30.11.2017 Harmonisierte Normen
Stand der Technik – Teil 2
Es gibt bei Dichtungen technische Mittel und Wege, die auf den ersten Blick anscheinend die Lösung für ein Problem bieten. Auf den zweiten Blick und genauer betrachtet werden systembedingte Grenzen deutlich – und Probleme in der Praxis sind dann eigentlich vorprogrammiert. Allerdings sind bei jeder Lösungen auch immer der Stand der Technik zu berücksichtigen. Das führt hier zu der Frage, wie wir mit harmonisierten Normen umgehen?
In dem letzten Beitrag der Serie wurde der Umgang mit Normen thematisiert. Entscheidend ist die Erkenntnis, dass Normen nur einen empfehlenden Charakter haben und nicht angewendet werden dürfen, wenn dadurch Risiken erhöht werden. Harmonisierte Normen haben eine besondere rechtliche Bedeutung. Bild 1 beschreibt den Zusammenhang zwischen Richtlinie, Gesetz und Norm und die Wirkung auf die Umsetzung. Auch die Anwendung einer harmonisierten Norm ist nicht zwingend. Werden sie allerdings nicht angewandt, hat dies Folgen. Gemäß der Leitlinie 9/5 muss der Hersteller – dies gilt auch für die Umsetzung des Stands der Technik für einen Betreiber, der sie nicht anwendet – in seinen Unterlagen beschreiben, welche Lösung er gewählt hat, um die grundlegenden Anforderungen der Richtlinie zu erfüllen. Die Erklärung, was eine harmonisierte Norm ist und wie sie umzusetzen ist lässt sich am besten durch nachfolgende Zitate aus [1] aufzeigen:
1. Definition
1.1 Harmonisierte Norm
Als harmonisierte Normen im Sinne des neuen Konzepts werden die europäischen Normen angesehen, die europäische Normenorganisationen (CEN; CENELEC; ETSI) der europäischen Kommission formell vorlegen und die in deren Auftrag erarbeitet wurden (mandatierte Norm).
1.2 Europäische Norm
Nach der Definition in der Richtlinie 98/34/EG sind europäische Normen technische Spezifikationen, die von europäischen Normenorganisationen zur wiederholten oder ständigen Anwendung angenommen wurden, deren Einhaltung jedoch nicht zwingend vorgeschrieben ist.
2. Umsetzung als nationale Normen
Europäische Normen müssen als nationale Normen (z.B. DIN...) umgesetzt werden. Dies bedeutet, dass alle im Widerspruch dazu bestehenden nationalen Normen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zurückgezogen werden müssen.
3. Konkretisierung der wesentlichen Anforderungen einer Richtlinie
Harmonisierte Normen haben formal einen Anhang ZA. In Form einer Tabelle wird dort angegeben, welche Abschnitte der jeweiligen Norm die wesentlichen Anforderungen der EG-Richtlinie, z.B. Anhang I der Druckgeräterichtlinie erfüllen.
4. Konformitätsvermutung
Voraussetzung für eine Konformitätsvermutung ist, sie
- gründet auf einen Normungsauftrag durch die Kommission (mandatierte Norm),
- wird der Kommission von der Normenorganisation vorgelegt,
- wird von der Kommission im Amtsblatt veröffentlicht,
- wird in eine nationale Norm umgesetzt.
Bei Konformität mit einer nationalen Norm (DIN EN...,) soweit es sich um die Umsetzung einer harmonisierten Norm handelt, deren Fundstelle veröffentlicht wurde, ist davon auszugehen, dass die wesentlichen Anforderungen der anwendbaren Richtlinie (z.B. Druckgeräterichtlinie) erfüllt sind.
5. Veröffentlichung
Ziel der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU ist es, den Termin festzulegen, ab dem frühesten davon auszugehen ist, dass Konformität mit den Anforderungen besteht. Die Mitgliedstaaten müssen die Fundstelle der nationalen Norm (DIN EN...), die eine harmonisierte Norm umsetzt, ebenfalls veröffentlichen (in Deutschland erfolgt dies im Bundesarbeitsblatt).
6. Anwendung
Die Anwendung einer harmonisierten Norm, auf denen eine Konformitätsvermutung beruht, bleibt freiwillig. Der Hersteller kann selbst wählen, ob er auf harmonisierte Normen zurückgreift. Entscheidet er sich jedoch gegen die Anwendung einer harmonisierten Norm, muss er nachweisen, dass die Produkte durch die Anwendung anderer Spezifikationen die wesentlichen Anforderungen erfüllen.
Soweit zu den Ausführungen in [1]. Es sei hierzu anzumerken, dass die Veröffentlichung des Bundesarbeitsblattes im Dezember 2006 eingestellt wurden. Seit Januar 2007 werden die Veröffentlichungen im „Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl)“ vorgenommen.
Fazit
Die Anwendung und die Umsetzung der Vorgaben harmonisierter Normen erleichtern dem Hersteller und dem Betreiber die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben. Es wird davon ausgegangen, dass die Anwendung einer harmonisierten Norm dem Stand der Technik entspricht. Sie löst damit die Konformitätsvermutung zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben ab. Es ist verwunderlich, dass die Anforderungen der harmonisierten Normen, z.B. bei Dichtungen und Schrauben, obwohl einige geltende harmonisierte Normen bis zu 20 Jahre alt sind, nicht konsequent umgesetzt sind. Die ersatzweise mögliche Beschreibung der abweichenden Maßnahmen zur Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen fehlt fast immer. Dadurch ist es nicht überraschend, dass die gesetzlichen Vorgaben in vielen Fällen nicht eingehalten werden. Es ist auch festzustellen, dass die konsequente Umsetzung harmonisierter Normen zur Umsetzung gesetzlicher Forderungen, zur Reduzierung von Gefahren und zu Standardisierungen führt. Dadurch werden die Betriebssicherheit erhöht und die Kosten gesenkt.