Klebebandindustrie, Doughnut-Ökonomie, CSRD und vierfache Wesentlichkeit

(Bild: Evert Smit)

11.03.2025 Klebebandindustrie, Doughnut-Ökonomie, CSRD und vierfache Wesentlichkeit

von Dr. Evert Smit (Afera, The European Adhesive Tape Association)

Die Klebebandindustrie steht, wie viele andere Bereiche auch, unter dem Druck, ihren Ansatz in Bezug auf Nachhaltigkeit und Rechenschaftspflicht zu ändern.

Mit der Richtlinie zur Nachhaltigkeits­bericht­erstattung von Unternehmen (Corporate Sus­tainability Reporting Directive, CSRD) der Europäischen Union müssen Unternehmen nun dar­über Bericht erstatten, wie sich ihre Aktivitäten auf Umwelt, Gesellschaft und Unternehmensführung (ESG) auswirken. Dies ist eine große Veränderung und Unternehmen müssen Nachhaltigkeit zu einem Teil ihrer Pläne machen – und sie nicht nur als Randthema betrachten. Wenn man den Prinzipien der Doughnut Economy die Idee der „vierfachen Wesentlichkeit“ hinzufügt, bietet dieses neue Regelwerk sowohl Herausforderungen als auch Chancen für die Klebebandindustrie.

Die von Kate Raworth entwickelte „Doughnut-Ökonomie“ [1] ist ein Weg, um wirtschaftliche Aktivitäten mit den Grenzen der Ressourcen der Erde in Einklang zu bringen und die Grundbedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. Für den Klebebandmarkt bedeutet dies, Produkte und Prozesse so zu verändern, dass sie innerhalb der ressourcenbedingten Grenzen der Erde liegen und die Bedürfnisse der Gesellschaft erfüllen. Mit der CSRD ist diese Idee keine Option mehr, sondern ein Muss, und ich empfehle, die hier vorgestellten Konzepte als Hilfe zu betrachten. Unternehmen müssen darlegen, wie sich ihre Geschäftstätigkeit auf diese Grenzen auswirkt und wie sie von ihnen beeinflusst wird. Die Richtlinie bringt Unternehmen dazu, über das reine Geldverdienen hinaus zu denken und sich auf umfassendere Nachhaltigkeitsthemen zu konzentrieren, was gut zum Doughnut-Modell passt.

Die Klebebandindustrie kann einen großen Unterschied machen, indem sie umweltfreundliche Materialien verwendet und dar­über nachdenkt, wie Dinge wiederverwendet werden können – zusätzlich zu ihrem bereits etablierten Beitrag, neue ressourcenschonende und umweltfreundliche Designs zu ermöglichen. Über die Modifizierung von Materialien hinaus können wir auch Abfall reduzieren und sicherstellen, dass alles in einem geschlossenen Kreislauf stattfindet. Durch die Einrichtung von Programmen zur Rücknahme gebrauchter Klebebänder oder von Teilen davon [2] oder über die Entwicklung von Produkten, die sich leicht zerlegen lassen, können wir unsere Umweltauswirkungen erheblich reduzieren. Diese Bemühungen sind wichtig, um die Anforderungen der CSRD zu erfüllen.
Aber Nachhaltigkeit ist nicht nur eine Frage der Umwelt, sondern auch der Art und Weise, wie wir miteinander und mit den Gemeinschaften, in denen wir leben, umgehen. Sowohl Doughnut Economics als auch die CSRD betonen die Bedeutung der sozialen Verantwortung. Ein Weg, wie die Klebebandindustrie zu sozialer Gerechtigkeit beitragen kann, besteht darin, sicherzustellen, dass die von uns verwendeten Materialien ethisch einwandfrei beschafft werden. Aber das ist noch nicht alles – Unternehmen können auch Arbeitsplätze in unterversorgten Gemeinden schaffen, mit Sozialunternehmen zusammenarbeiten oder ihren Lieferanten Schulungen anbieten. Diese Maßnahmen stärken nicht nur unsere Lieferketten und machen sie widerstandsfähiger, sondern helfen uns auch, die Anforderungen der CSRD zu erfüllen, über die sozialen Auswirkungen unseres Unternehmens zu berichten.

Das Konzept der „vierfachen Wesentlichkeit“ [3] wird hier besonders wichtig. Normalerweise konzentrieren sich Nachhaltigkeitsberichte nur auf die direkten Auswirkungen, aber die Vervierfachung der Wesentlichkeit fügt eine dritte und vierte Dimension hinzu: den Aufstieg neuer Technologien mit geringeren ökologischen und sozialen Auswirkungen, insbesondere außerhalb des Bereichs der Klebebänder, d.h. wir müssen darüber nachdenken, wie diese neuen Technologien möglicherweise die alten ersetzen könnten. Indem sie sich dieser Veränderungen bewusst sind und sich an sie anpassen, erfüllen Unternehmen nicht nur ihre CSRD-Anforderungen, sondern stellen auch sicher, dass sie für die Zukunft gerüstet sind.
Transparenz ist in dieser sich verändernden Welt von entscheidender Bedeutung. Die CSRD möchte, dass Unternehmen in allen Bereichen vollkommen transparent sind, von der Menge der von ihnen freigesetzten Treibhausgase bis hin zu den Auswirkungen ihrer Handlungen auf ihre Lieferketten und auf die Gesellschaft insgesamt. Unternehmen, die Ins­trumente wie Lebenszyklus­analysen (LCA) nutzen, um ihre Auswirkungen zu messen und zu teilen, insbesondere, wenn sie die vierfache Wesentlichkeit berücksichtigen, verschaffen sich einen großen Vorteil. Indem sie zeigen, wie ihre neuen Ideen mit der „Doughnut Economy“ übereinstimmen und dazu beitragen, die Gesellschaft und die Umwelt zu verbessern, können sie Vertrauen bei ihren Kunden aufbauen und sich in einem Markt, der immer stärker reguliert wird, von der Konkurrenz abheben.

CSRD und „Doughnut Economics“ kommen auf besondere Weise für die Klebebandindustrie zusammen. Unternehmen, die diesen Moment nutzen, können sich von reinen Wirtschaftsteilnehmern zu aktiven Gestaltenden einer nachhaltigen Zukunft entwickeln. Durch die Einhaltung der Prinzipien der planetaren Grenzen, der sozialen Gerechtigkeit und der offenen Kommunikation kann der Klebebandmarkt eine Vorreiterrolle dabei übernehmen, zu zeigen, wie selbst die kleinsten, gängigsten Produkte einen großen Unterschied bei der Schaffung einer ausgewogenen und florierenden Welt machen können.

Literatur
[1] https://en.wikipedia.org/wiki/Doughnut_Economics:_Seven_Ways_to_Think_Like_a_21st-Century_Economistund https://doughnuteconomics.org/
[2] https://www.lohmann-tapes.com/en/linerloop-__1788/
[3] https://www.linkedin.com/pulse/introducing-quadruple-materiality-strategic-tool-beyond-evert-smit-jj7ke/

Dr. Evert Smit,  President AFERA
„Solche Modelle sind der Einstieg in ein modernes Mindset, das wir für die anstehenden Aufgaben brauchen.“ Dr. Evert Smit, President AFERA

Lösungspartner

Afera, The European Adhesive Tape Association
Afera, The European Adhesive Tape Association

 

Zielgruppen

Einkauf, Instandhaltung, Konstruktion & Entwicklung, Produktion & Fertigung, Qualitätssicherung, Unternehmensleitung, Vertrieb