08.09.2022 Statische Aufladung – auch bei Dichtungen unerwünscht
Funktionelle leitfähige Beschichtungen als pragmatische Alternative zu Spezialwerkstoffen
Dicht, flexibel, chemisch resistent und widerstandsfähig, das wird von einem guten Dichtungswerkstoff erwartet. Bei Dichtungen aus Elastomeren gibt es allerdings zwei weitere Eigenschaften, die Anwendenden u.U. das Leben schwermachen. Neben oft hohen Reibwerten tendieren viele Elastomere dazu, sich elektrostatisch aufzuladen. Eine Beschichtungslösung löst dieses Problem bei Dichtungen. Bei Bedarf leitfähig ausgerüstet, erleichtern sie gleichzeitig das Handling der Dichtung.
Statische Aufladung von Bauteilen kann zu unterschiedlichen, teilweise nur unerfreulichen, aber durchaus auch schädlichen Effekten führen. Reiben Elastomerbauteile aneinander oder an anderen Materialien, so können sie sich elektrostatisch aufladen. Bei manchen Werkstoffen bekommen Anwender die negativen Auswirkungen schon früh zu spüren. Bereits nach der Produktion, sobald die Dichtungen in PE-Beutel verpackt werden, kleben die oft kleinen und leichten Dichtungen durch die Aufladung aneinander oder an den Beuteln und wollen sich beim Ausschütten nicht von der Verpackung lösen. Bringt man sie schlussendlich aus der Packung heraus, ziehen die Dichtungen sofort Staub und andere Verschmutzungen aus der Umgebung an und sind dadurch – ohne zusätzliches Reinigen – nicht für kritische Anwendungen einsetzbar. Bei der automatischen Montage lassen sich statisch aufgeladene Dichtungen, z.B. in Vibrationswendelförderern, meist nur schwer vereinzeln und durch anhaftende Teile stockt die Zuführung in Montageanlagen. Stillstand und lange Durchlaufzeiten sind die Folge. In seltenen Fällen können sich die Ladungen der Bauteile sogar aufschaukeln und sensible elektronische Bauteile der Peripherie stören oder schädigen.
Wie statische Aufladung entsteht
Um statische Aufladung und damit die Wirksamkeit einzelner Abhilfemaßnahmen besser zu verstehen, macht es Sinn, die betroffenen Bauteile auf atomarer Ebene zu betrachten. Jedes Objekt, unabhängig von dessen Material, besteht aus einem Verbund von Atomen. Diese enthalten, neben ladungsneutralen Neutronen, positiv geladene Protonen im Atomkern und negativ geladene, frei bewegliche Elektronen in ihrer Hülle. Unter normalen Bedingungen ist die Anzahl von Protonen und Elektronen gleich. Somit gleichen sich die Ladungen dieser einzelnen Teilchen innerhalb eines Atoms aus, wodurch das Atom, und damit das gesamte Bauteil elektrisch neutral erscheint. Reiben nun zwei Objekte aneinander oder werden sie voneinander getrennt, können sich einzelne Elektronen aus der Hülle lösen und auf Atome im benachbarten Objekt übergehen. Dies passiert in der Praxis z.B., sobald Dichtungen aus ihrer Packung geschüttet oder in Vibrationswendelförderern vereinzelt werden. Die Dichtungen reiben dabei an der Tüte oder am Vibrationstopf. Die Elektronen beginnen also, sich infolge des Kontaktes von Atom zu Atom zu bewegen. Einer der Reibpartner wird dabei durch die überschüssigen Elektronen negativ, der andere durch fehlende Elektronen positiv aufgeladen. Bei nichtleitenden Werkstoffen, so zum Beispiel verschiedenen Polymeren, können sich die Elektronen größtenteils nicht frei bewegen. Hier kommt es dann bei Reibung oder Trennung zu einer simplen Verschiebung der zuvor ausgeglichenen Ladungen innerhalb des Bauteiles ohne Elektronenübergang. Das Bauteil wird dabei auf einer Seite positiv und auf der anderen Seite negativ geladen. Ob nun Ladungen nur verschoben werden oder sich teilweise auch Elektronen zwischen den Atomen bewegen ist bei Elastomeren stark von deren Inhaltsstoffen abhängig und kann entsprechend unterschiedlich ausfallen. Daher laden sich durchaus nicht alle Elastomerwerkstoffe gleichermaßen auf und die entsprechenden negativen Effekte werden nur bei manchen Dichtungen sichtbar.