Zum Stand der Technik,  zur DIN 2304, zum Gefahrenpotenzial bei Nichtbeachtung und zum  Unternehmenspotenzial bei Beachtung

(Bild: ISGATEC GmbH) )

27.09.2019 Zum Stand der Technik, zur DIN 2304, zum Gefahrenpotenzial bei Nichtbeachtung und zum Unternehmenspotenzial bei Beachtung

Eine Annährung an ein zentrales Thema

Gehört die DIN 2304 zum Stand der Technik in der Klebtechnik? Ja! Ist das die zentrale Frage, die sich ein klebendes Unternehmen stellen sollte? Jein!

Jeder Konsument geht davon aus, dass das gekaufte Produkt nicht nur seinen Zweck erfüllt, sondern auch sicher im Gebrauch ist, oder? Um dies sicherzustellen, wurde u.a. die DIN 2304 ins Leben gerufen und viele Unternehmen sind derzeit dabei, sie in die betriebliche Praxis umzusetzen. Wie bei allen neuen Regelwerken gibt es allerdings auch Unternehmen, die zwar Kenntnis von der DIN 2304 haben, sich vielleicht auch darum bemühen, diesen Stand der Technik einzuführen, dann jedoch vor dem Aufwand zurückschrecken. In diesem Fall kann man von „vorsätzlicher“ Nichtbeachtung des Stands der Technik sprechen. Besonders kritisch wird es dann, wenn die Produkte solcher Unternehmen Klebungen beinhalten, die ganz offensichtlich in die Kategorie „S1-Hohe Sicherheitsanforderungen“ einzuordnen sind, da sie bei Versagen der Klebungen unmittelbar zu einer unabwendbaren Gefahr für Leib und Leben führen.

Der Blickwinkel auf dieses Thema ändert sich oft nach dem gleichen Muster. Das beginnt bei: „Hat bisher immer funktioniert – never change a running system“ und geht weiter bis zum Nachdenken zu persönlicher Verantwortung im Kontext zu neuen Rahmenbedingungen. Und es endet bei Schadensfällen, die unter Einhaltung der Richtlinie hätten vermieden werden können, die dann jedoch eine Verhaltensveränderung erzwingen. Spätestens dann wird man i.d.R. aktiv, weil ein „theoretischer Ansatz“ zum „praktischen Erleben“ in Form von Kosten, persönlicher Verantwortung, Imageschädigung des Unternehmens etc. führt. Bei der steigenden Anzahl an Klebprojekten und dem großen Potenzial dieser Technologie ist es nur eine Frage der Zeit, bis es Unfälle gibt, weil Klebungen versagt haben, da die DIN 2304 nicht richtig umgesetzt wurde. Dann rächt es sich u.U., dass z.B. vorsätzlich wirtschaftliche Interessen oder eine eigene Sicht auf das Thema dem Schutz von Leben und Umwelt vorgezogen wurden. Hier kann man nur an alle verantwortlichen Personen appellieren, ihre Unternehmens- und Produktionspolitik noch einmal zu überdenken und in Regelungen wie der DIN 2304 auch die Chancen für die eigene Unternehmensentwicklung zu sehen, die sie zweifelslos bietet.

Dazu gehört auch das Vertrauen der Käufer in ein Unternehmen und seine Produkte. Ist dies erschüttet, schlägt dies gerade heute, z.B. durch Bewertungssysteme von Einkaufsportalen und Social-Media-Foren, schnell höhere Wellen. Denn grundsätzlich geht der Käufer zu Recht davon aus, dass von einem auf dem freien Markt erhältlichen Produkt keine Gefahr für Leib und Leben ausgeht.

Auf die möglichen juristischen Folgen solcher Schadensfälle soll hier nicht weiter eingegangen werden. Dieses komplexe Thema soll den Fachleuten vorbehalten bleiben.

Den Stand der Technik richtig bewerten

Betrachten wir die DIN 2304 im Kontext zum „Stand der Technik“. Der Begriff „Stand der Technik“ wird vielfach irrtümlich eingesetzt. Es lässt sich jedoch festhalten, dass der „Stand der Klebtechnik“ zumindest zum Zeitpunkt des Erscheinens der Norm DIN 2304-1 im März 2016 den Stand der Technik abbildete. Wer heute noch nicht nach dieser Norm klebt, klebt definitiv nicht nach dem Stand der Technik. Dieser ist nicht statisch. So wird die Norm aktuell überarbeitet und nach Erscheinen dann wiederum den aktuellen Stand der Technik abbilden. Diese Anpassung wird regelmäßig der Fall sein. Das bedeutet aber für Unternehmen, die kleben, dass der Stand der Technik nicht statisch ist. Und dann gelten – je nach Produkt und Anwendungen – sicher auch noch andere Normen und Regularien. Letztendlich ist die Einführung der DIN 2304 als fortwährender Prozess und nicht nur zur Einführung als Projekt zu verstehen.

