08.09.2023 Ist ein Umkonstruieren beim 3D-Druck notwendig?
Diese Frage lässt sich mit einem klaren „Jein“ beantworten – es ist zu empfehlen, aber nicht immer notwendig, ein konstruiertes Bauteil, das dann per 3D-Druck gefertigt werden soll, konstruktiv anzupassen.
Nutzt man diese Fertigungstechnologie konsequent, ergeben sich daraus etliche Vorteile, wie z.B. Materialeinsparungen, geringere Fertigungszeiten und Kosten. Zudem können durch eine Bauteiloptimierung Innovationen entstehen. Kann es also trotzdem sinnvoll sein, das Bauteil nicht für den 3D-Druck anzupassen? Lassen Sie uns diese Frage anhand drei Sze-narien betrachten:
1. Das Bauteil besteht bereits und die Geometrie ist nicht veränderbar.
2. Das Bauteil besteht und die Geometrie ist anpassbar.
3. Die Bauteilentwicklung steht am Anfang und es kann additiv designed werden.
Grundsätzlich kommt es bei der Beurteilung der Fragestellung, immer darauf an, wo der „Schmerz“ am tiefsten sitzt. Sind Geld und Zeit vorhanden, jedoch keine Bereitschaft, etwas zu ändern, wählt man Szenario 1. Ist die Bereitschaft da und man will aus dem be- stehenden Bauteil möglichst viel Potenzial abrufen, wählt man Szenario 2. Ist das Bauteil als Idee im Kopf und man hat die freie Wahl, empfiehlt sich Szenario 3. Wie wirken sich die drei Szenarien jetzt auf die Bauteilkonstruktion aus? Bei Szenario 1 wird per 3D-Druck nur eine Kopie erzeugt. Dies ist grundsätzlich möglich, aber oft nicht sinnvoll und hat starke Auswirkungen auf die Druckzeit, die entstehenden Kosten für das Material und den Druckprozess. Zudem bleiben Optimierungen aus, die mit der additiven Fertigung möglich gewesen wären. Manchmal geht es nicht anders und das Bauteil wird mit konventioneller Gestaltung gedruckt. Das kann an strengen Gestaltungsvorgaben oder historische gewachsenen Unternehmensstrukturen liegen. Dieses Szenario wird aber auch aus der Angst gewählt, einen Fehler zu machen. Zudem fehlt in einigen Unternehmen das nötige Know-how für eine Umkonstruktion. Mit Szenario 2 besteht bei Handelnden Offenheit und Flexibilität, ein Bauteil konstruktiv zu verändern. So kann per 3D-Druck ein zusätzlicher Mehrwert zum bereits existierenden Bauteil entstehen. Die Druckzeit kann verkürzt werden, die Kosten für das Bauteil sinken und weitere Funktionen können hinzugefügt werden. Versetzt man sich in die Lage, das Bauteil direkt passend zur Anwendung geometrisch anzupassen, ergeben sich viele Vorteile, die bisher nicht genutzt werden konnten. Durch eine Umkonstruktion und dem Wechsel zum 3D-Druck wird es nun aber möglich, diese Potenziale zu heben. Die einzigen Einschränkungen sind Schnittstellen zu anderen Bauteilen. Der beste Weg, die additive Fertigung zu nutzen, ist Szenario 3, d.h. das Bauteil entsteht gerade auf einem weißen Blatt Papier. Somit können von Anfang an alle Vorteile der Technologie ausgereizt werden. Dabei lassen sich die Teilekosten drastisch senken, die Fertigungszeit verkürzen und Funktionen, die Mehrwert erzeugen, integrieren. Hauptaufgabe ist dabei, das Bauteil im Vorfeld gut zu überdenken. Es gibt also weder richtig noch falsch, denn eine Entscheidung muss immer entsprechend der vorhandenen Faktoren abgewogen werden. Dabei sollte aber immer von dem Standpunkt der Anwendung und aus Kundensicht agiert werden, sonst bleibt Potenzial liegen. Auch sollten unterschiedliche Szenarien und dazugehörige Variablen nicht abschrecken. Wichtig ist es, den Prozess zu beginnen und nicht nur über die Potenziale des 3D-Drucks nachzudenken. Sollten zu einer Umkonstruktion von Bauteilen offene Fragen bestehen, kann es sinnvoll sein, professionelle Hilfe durch eine Anwendungsberatung zu suchen. So kommt man schneller zu Entscheidungen und vermeidet unnötige Fehler.
„Leider ist es so, dass eine Entscheidung für eine Vorgehensweise nicht immer rational begründet, sondern eher eine Schmerztheraphie ist. Johannes Lutz, Geschäftsführer, 3D Industrie GmbH