21.03.2022 Richtig kleben will gelernt sein – Teil 13
DIN 2304/Kernelement 3: Nachweisführung
Kleben funktioniert, wenn man es richtig macht. Und „richtig machen„ bedeutet, alle relevanten Aspekte ganzheitlich zu berücksichtigen. In Fortführung des Leitfadens „Kleben – aber richtig„ des IVK e.V. geht dieser Teil auf das dritte Kernelement der klebtechnischen QS-Normen, der „Nachweisführung“ ein.
Die folgenden Ausführungen, die sich auf die DIN 2304 (allgemeine Industrie) beziehen, gelten für die DIN 2304 genauso wie für die anderen QS-Standards (DIN 6701 und prEN 17460 (Schienenfahrzeugbau) sowie für ISO/DIS 21368 (allgemeine Industrie).
Welche Probleme entstehen in der Praxis, wenn die Nachweisführung, z.B. nach DIN 2304, nicht fachgerecht erfolgt? In Analogie zu anderen Verbindungstechniken ist auch beim Kleben die Verbindung so zu bemessen, dass, wie in Bild 1 dargestellt, ihre reale Beanspruchung stets kleiner ist als die maximale Beanspruchbarkeit. Dies stellt keine Kleb-Spezifität und keine Norm-Besonderheit dar, sondern ist bei sicherheitsrelevanten Produkten, die – durch das Produktsicherheitsgesetz juristisch bindend vorgegeben – nach dem „Stand der Technik“ gefertigt werden müssen, eine zu erfüllende Anforderung. Für geklebte Produkte betrifft es die sicherheitsrelevanten Klebungen der Level 1 – 3 (S1 – S3). Neu für die Klebtechnik ist, dass dieses im Rahmen aller klebtechnischen QS-Normen „[...] unter verbindlicher Mitwirkung des Klebaufsichtspersonals – KAP sichergestellt und die Nachweisführung nachvollziehbar dokumentiert werden muss“. Dabei kann die Nachweisführung selbst auf vier Wegen erfolgen:
• Weg 1: Bemessung,
• Weg 2: Bauteilprüfung,
• Weg 3: dokumentierte Erfahrung bzw.
• Weg 4: Kombination aus 1. – 3.
Wie vermeidet der Anwender Probleme mit der Nachweisführung, z.B. nach DIN 2304, am besten? Im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtung sind die Besonderheiten der Klebtechnik, z.B.
im klebgerechten Design, bereits zu Beginn des Produktentstehungsprozesses fachgerecht mitzuberücksichtigen. Daher muss das Klebaufsichtspersonal (KAP), welches in dieser Funktion mit der Konstruktion/Auslegung beschäftigt ist, entsprechend qualifiziert sein und seine klebtechnischen Kompetenzen (= Qualifikationen) gegenüber Dritten objektiv nachweisen können. Zu diesen Kompetenzen gehört auch die Fähigkeit des Blickes über den Tellerrand, indem z.B. der Teil 3 der Normenreihe DIN 6701 als Leitfaden für die Auslegung von Klebverbindungen
verallgemeinert herangezogen wird – auch wenn es sich nicht um den Schienenfahrzeugbau handelt. Klebtechnisch nachweislich qualifiziertes, also objektiv kompetentes
Personal ist in der Lage, bereits bestehende klebtechnische Verfahren zur Nachweisführung – wo erforderlich – auf die Bedürfnisse des eigenen Unternehmens fachgerecht zu übertragen.
Über welches Know-how sollten die am Klebprozess Beteiligten hinsichtlich der Nachweisführung, z.B. nach DIN 2304, verfügen? Bei diesem Kernelement geht es letztlich um die Verknüpfung im Betrieb bereits vorhandenen Konstruktions-/Auslegungskompetenzen mit klebtechnischen Kompetenzen. Wichtig sind fundierte Kenntnisse über die Vorgehensweise im Produktentstehungsprozess. Dies hat erstmal nichts mit der Klebtechnik zu tun, sondern stellt das allgemeine ingenieurmäßige Vorgehen dar. Dieses allgemeine ingenieurmäßige Vorgehen muss jedoch mit klebspezifischem Know-how und Kompetenzen, wie diese z.B. auf Level 2-Qualifizierungen (DVS®/EWF-European Adhesive Specialist – EAS) oder besser noch auf Level 1-Qualifizierungen (DVS®/EWF-European Adhesive Engineer – EAE) inzwischen weltweit vermittelt werden, ergänzt, d.h. zusammengeführt und – wie oben bereits angeführt – verknüpft werden.
„Für erfolgreiches Kleben muss bei der Bauteilentwicklung u.a. ingenieurmäßiges Vorgehen mit klebtechnischem Know-how kombiniert werden." Professor Dr. Andreas Groß, Fraunhofer IFAM