17.11.2023 „Unnütze“ 3D-Druck-Fragen
Wer Dichtungen und Formteile per additiver Fertigung herstellen möchte, hat, wie bei jeder „neuen“ Fertigunsgtechnologie, natürlich zunächst Fragen.
Die rühren meist aus dem Gewohnten. Beim 3D-Druck geht es aber zunächst darum, sich auf eine neue Technologie mit meist ungeahnten Freiheitsgraden einzulassen. Die zentralen Fragen sollten dabei – wie bei anderen Verfahren auch – auf Basis einer möglichst genauen Spezifikation geführt werden. Fragen, die sozusagen in eine „Technologieüberprüfung“ münden, sind eher kontraproduktiv und vermeintliche Antworten führen in eine falsche Richtungen. Doch was sind denn jetzt „unnütze“, d.h. nicht zielführende Fragen, die immer wieder gestellt werden?
• Wie klein kann ein 3D-gedrucktes Loch sein? – Das kommt darauf an, was man drucken will, welches Material verwendet oder was mit dem Loch bezweckt werden soll. Vielleicht verändert sich durch den 3D-Druck auch das Bauteil und das Loch wird gar nicht mehr benötigt. Wie klein das Loch sein kann, ist abhängig von der Technologie und dem spezifischen Parameter „Auflösung“.
• Wie dünn kann man drucken? – Auch das ist abhängig davon, welchen Anforderungen die „dünne Stelle“ standhalten soll. Wandstärken von 0,1 mm sind kein Problem. In der Handhabung der Nacharbeit ist Vorsicht geboten und je nach Einsatzfall gestaltet sich eine sehr dünne Wand eher als problematisch.
• Welche Toleranzen sind möglich? – 3D-Druck kann sehr präzise sein, solange die Datei richtig erstellt und der Drucker passend ausgewählt und eingestellt wurde. Wie das Bauteil im Druckraum liegt, wo Stützstrukturen gegen das Zusammenfallen des Bauteils oder zur Abfuhr von Wärme angebracht werden, ist entscheidend für die Toleranz.
• Hält ein 3D-gedrucktes Bauteil? – Ob und wie das Bauteil hält, lässt sich besonders durch die Konstruktion beeinflussen. Danach erst sollte die Fertigungstechnologie zusammen mit dem Material ausgewählt werden. Wenn man die Vorteile von additiver Fertigung nutzen will, sollte man im Vorfeld passend zur Dichtungsanwendung konstruieren und nicht einfach blind einer „Feld, Wald-und-Wiesen-Lösung“ vertrauen.
• Welches Material ist für diese Anwendung? – Das ist bei Dichtungen und Formteilen mit Dichtungsfunktion eine zentrale Frage, die über die Einsatzrahmenparameter definiert wird. Da inzwischen viele bewährte Dichtungsmaterialien für den 3D-Druck zur Verfügung stehen, nehmen die Einschränkungen hier jedoch deutlich ab und es ist keine reine Frage des Fertigungsverfahrens mehr.
• Wie groß können die gedruckten Teile sein? – Wer groß als hoch definiert, kann quasi unendlich hoch drucken, da die Z-Achse des Druckers durch die Auf- oder Abbewegung immer weitergeführt werden kann. Es gibt viele Standardgrößen von Bauräumen und wenn das nicht reicht, kann man Bauteile im CAD schneiden, dann drucken und zusammenführen. Bei Dichtungen dürfte dies allerdings selten der Fall sein und Großdichtungen werden auch in anderen Verfahren nicht immer als ein Stück gefertigt.
• Warum dauert das so lange? Steht man vor dem Drucker und wartet z.B. 19 Stunden, bis der Druck fertig ist, wirkt dies wie eine Ewigkeit. Es ist jedoch äußerst kurz, wenn dem 19-Stunden-3D-Druck etwa sechs Wochen Lieferzeit gegenüberstehen. Nicht umsonst hat der 3D-Druck das Prototyping von Dichtungen beschleunigt.
• Das muss doch günstiger sein? – 3D-Druck kann günstig sein. Besonders, wenn im Vorfeld die richtigen Überlegungen zu Technologie, Konstruktion, Material getroffen wurden. Teuer wird es immer dann, wenn diese Überlegungen im Vorfeld ausbleiben und versucht wird, ein konventionell erstelltes Design mal eben so zu kopieren.
Diese Fragen stehen stellvertretend für viele unnütze 3D-Druck-Fragen. Denn beim 3D-Druck von Dichtungen und Formteilen kommt es auf das Zusammenspiel aus Anwendung, Technologie, Design und Material basierend auf einer genauen Spezifkation an. Fehlt einer dieser Aspekte, können die Antworten nicht genau genug sein, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Eine Beratung kann dabei helfen, diese Fragen zu klären und die richtigen Gegenfragen zu stellen, um das entsprechende Bewusstsein für das Potenzial dieser Technologie zu entwickeln. Für viele zentrale Fragestellungen in der Dichtungstechnik sollte dieses Potenzial nicht unterschätzt werden.
„Unnütze“ Fragen sind nicht zielführend und lenken beim 3D-Druck von Dichtungen schnell von dem Potenzial der Technologie ab.“ Johannes Lutz, Geschäftsführer, 3D Industrie GmbH