10.09.2020 Woran glauben wir?
Die letzten Monate haben unseren Glauben in vielerei Hinsicht auf die Probe gestellt, da wir vieles nicht wussten und auch heute nicht wissen.
Glauben wir an den Schutz von Masken, an einen baldigen Impfstoff, an die Wirksamkeit der Milliarden-Konjunkturprogramme oder daran, dass wir 2021 noch eine Kunst- und Kulturszene haben werden? Die Meinungen gehen auseinander und der Meinungsaustausch wird mit immer härteren Bandagen geführt. Verschwörungstheorien sind die neuen Glaubensbekenntnisse und jede andere Meinung ist schnell eine Verschwörungstheorie. Der Weg, Wahrheit zu finden, wird damit nicht leichter. Dabei hängt „woran wir glauben“ doch letztendlich entscheidend vom persönlichen Erleben und den Lebensumständen ab. Muss ich z.B. aufgrund von Kurzarbeit mit weniger Geld auskommen und/oder bin ich Corona-Betroffener und muss in Quarantäne ausharren, dann verändert das meinen Blick auf die Entwicklung. „Glaube heißt Nicht-wissen-wollen, was wahr ist“ sagte Friedrich Wilhelm Nietzsche (1844 - 1900) ein deutscher Altphilologe, Philosoph und Schriftsteller. Also wollen wir vieles nicht wissen oder wir tun es einfach nicht.
Was ist denn aktuell wahr? Wahr ist zweifellos, dass die klassische Automobilindustrie sich in einem dramatischen Wandel befindet und derzeit am Boden liegt. Die Ursachen dafür sind vielschichtig. Einerseits musste durch Corona die Produktion für längere Zeit heruntergefahren werden. Andererseits findet derzeit ein Mobilitätswechsel statt. Nach dem Dieselskandal wird nun – auch von Staatsseite massiv gefördert – die Elektromobilität „gehypt“. Auch wenn viele scheinbar an diese Technologie glauben – in Deutschland gibt es z.Z. nur wenige, meist teure Angebote oder lange Lieferzeiten. In dem Kontext muss man dann schon an die Wirksamkeit dieser Förderungskomponente des aktuellen Konjunkturprogramms glauben. Geglaubt wird parallel an Tesla. Das Unternehmen hat derzeit einen Marktwert, der zigfach den klassischer KFZ-Konzerne übersteigt. Auf der anderen Seite haben sich die Aktien der Brennstoffzellenindustrie, der Wasserstoffspezialisten teilweise verzehnfacht und es wurden reihenweise große Aufträge an die Marktplayer vergeben. Die Börse war immer schon ein Synonym für Glauben und Hoffen und weniger für Wissen.
Und woran glauben wir in der Welt von Dichten. Kleben. Polymer? Wird sich alles grundlegend ändern? Nein, ich glaube auch weiterhin an den Weg der Mitte. Aber wir werden unsere Verhaltensmuster überprüfen und ggf. ändern müssen. Die letzten Monate haben wir gelernt, dass wir nicht über allem stehen und sich unsere geschäftlichen Rahmenbedingungen schlagartig ändern können. Wir mussten auf Abstand gehen, wo Nähe nötig war, und müssen diese Nähe jetzt wieder über Distanzen – meist digital – herstellen. Bewahrheitet hat sich dabei der Verdacht, dass wir dafür in Deutschland nicht gut aufgestellt sind. Wir haben zwar erlebt, dass wir vom „Home-Office“ aus einiges bewerkstelligen können, aber eben vieles auch noch lernen müssen. Denn ich glaube daran, dass durch die letzten Monate nachhaltige Veränderungen angestoßen wurden. Das betrifft unsere Arbeit, Mobilität, Ökologie, unseren Umgang miteinander etc. Es wird wie immer Etabliertes in Frage gestellt und durch neue Dienstleistungen, Techniken ersetzt werden. „Wahrheiten“ gibt es dabei kaum welche, es wird unser Glaube sein, der die Welt verändert. Also sollten wir uns genau reflektieren was und woran wir glauben.
„Da wir fast nichts wissen, müssen wir unseren Glauben prüfen – mit Religion hat das nicht zu tun.“ Karl-Friedrich Berger, Geschäftsführender Gesellschafter, ISGATEC GmbH