Der Gesetzgeber hat sicherlich eine Handhabe, um empfindliche Bußgelder, Überwachungsmaßnahmen (z.B. Rückrufaktionen) etc. bei Verstößen zu verhängen. Dies ist besonders der Fall, wenn wiederholte Fahrlässigkeit bis hin zum Vorsatz im Spiel sind. Das wird dann auch zum Spielfeld für die Juristen. Doch sind solche Szenarien nötig? Sollten sich verantwortliche Personen nicht fragen, warum sie sich scheuen, die DIN 2304 umzusetzen, wenn sie sich denn überhaupt mit dem Thema auseinandersetzen? Die Gründe hierfür sind im Einzelfall sicher unterschiedlich, aber sind sie auch gewichtig vor dem Hintergrund der möglichen Konsequenzen für die Handelnden und ihre Unternehmen? Denn eigentlich ist die Einführung weit einfacher, als sie auf dem Papier erscheinen mag, auch wenn die Implementierung der DIN 2304 in den Produktionsprozess sicherlich einen gewissen Projektaufwand bedeutet.

Die wichtigste und größte Aufgabe besteht meistens darin, Personal zu beschaffen oder auszubilden. Das beginnt bei Klebpraktikern für die Ausführung der Klebungen und reicht bis zu den Klebfachingenieuren, wenn – wie eingangs skizziert – S1-Klebungen realisiert werden sollen. Die für die Planung und Überwachung betrauten Mitarbeiter bilden das Klebaufsichtspersonal (KAP). Sobald ein Unternehmer das KAP hat und es die Verantwortung im Sinne der Norm übernimmt, ist die Umsetzung der Norm kein „Hexenwerk“ mehr.

Sollte das Unternehmen ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) haben, sind die klebtechnischen Qualitätsanforderungen darin einzubinden. Ist noch kein QMS etabliert, kann im Betrieb mühelos speziell eines für die Klebtechnik entwickelt werden. Hier ist Komplexität keine Voraussetzung, sondern die Praktikabilität steht hier im Vordergrund. So kann das QMS, je nach Betrieb, auch recht übersichtlich aussehen. Das KAP trifft die weiteren Entscheidungen über Ausführung der Klebungen, Arbeitsanweisungen, Versuche, Nachweise, Qualitätsprüfungen etc. Auch wenn der Betrieb nicht nach DIN 2304 zertifiziert werden soll, empfiehlt es sich dennoch, die in der Norm veröffentlichen Regularien einzuhalten. Die Norm stellt also eine Art Handlungsanweisung bis hin zur Checkliste dar. Wenn man sich danach richtet, steigen Effizienz, Effektivität und Reputation des Unternehmens. Es werden die Ausfallraten und vor allem die Risiken vermindert. Und wer nach Norm klebt, hat die Gewissheit, auf der sicheren Seite zu stehen.

Fazit

Die DIN 2304 gehört zum Stand der Klebtechnik und muss deshalb in Unternehmen, die verantwortungsbewusst kleben, eine zentrale Rolle spielen. Wer den Umfang des „Aufwandes“ bei der Einführung von Klebprozessen gemäß DIN 2304 nicht richtig einschätzen kann, sollte sich fachliche Beratung holen. Schon nach den ersten Gesprächen wird i.d.R. schnell klar, was zu tun ist, wie die weitere Vorgehensweise aussehen kann und Klebungen nach DIN 2304 eingeführt werden können. Welcher Weg danach beschritten wird, liegt im Ermessen der Unternehmen. In diesen Gesprächen ist es aber auch sinnvoll, andere Abteilungen – von der Konstruktion über die Qualitätssicherung bis zum Marketing – hinzuziehen und ein Gefühl dafür zu entwickeln, welche Effekte nach DIN 2304 geklebte Produkte für das ganze Unternehmen und seine Bedeutung am Markt haben können. Der Stand der Technik ist kein Drohszenario, sondern – ganzheitlich betrachtet – eine Perspektive.

Fakten für Konstrukteure
• Aus der Umsetzung der DIN 2304 in einem Unternehmen können auch Anforderungen an die Konstruktion entstehen, die man im Sinne einer ganzheitlichen Vorgehensweise kennen sollte

Fakten für Einkäufer
• Die Einhaltung der DIN 2304 bei geklebten Produkten gehört bei immer mehr Unternehmen zu den Einkaufsbedingungen und wird auch bei Endkunden immer bekannter

Fakten für Qualitätsmanager
• Die DIN 2304 lässt sich problemlos in Qualitätsmanagementsysteme integrieren und hat dort auch eine zentrale Bedeutung

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Lösungspartner

Toconus – Fachkompetenz Kleben
Toconus – Fachkompetenz Kleben

 

Zielgruppen

Einkauf, Instandhaltung, Konstruktion & Entwicklung, Produktion & Fertigung, Qualitätssicherung, Unternehmensleitung