19.11.2024 Wir müssen uns neu erfinden
Wir leben aktuell bzw. mal wieder in einer Zeit gravierender Veränderungen mit grundlegenden Auswirkungen auf unsere Wirtschaft und damit Geschäftsfelder.
Die Branchen und Herausforderungen, in denen Dichten. Kleben. Polymer.-Lösungen „Enabler“ sind, liegen auf der Hand. Aber dann hört es mit der Klarheit auf. Die Rahmenbedingungen, in denen sich Unternehmen in Deutschland bewegen können, sind derzeit wolkig bis nicht nachvollziehbar. Ein Beispiel: Der möglichst schnelle Wechsel zur E-Mobilität stand bzw. steht politisch ganz oben auf der Agenda. Parallel dazu sollen fossile Rohstoffe durch „grüne“ Energie ersetzt werden. Die diskutierten Zeitrahmen sind – auch unter Einfluss des inzwischen erlebbaren Klimawandels – ambitioniert, denn wir reden hier realistischerweise von Generationenprojekten, die zielgerichtete Milliardeninvestitionen erfordern. Damit hätte man besser früher beginnen und sich auch als Staat zu einer Infrastrukturverantwortung bekennen sollen. Für den Kreis der Einwohner, die ein eigenes Haus, eine Wallbox in Kombination mit einigen Solarpanels besitzen, ist E-Mobilität heute keine Herausforderung, sondern eher eine Frage des Willens und der Bereitschaft zur Umgewöhnung. Doch was machen die Mehrfamilienhausbewohner in der Stadt? – Hier kommt die elektrische Individualmobilität schnell an ihre Grenzen, – nicht weil Fahrzeuge fehlen, sondern weil z.B. die Ladethematik, anders als in der Fläche, nicht gelöst ist.
Die Folgen erleben wir in einer tiefgreifenden Verunsicherung im „Autoland Deutschland“. Die Forderung steht im Raum: Viele Unternehmen müssen sich neu erfinden. Das ist einerseits unbequem und tangiert auch schnell Komfortzonen, denn kleine Kurskorrekturen werden nicht mehr reichen. Nehmen wir z.B. den bisherigen Hersteller des Volksautos. Über Jahre hinaus hat dieser Konzern sein Geschäftsmodell abgespult, sich mit den Mitarbeitenden auf ein friedliches Miteinander geeinigt und seine Struktur immer weiter aufgebläht. Die Ausflüge – weg vom Markenkern – in die Welt der Nobelkarossen machten von außen keinen besonders erfolgreichen Eindruck – aber sei´s drum, man muss ja auch mal etwas probieren. Mit der
E-Mobilität wurden diese internen Rahmenbedingungen zum Problem, verstärkt durch substanzielle Mängel bei der Infrastruktur (das Thema haben wir inzwischen öfters). Auch weitere Rahmenbedingungen haben sich geändert. Die Kaufenden, und damit die globalen Märkte, sowie die Produktionsverfahren verändern sich, ebenso wie die Bedeutung von Key-Assets der Hersteller (Motor, Getriebe, Fertigungsqualität) etc. Aktuell wird also vieles grundsätzlich infrage gestellt. Die Forderung nach radikaler Veränderung liegt nahe – doch wie? Verlässliche politische Rahmenbedingungen (nicht nur formuliert, sondern auch mal realisiert) sind nicht in Sicht. Der reflexartige Blick auf „Macher“, die es schon richten werden, ist eher Wunschdenken als Realität. Wahrscheinlich werden sich viele Unternehmen als Ganzes (und das heißt alle Personen) neu erfinden müssen. Ob es der ehemalige Volkswagenbauer aus eigener Kraft schaffen wird, wieder einen E-Volkswagen in Deutschland anzubieten, mag ich nicht beurteilen. Einfach wird es angesichts hoher Lohn- und Lohnnebenkosten, Energiekosten und der notwendigen Prozess-Anpassung sowie Infrastruktur nicht. Was macht man also in Zeiten der „Unplanbarkeit“? Und diese Frage stellen sich aktuell viele Unternehmen in Deutschland. Ich meine, eine Rückbesinnung auf Kernkompetenzen und den Markenkern eines Unternehmens sowie eine offene Unternehmenskultur, bei der auch scheinbar Unmögliches gedacht und diskutiert werden darf, ist ein Ansatz, der keinen äußeren Rahmen braucht. Unternehmen, für die „Unplanbarkeit“ zum Standard wird, brauchen eine solide Basis für ihre Unternehmensentwicklung. Und dann kommen wir noch ja aus dem Land der Erfinder – vielleicht fällt es uns gar nicht so schwer, wenn wir bereit sind Komfortzonen, die immer weniger tragen, zu verlassen.
„Die Rückbesinnung auf den Markenkern, kombiniert mit dem Fokus auf innovative Technologien und kundenorientierte Ansätze, war schon früher nicht die schlechteste Idee.“ Karl-Friedrich Berger