03.06.2019 Thermomanagement mit Polyurethan
PU als Alternative zu Silikon und Epoxid
Der Vormarsch der Elektromobilität sowie das damit einhergehende Thermomanagement eröffnen Hightech-Materialien für Kleb-, Dicht- und Vergussmassen neue Einsatzbereiche. Polyurethan (PU) wird dabei zu Unrecht oft übersehen.
Die Herzstücke eines elektrisch angetriebenen Fahrzeugs – Motor und Batterie – benötigen modernste Materialien sowohl zur Effizienzsteigerung als auch zu deren physischen Schutz. Insbesondere die Batterie benötigt neben einer effizienten Wärmeabfuhr den genannten Schutz vor Umwelteinflüssen sowie potenziellen Unfallschäden. Hierzu werden die Batteriemodule gewöhnlich in einem Batteriekasten aus Aluminium verbaut. Für Fügeaufgaben kommen hier bereits verschiedene Klebstoffe zum Einsatz. So wird ein dichtes Abschließen bei gleichzeitigem Leichtbau sichergestellt.
Im Rahmen des üblichen Fahrzeuggebrauchs werden die Batteriemodule Temperaturen von - 40 °C bis + 80 °C ausgesetzt. Insbesondere bei Be- und Entladevorgängen der Batterien wird Wärme generiert, die durch effizientes Thermomanagement von den Batteriezellen abgeführt werden muss, da diese oberhalb 80 °C einem erhöhten Schadensrisiko unterliegen. Tritt ein Schadensfall ein, führt dies zu einem Leistungsabfall sowie im schlimmsten Falle zu einem thermischen Schaden bis zum Brand, was ein sicherheitstechnisches Risiko ist. Zusätzlich zum Verguss der Batteriemodule lässt sich durch den Verguss des Elektromotors dessen Betriebstemperatur senken, was wiederum zu einer erhöhten Leistung führt.
Die Vorteile von PU
Um die Gesamtheit der Anwendungen, welche sich bei einem E-Auto ergeben, abzudecken, haben sich Vergussmassen auf Basis von Silikonen, Epoxiden und Polyurethanen am Markt etablieren können. Diese breite Materialvielfalt ergibt sich aus den materialindividuellen Vor- und Nachteilen für bestimmte Systemanforderungen. So gibt es durchaus Anwendungsfälle, die eine hohe Temperaturbeständigkeit oder eine hohe Wärmeformbeständigkeit erfordern. Dennoch sind für eine Vielzahl von Anwendungen, gerade im Bereich des Vergusses der Batteriemodule, deutlich geringere Einsatztemperaturen aus bereits genannten Gründen zu erwarten.
Insbesondere in diesen Temperaturbereichen bietet sich der Einsatz von PU als Vergussmaterial an. Dieser Werkstoff hebt sich durch seine breit einstellbaren mechanischen Eigenschaften von anderen Werkstoffen ab. Hinzu kommt der Vorteil, dass es sich bei PU um raumtemperaturaushärtende Systeme handelt, die dennoch durch Katalysatorzugabe eine flexible Einstellung der Verarbeitungszeiten erlauben. Sie weisen eine gute Haftung auf diversen Substratmaterialien – auch ohne Vorbehandlung – auf und sind gute elektrische Isolatoren. Polyurethane bieten daher mechanische, chemische und wirtschaftliche Vorteile.
Fazit
Die Vielseitigkeit in den Eigenschaften der Polyurethane birgt, insbesondere im Bereich der E-Mobilität sowie dem damit einhergehenden Thermomanagement, neues Potenzial. Wärmeleitfähige Systeme auf Polyurethanbasis mit deutlich erhöhter Wärmeleitfähigkeit bei gleichzeitig guten Fließeigenschaften sind bereits von einigen Anbietern am Markt verfügbar. Durch den Einsatz von nicht-metallischen Füllstoffen sind die Vergussmassen weiterhin elektrisch isolierend und weisen eine gute Verarbeitbarkeit auf. Auch zusätzliche Kombinationen mit z.B. Flammschutzmitteln sind problemlos möglich, um steigenden Sicherheitsanforderungen Rechnung zu tragen. Dieses breite Anwendungsspektrum wird in Zukunft dazu beitragen, dass Polyurethane eine wichtige Rolle bei neuen Technologien einnehmen und als vielseitig einsetzbarer Kleb- und Dichtstoff signifikant den Vormarsch der Elektromobilität mitgestalten werden.
Fakten für Konstrukteure
• Aufgrund breit einstellbarer mechanischer Eigenschaften für unterschiedlichste Anforderungen geeignet
• Niedrig-viskose Systeme mit erhöhter Wärmeleitfähigkeit verfügbar
• Kombinierbar mit weiteren Funktionen, wie z.B. Flammschutz
Fakten für Einkäufer
• Gute Verarbeitbarkeit und elektrisch isolierend durch nicht-metallische Füllstoffe
Bild 1: Schematische Darstellung eines Elektromotors. Der vergossene Bereich, in welchem wärmeleitfähige PU-Systeme zum Einsatz kommen können, ist in Orange hervorgehoben (Bild: copaltec GmbH)