gedanken kommen. Zweierlei Maß hat aber nicht immer nur Nachteile für die Wirtschaft. Große Unternehmen nutzen zweierlei Maß teilweise sehr erfolgreich.

Normen, Regeln und Grenzwerte sollen aber eigentlich einheitliche Rahmenbedingungen schaffen und für einen Ausgleich zwischen Interessen sorgen. Nur so können sie die Basis für eine geregelte Wirtschaftsentwicklung bieten. Die Praxis sieht oft anders aus. Unsere aktuelle Dieseldiskussion zeigt sehr gut, wie leicht dieser Schuss nach hinten losgehen kann.
Die Europäische Gemeinschaft hat NO2- und Feinstaubwerte für Städte beschlossen, die allein angesichts anderer Grenzwerte in Wohnräumen oder an Arbeitsplätzen schon fragwürdig sind. In Deutschland finden dann noch Messungen in Kessellagen direkt neben viel befahrenen Verkehrsadern statt, obwohl die Messanlagen mindestens 25 m neben der Straße stehen sollen – ok, das ist unser Problem. Vor diesem Hintergrund diskutieren wir, als ob es keine anderen Themen gibt und führen skurrile Dieselfahrverbote ein. Wir killen eine unserer Hochtechnologien, die wir stark subventioniert haben und die uns helfen sollte, z.B. CO2-Grenzwerte einzuhalten. In Österreich ist man da entspannter. In Wien wird u.a. NO2 dort gemessen, wo überhaupt kein Kraftverkehr zulässig ist. So kann man eine europäische Norm auch erfüllen. Wettbewerbsverzerrend sind auch unsere Energiekosten. Ok, wir haben uns vom Atomstrom verabschiedet, doch dies ohne eine regenerative Energiein­frastruktur zur Verfügung zu haben. Von der Kohle verabschieden wir uns, um so CO2-Emmisionen zu senken. Das sind vielleicht alles Schritte in die richtige Richtung, doch ohne ein klares Konzept und seine Umsetzung steigen Versorgungsunsicherheit und Kosten im Vergleich zu anderen Industrieländern.

Die letzten Jahre hat sich immer wieder gezeigt, dass nationale Politik und interkulturelle Unterschiede zu zweierlei Maß für die Wirtschaft geführt haben. Ob man das als gerecht oder ungerecht empfindet, ist eigentlich egal, denn es ist niemand in Sicht, der regulativ auftreten könnte. Dass eine deutsche (Wirt­schafts-)Politik hier in den letzten Jahren sinnvolle Impulse und Rahmenbedingungen gesetzt hätte, kann ich nicht erkennen. Eher konnte man sich teilweise „nur noch an den Kopf fassen“. War aber egal, die Weltkonjunktur brummte. Jetzt kühlt sich das Klima ab und die Versäumnisse der letzten Jahre können zum Bumerang werden. Auch scheinen viele vergessen zu haben, dass unser Wohlstand von einer gut laufenden Wirtschaft abhängt. Dass die ein international einheitliches Maß braucht, davon bin ich überzeugt. Realistisch? Nein, aber man darf ja träumen.

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Verschiedene Maßstäbe in einer globalen Wirtschaft verkomplizieren auch das Leben unserer Drei immer wieder. (Bild: www.rainer-e-ruehl.blogspot.com)

Verschiedene Maßstäbe in einer globalen Wirtschaft verkomplizieren auch das Leben unserer Drei immer wieder. (Bild: www.rainer-e-ruehl.blogspot.com)