Wirkliche Innovationen schaffen

(Bild: AdobeStock_ tiero)

28.05.2024 Wirkliche Innovationen schaffen

von Dr.-Ing. Michael Bosse (SimpaTec Simulation & Technology Consulting GmbH)

Als „Innovation“ bezeichnen wir eine Neuerung, die im sozialen Umfeld, in der Wirtschaft oder der Technik Einzug hält. Viele kleinere Änderungen in Unternehmen oder ihren Produkten werden zwar „innovativ“ bezeichnet, doch wirkliche Innovationen können und sollten eigentlich darüber hinausgehen. Sonst verliert der inflationär benutzte Begriff – wie viele andere – nach und nach an Bedeutung.

In Forschung und Entwicklung sind Innovationen an der Tagesordnung. Sie sind gefordert, damit Einrichtungen und Unternehmen am Markt bestehen. In vielen kleinen Entwicklungsschritten führen sie dazu, dass Prozesse und Produkte verbessert werden. Dabei ist eine „Innovation“ oft nur eine Weiterentwicklung. In seltenen Fällen ersetzen Entwicklungen ganze Marktsegmente und haben erheblichen Einfluss auf Gesellschaft, Wirtschaft und Technik – sie werden und wirken „disruptiv“. Beispiele dafür sind die Digitalfotografie oder die Smartphones. Auch die KI wird derzeit als Innovation gehandelt. Wer beobachtet, wie sich die Nutzung des maschinellen Lernens (KI) entwickelt steht vor der Frage: „innovativ oder disruptiv“? Würde sie wirklich menschliche Kreativität ersetzen und/oder zahllose Arbeiten überflüssig machen, wäre sie als „disruptiv“ zu bezeichnen. Bei einer Bewertung sollte man immer den Einsatzbereich im Blick haben. In unseren technischen Einsatzszenarien scheint es derzeit so, dass die KI als Resultat ihrer Suchen und Analysen höchstens mittelmäßige Ergebnisse liefert. Wird ein Thema spezieller, wird meist nicht mal das erreicht. Hier werden falsch verstandene Erwartungen enttäuscht und auch die Ausbildung eines eigenen, „elektronischen bzw. digitalen Bewusstseins“ bleibt aus.

Kann KI also Innovationen unterstützen? Ja, aber nur mit dem passenden Ansatz kann sie als Innovation im Unternehmen eingesetzt werden und seine Vorteile ausspielen. Richtig strukturierte Wissens- und Prozessdatenbanken sind – falls vorhanden – eine solide Basis, denn damit liegen die für Analysenbenötigten Daten bereits in den Unternehmen vor. Die Nutzung einer solchen Plattform kann bei der Produktentwicklung beginnen: Lastenhefte, Konstruktionen und Simulationen eines Projektes werden gespeichert und der Produktion mit den entsprechenden Zugriffsrechten bereitgestellt, um diese für Vorarbeiten – entsprechend der vorhandenen Maschinen – zu nutzen. Hierbei muss oft ein erheblicher Graben überbrückt werden, denn nicht selten werden die Ergebnisse als „theoretische Spielereien“ angesehen, die „erstmal in die Realität der Maschine übersetzt“ werden müssen. Es ist wichtig, an dieser Stelle sowohl zu überzeugen als auch konstruktiv miteinander zu interagieren! Die Produktion erweitert nämlich den vorliegenden, theoretischen Datensatz aus Konstruktion bzw. Produktentwicklung um die Parameter der Abmusterung, fügt Bilder und Kommentare ein. Die Qualitätssicherung stellt ihre Messwerte zur Verfügung, sodass die Produktentwicklung einen validen Zugang zu den Ergebnissen ihrer Entwicklung hat und daraus bei neuen Projekten lernen kann. Das gegenseitige Verständnis zwischen den Abteilungen wird gefördert und die Verantwortung für den eigenen Beitrag zum Produkt steigt. Das könnte man theoretisch auch anders machen, aber die KI ist hier eine tragfähige Brücke.

In der Praxis ist die Einführung einer solchen Technik zunächst eine Entscheidung der Geschäftsführung, die auf Erfordernisse und Faktenbasis gefällt werden sollte und nicht nur weil das Thema gerade „hip“ ist. Dann muss ein Projektteam ausgewählt, etabliert und mit ausreichend Ressourcen ausgestattet werden. Es folgt die Datenaufbereitung für die Nutzung. Hier wird man z.T. feststellen, dass Datenbestände hinsichtlich ihrer Strukturierung überarbeitet werden müssen. Werden darüber hinaus noch Fremddaten, z.B. Daten aus Kundenprojekten genutzt, sind bei Dichtungs-, Kleb- und Polymerprojekten oft „Geheimhaltungsfragen“ zu beachten. Dennoch sollten die Chancen der Nutzung leistungsfähiger Datenbanken nicht unterschätzt werden: Es ist zu erwarten, dass sich mit der Arbeit an Datenbeständen zur KI-Nutzung die innerbetriebliche Kommunikation und das gegenseitige Verständnis in der Produktentwicklungskette erheblich verbessern wird. Es wird sich eine höhere betriebliche Identifikation entwickeln, wenn gemeinsam die Chance besteht, auf Produkte und Prozesse Einfluss zu nehmen und gehört zu werden. Dies führt dann letztendlich zu einer höheren Qualität und weniger Ausschussrate. Ein schneller Abgleich vorhandener Projekte ermöglicht zudem eine präzisere und sicherere Angebotsphase mit einem kontinuierlichen Lern- und Verbesserungspotenzial. Mit der KI entstehen dann Auswertungsmöglichkeiten bisher nicht erfasster Zusammenhänge durch Korrelationsanalysen und maschinelles Lernen aus den eigenen Projekten. Diese Erkenntnisse erweitern das Know-how über branchenspezifisches Prozesswissen erheblich und können die Basis für Innovationen sein.

Dr.-Ing. Michael Bosse, Technical Sales, Material und Prozess-Experte, SimpaTec GmbH
„KI nur aus dem IT-Blickwinkel zu betrachten, schränkt ihr Innovationspotenzial in der Praxis ein. Ein großes Potenzial liegt in ihrem Einfluss auf das Mindset von Unternehmen.“ Dr.-Ing. Michael Bosse, Technical Sales, Material und Prozess-Experte, SimpaTec GmbH

Lösungspartner

SimpaTec Simulation & Technology Consulting GmbH
SimpaTec Simulation & Technology Consulting GmbH

 

Zielgruppen

Einkauf, Konstruktion & Entwicklung, Produktion & Fertigung, Qualitätssicherung, Unternehmensleitung, Vertrieb