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Mikroplastik unter der Lupe betrachtet

(Bild: AdobeStock_Deemerwha studio)

11.03.2025 Mikroplastik unter der Lupe betrachtet

von Dr. Arno Maurer (OST – Ostschweizer Fachhochschule, Institut für Mikrotechnik und Photonik)

Winzige Plastikpartikel haben sich zu einem allgegenwärtigen Problem entwickelt. Wir wissen heute, dass sie buchstäblich überall zu finden sind – vom Meeresgrund bis zum Gipfel des Mount Everest, in der Luft, die wir atmen, und sogar in unserem Blut. Und neuerdings auch, in sichtbaren Mengen, im menschlichen Gehirn [1] – Autsch.

Die Situation ist derart komplex, dass die Gegenmaßnahmen kaum mit der öffentlichen Wahrnehmung Schritt halten können – und diese wiederum kaum mit der verfügbaren Erkenntnislage. Unser Unwohlsein wird genährt von Schlagzeilen wie: „Wir essen jede Woche so viel Mikroplastik wie eine Scheckkarte wiegt“, was sich im Nachhinein als Ergebnis einer falschen Hochrechnung herausstellte [2].

Deshalb hier ein Versuch, auf gesicherte Erkenntnisse zu fokussieren. Als Quelle für Mikroplastik fungieren allen voran Plastikabfälle, die in der Umwelt in kleine Partikel zerfallen, gefolgt von Reifenabrieb, Farben und Beschichtungen sowie synthetischen Textilien. Vordergründig Verdächtige wie Kosmetikprodukte tragen weniger bei, sind aber am einfachsten an der Quelle zu regulieren, was bereits gute Erfolge zeigt [3].

Kunststoffe sind eigentlich ziemlich inerte Materialien. Schadwirkungen, speziell durch Mikroplastik, sind aber für Klein- und Kleinstlebewesen belegt, etwa durch mechanische Blockaden, dauerhafte Irritationen oder verminderte Fortpflanzungsraten [4]. Dazu kommt die mit abnehmender Partikelgröße zunehmende Oberfläche, die verstärkte Wechselwirkungen mit dem Gewebe oder auch mit Schadstoffen erwarten lässt.

Das Gesundheitsrisiko für den Menschen bewertet das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) als gering, da bisher kein kausaler Zusammenhang zwischen Mikroplastik und Krankheitsbildern nachweisbar ist [5]. Dennoch gaben in einer Umfrage zwei Drittel der Befragten an, sie seien wegen „Mikroplastik“ sehr besorgt [6]. Vermutlich wird eine potenzielle Bedrohung, die unsichtbar, aber dennoch allgegenwärtig ist, präventiv als eher gefährlich eingeschätzt. Diese subjektive Bewertung sollte ernst genommen werden, da politische Maßnahmen häufig auch der öffentlichen Meinung folgen [4]. Auch berücksichtigt man damit das in der EU wichtige Vorsorgeprinzip.

Angesichts der Allgegenwart von Mikroplastik stellt sich die Frage: Welche Handlungsoptionen haben wir? Die Antworten sind – und das ist nicht sehr überraschend – komplex. Langfristige Erfolge erfordern vor allem eine Reduzierung an der Quelle. Bereits laufende Maßnahmen sind z.B. das EU-Verbot von Einwegprodukten, Verbote für Plastiktüten in immer mehr Ländern oder der Verzicht auf Mikroplastik in Kosmetika. Bis 2030 folgen ein Verbot bestimmter Kunststoffe und bis 2040 neue Reduktionsziele für Verpackungsabfälle [7].

Die unkontrollierte Verbreitung von Plastikabfall in der Umwelt wird vor allem durch den Ausbau wirksamer Sammel- und Recy­clinginfrastrukturen unterbunden. Dies und vieles mehr sind Ziele des internationalen Plastikabkommens, welches 2025 in Kraft treten soll. Die gezielte Verwendung biologisch abbaubarer Kunststoffe würde die Bildung von Mikroplastik ebenfalls verhindern, insbesondere dort, wo sie sich mit anderen kompostierbaren Abfällen vermischen, etwa im Agrar-, Gastro- oder Hygienebereich.
Schließlich kann auch das Mikroplastik selbst zurückgehalten werden – sehr effektiv sind z.B. Kläranlagen fortschrittlicher Bauart, aber auch Staubsauger- und Waschmaschinenfilter – das ist allerdings nur sinnvoll, wenn die Rückstände auch sicher entsorgt werden, etwa durch Verbrennung. Viele Fragen bleiben offen: Wie lässt sich das Problem lösen, ohne unbeabsichtigte negative Folgen? Wie können wir wirksame Abfallsammelstrukturen global etablieren? Wie schnell zerfallen größere Plastikteile zu Mikroplastik? Wie können wir die bereits in der Umwelt vorhandenen Partikel effektiv entfernen? Die Entwicklung solcher Methoden hat erst begonnen, erste Erfolge sind aber schon sichtbar [8].

Die Dringlichkeit globaler Maßnahmen wird durch Prognosen unterstrichen, die darauf hindeuten, dass sich die Menge an Mikroplastik in der Umwelt bis 2040 verdoppeln könnte [4]. Die gute Nachricht ist: Das Bewusstsein für das Problem wächst und das Thema ist auf höchster politischer Ebene angekommen. Mikroplastik mag unsichtbar sein, aber seine Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit sind es nicht.

Dr. Arno Maurer, Senior Research Scientist, IMP Institut für Mikrotechnik und Photonik, OST Ostschweizer Fachhochschule
„Kunststoffe sind eigentlich ziemlich inerte Materialien. Bei Mikroplastik muss man aber genauer hinschauen.“ Dr. Arno Maurer, Senior Research Scientist, IMP Institut für Mikrotechnik und Photonik, OST Ostschweizer Fachhochschule

Lösungspartner

OST – Ostschweizer Fachhochschule, Institut für Mikrotechnik und Photonik
OST – Ostschweizer Fachhochschule, Institut für Mikrotechnik und Photonik

 

Zielgruppen

Einkauf, Instandhaltung, Konstruktion & Entwicklung, Produktion & Fertigung, Qualitätssicherung, Unternehmensleitung, Vertrieb