10.03.2020 Gereinigt – und doch noch nicht für das Kleben bereit
In meiner letzten Kolumne habe ich Sie an die Notwendigkeit, zu klebende Flächen von allen Fremdschichten zu befreien, d.h. an das Reinigen herangeführt. Doch Vorsicht:
Nicht immer sind gereinigte Flächen bereit für das Kleben. Meist muss sich ein Vorbehandlungsprozess für ein optimales Klebergebniss anschließen. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten:
- Mechanische (z.B. durch Schmirgeln, Strahlen oder Bürsten, um Anhaftungen und Oxidschichten zu entfernen und die Oberfläche zu vergrößern),
- chemische (z.B. durch Beizen, Fluorierung oder Chromatierung können ebenfalls Anhaftungen in Oxidschichten entfernt und in gewissem Maß die Oberflächen vergrößert werden),
- thermische (z.B. durch Beflammen oder durch einen Plasmabogen kann man vor allem Kunststoffe großflächig vorbehandeln) oder
- elektrische (die Verwendung von Corona oder Niederdruckplasma eignen sich ebenfalls sehr gut für die Vorbehandlung von Kunststoffen, jedoch eher für kleinere Flächen und bei geringerer Arbeitsgeschwindigkeit).
Was für die jeweilige Anwendung das „Richtige“ ist, muss der Anwender wissen, sich erarbeiten oder er muss sich im Zweifel beraten lassen. Will man sich die richtige Vorgehensweise selbst erarbeiten, hat es sich in der Praxis bewährt, Probeverklebungen mit jeder geeigneten und im jeweiligen Anwendungsprozess darstellbaren Vorbehandlung durchzuführen. Diese lässt man reagieren und unterzieht sie dann einer Wasserlagerung bei 50 °C. Entnimmt man einen Teil der Proben nach 500 Stunden, weitere Proben nach 1.000 Stunden und weitere nach 1.500 Stunden und unterzieht diese einer Zugscherprüfung, zeigt sich sehr rasch, welche Vorbehandlung für die jeweilige Anwendung die ist, mit der sich die höchste Zugscherfestigkeit erreichen lässt – und diese gilt es dann einzusetzen. Wundern Sie sich nicht über die Abweichungen im Vergleich mit geklebten Teilen, die lediglich entfettet wurden. Die Festigkeitswerte können durchaus zwei bis dreimal höher sein, was hinlänglich beweist, dass sich der Aufwand lohnt. Gibt es eine weniger arbeitsintensive Alternative? Ich werde unter dem Stichwort „Primer“ darauf zurückkommen.
Kleben will vorbereitet sein und wer die Reinigung unterschätzt, geht ein großes Risiko ein, das bei mangelndem Wissen bzw. fehlender Erfahrung schnell steigt. Thomas Stein, Inhaber, IMTS Interims Management