Vorbereitung auf die Zeit nach der PFAS-Regulierung

multiFlon® GMP ePTFE Dichtungen (Bild: FlourTex GmbH)

08.09.2023 Vorbereitung auf die Zeit nach der PFAS-Regulierung

Aspekte. Ansätze. Antworten.

von Dipl.-Ing. (FH) Detlef Reichl (FluorTex GmbH)

Die PFAS-Regulierungen setzen die Dichtungs- und Polymer-Welt in Aufregung und führen zu ganz unterschiedlichen Bewertungen und Reaktionen. Die nachfolgenden Statements machen dabei eines ganz deutlich: Die Welt geht zwar nicht unter – hinter vielen Trends und Entwicklungen, die angestoßen wurden, stehen heute jedoch mehr Fragezeichen. Und eine ganze Branche arbeitet an Antworten.

Von einem Verbot bzw. von Einschränkungen bei der Verwendung von Fluorpolymeren für Dichtungen wären wir umfassend betroffen. Unser Geschäftsmodell basiert auf der Verwendung von Fluorpolymeren zur Entwicklung hochwertiger Dichtungslösungen und unsere Verarbeitungsanlagen zur Herstellung expandierter PTFE-Dichtungsmaterialien sind speziell für diese Prozesse entwickelt und gebaut. Eine begrenzte Marktverfügbarkeit wird sich voraussichtlich bereits vor dem möglichen Inkrafttreten eines Verbotes einstellen, da durch die wegfallende Produktionsmenge der Dyneon GmbH mit einer Verknappung bereits in den kommenden 24 Monaten zu rechnen ist. Nach Inkrafttreten eines Verbotes werden zeitliche Ausnahmefristen für erlaubte Anwendungsbereiche noch vereinzelt abgedeckt werden können, jedoch werden wir uns als primärer Verarbeiter mit den Europäischen Rohmaterialherstellern auf Liefervereinbarungen einigen müssen, um benötigte Mengen zu sichern. Sollten fluorierte Polymerisationshilfsmittel für PTFE, PVDF und FKM – wie vorgesehen – bereits nach 18 Monaten ab Inkrafttreten verboten sein, könnten z.B. für ePTFE benötigte Feinpulver bereits ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in Europa hergestellt werden und man müsste sich auf asiatische Lieferanten konzentrieren. Die Importmöglichkeit solcher Materialien muss jedoch rechtlich geklärt werden, da der Importeur dieser Waren dieselben Pflichten hat wie ein EU- Hersteller und somit eine Verwendung in der EU verbotener Stoffe ausgeschlossen werden müsste. Die absehbaren Folgen wurden bereits am Anfang des Regulierungsprozesses bei den im Rahmen der Calls for Evidence abgegebenen Informationen nicht beachtet und  dann auch nicht in die Reports und das finale Dossier übernommen. Somit entstand bereits vor Veröffentlichung des Restriktionsvorschlags der Eindruck, dass es in diesem Regulierungsprozess an Objektivität fehlen könnte und idiologische Triebkräfte
dahinter stehen könnten – was den Regulierungsprozess als Ganzes in ein zweifelhaftes Licht stellt. Insgesamt entstehen so für verschiedene Branchen, wie z.B. die chemische und pharmazeutische Prozessindustrie, starke Unsicherheiten, denn hier würden Dichtungsmaterialien wegfallen, die aktuell einen sicheren Betrieb, niedrige Emissionen und den Schutz von Menschen und Umwelt gewährleisten. Bei den Trends und Zukunftstechnologien stehen z.B. die Halbleiterindustrie, die Erneuerbaren Energien und die Wasserstofftechnologien auf der Kippe. Ohne Fluorpolymere sicher gegen Flusssäure abzudichten, ist schier unmöglich. Ebenso sind Fluorpolymere aus der alkalischen Wasserelektrolyse oder Brennstoffzellensystemen nicht wegzudenken. Auch beim Blick auf Alternativen ist die Lage derzeit verwirrend. Betrachtet man die Argumente für ein Verbot von Fluorpolymeren, so steht z.B. im Falle von gesintertem PTFE die Persistenz dieses Werkstoffes im Vordergrund, bzw. ist das einzige Merkmal, das für eine Regulierung in Betracht gezogen werden kann (vgl. REACH Anhang XIII, oder CLPVO (EU) 2023/707, in denen die Gefahrenklassen für Stoffe definiert sind). Demnach ist PTFE als „very persistent“ (vP) einzustufen, ist jedoch sonst ungefährlich. Diese Tatsache alleine soll nun zu einem Verbot dieses Kunststoffes führen. Betrachtet man gleichzeitig vorgeschlagene Alternativen, so findet man schnell heraus, dass andere Kunststoffe, wie PEEK, PET, oder das momentan (zu) heiß diskutierte UHMW PE ebenfalls als vP, also „very persistent“ einzustufen sind und damit gar keine Alternative im Sinne dieses Restriktionsvorschlages darstellen können – und rechtlich auch nicht dürfen. Will man Alternativen verwenden, die dieses Merkmal der Persistenz nicht aufzeigen, so kann man keine ausreichende Beständigkeit mehr erzielen und hat somit gar keine Alternative. Bei der verantwortungsvollen Nutzung von PTFE spielt für uns auch das Recycling eine Rolle. Produktionsnebenprodukte, wie Randabschnitte, werden vollständig einer thermo-mechanischen Aufbereitung unterzogen und können so als Regenerat eingesetzt werden. Materialien, die am Ende Ihrer Lebensdauer, bzw. aus Instandhaltungsprozessen abfallen, müssen gesondert behandelt werden. Die Art der Behandlung hängt jedoch sehr stark von der Art der Verschmutzung durch Prozessmedien ab. Im extremsten Fall müssen Materialien der geregelten thermischen Verwertung zugeführt werden, um auch sicherzustellen, dass keine Emissionen durch die anhaftenden Prozessmedien in die Umwelt gelangen. Dies ist aber grundsätzlich in anderen Verordnungen geregelt und wurde vom Regulierungsprozess genauso ausgenommen wie Feuerlöschmittel.

 Detlef Reichl, Geschäftsführer, FluorTex GmbH
Die Regulierung hat erhebliche inhaltliche Schwächen und verursacht einen hohen administrativen Aufwand. Das hemmt Entwicklungen. Detlef Reichl, Geschäftsführer, FluorTex GmbH

Lösungspartner

FluorTex GmbH
FluorTex GmbH

 

Zielgruppen

Einkauf, Instandhaltung, Konstruktion & Entwicklung, Produktion & Fertigung, Qualitätssicherung, Unternehmensleitung, Vertrieb