Funktionalität im Fokus

Thermoplastische Elastomere bieten im Verpackungsbereich einen Mehrwert sowohl für den Verarbeiter als auch für den Endverbraucher (Bild: KRAIBURG TPE GMBH & CO. KG)

31.03.2018 Funktionalität im Fokus

TPE für moderne Produktverpackungen

von Josef Neuer (KRAIBURG TPE GmbH & Co. KG)

Aktuelle Veränderungen im Verpackungsmarkt verlangen neue Materiallösungen, die für einen verstärkten Einsatz thermoplastischer Elastomere (TPE) sprechen. Dieser Werkstoff bietet vielseitige Vorteile für Produktverpackungen mit erhöhter Funktionalität sowie zuverlässiger Dichtigkeit.

Thermoplastische Elastomere haben sich aufgrund ihrer elastischen Eigenschaften und leichten Verarbeitbarkeit in zahlreichen Verpackungsbereichen durchgesetzt. Hier sorgen sie unter anderem für eine haptisch angenehme und weiche sowie griffige Oberfläche. Darüber hinaus eignen sie sich aufgrund ihrer guten Einfärbbarkeit für kontrastreiche 2K-Spritzgussanwendungen im Hart-/Weich-Verbund mit anderen Thermoplasten. Vor allem Hersteller von Consumer-Produkten sind zunehmend bestrebt, über ihre Verpackung auch funktionale Alleinstellungsmerkmale zu erzielen. Gleichzeitig stellt der ansteigende Einzelversand von flüssigen Produkten im E-Commerce gegenüber dem klassischen Großvertrieb auf Paletten erhöhte Anforderungen an die Dichtigkeit der Verpackung.

Intelligentes Verpackungsdesign mit Funktion
Mit der klassischen Soft-Touch-Oberfläche, die dem Verbraucher einen hochwertigen Produktcharakter vermittelt, ist es heute nicht mehr getan. Daher ist bei neuen Verpackungslösungen zunehmend auch die Materialentwicklung gefragt. Das Ziel sind marktund kundenspezifische Rezepturen, die den Weg zu innovativen Verpackungslösungen ebnen und deren Markteinführung beschleunigen.

Eine dieser Anwendungen für thermoplastische Elastomere sind Dosierventile, die zähflüssige Lebens- und Reinigungsmittel oder Pflegeprodukte auslaufsicher verpacken. Nur durch Druck gibt das Ventil nach und der Inhalt kann kontrolliert entnommen werden – ohne nachzutropfen oder Ablagerungen zu bilden. MENSHEN aus Finnentrop im Sauerland, ein weltweit führender Hersteller hochwertiger Verschlüsse, hat dafür das Dosierventil one2serve entwickelt, das nur bei Druck auf die Flasche oder Tube öffnet. Sobald der Druck nachlässt, stoppt der Dosierstrahl und die Öffnungsschlitze dichten wieder ab, sodass auch kein Schmutz und Staub eindringen oder der Inhalt auslaufen kann »1.

Das Dosierventil wird im kostensparenden 2K-Spritzgussverfahren als einteiliges Fertigprodukt hergestellt. Die ausgezeichnete Haftung des TPE auf der Hartkomponente gewährleistet eine wirtschaftliche Verarbeitung, was zusätzliche Produktionsschritte vermeidet und die hygienische Dichtheit des Ventils sicherstellt.

Maßgeschneiderte Compounds
Für eine maßgeschneiderte Produktvielfalt bietet KRAIBURG TPE heute die unterschiedlichsten Lösungen an, die sich durch ausgewogene Elastizität und Rückstellfähigkeit sowie geringe Klebrigkeit und geringes Migrationsverhalten im Kontakt mit Lebensmitteln auszeichnen. Die TPE-Formulierungen für den Einsatz als Dosierventile bieten über den gesamten Lebenszyklus eine Elastizität auf dem Niveau typischer Wettbewerbssilikone. Das Hysterese- bzw. elastisch-plastische Deformationsverhalten dieser Compounds zeigt eine stark reduzierte Deformation im Vergleich zu Standard-TPE, bei dem die Beund Entlastungskurven weiter auseinander liegen. Um sicherzustellen, dass auch nach monatelanger Lagerung der Verpackung kein höherer Dosierdruck zum erstmaligen Öffnen des Ventils benötigt wird, verfügen die TPE-Materialien außerdem über eine spezielle Ausrüstung gegen das Verkleben der Schlitze. Für die hier eingesetzten TPE werden ausschließlich hochreine Weißöle, die auch in der Medizinindustrie eingesetzt werden, verwendet. Alle Produkte sind PVC-, latex- und schwermetallfrei.

Gesicherte Lebensmittelverträglichkeit
Die neuen THERMOLAST® K-Materialien erfüllen die strengen Vorgaben des Code of Federal Regulations, Title 21 (CFR21) der US-amerikanischen Arznei- und Lebensmittelbehörde (FDA) und der Verordnung (EU) Nr. 10/2011 für Kunststoffmaterialien, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen. Die Verordnung (EU) Nr. 10/2011 ist eine Vorschrift, welche eine umfassende Positivliste von Monomeren und Additiven enthält. Sie gilt für Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen und definiert einen Gesamtmigrationsgrenzwert (OML) von 10 mg/dm2. Das entspricht 60 mg/kg Lebensmittel bei einem konventionellen Oberflächen/Füllmengen-Verhältnis von 6 dm2/kg. Die Migrationsprüfung wird für unterschiedliche Lebensmittelklassen mittels Lebensmittelsimulanzien durchgeführt. Generell gestaltet sich die Einhaltung der Grenzwerte bei Anwendungen mit einem hohen Oberflächen/Füllmengen-Verhältnis schwieriger. Jedoch muss jede einzelne Anwendung individuell von Fall zu Fall betrachtet und untersucht werden.

Für Anwendungen im Kontakt mit hydrophilen und alkoholischen Lebensmitteln sind TPE gut geeignet, ebenso für Milchprodukte. Eine Migrationsprüfung ist jedoch bei allen Materialien und Bauteilen aus Kunststoff erforderlich, die im Lebensmittelbereich zur Anwendung kommen. Diese Prüfung ist vor allem bei fettigen Lebensmitteln (Migrationsprüfung mit Simulanzmittel D2 – Pflanzenöl) eine besondere Herausforderung für TPE »2. Für solche Anwendungen steht eine Reihe von Spezialcompounds für „fatty food“-Anwendungen zur Verfügung, deren Formulierung, abhängig vom jeweiligen Oberflächen/ Volumen-Verhältnis, gezielt angepasst werden kann.

Bei alledem ist festzuhalten, dass die Verordnung (EU) Nr. 10/2011 nur Kunststoffe und TPE erfasst, nicht aber die in diesem Einsatzbereich bisher dominierenden Silikone, bei denen die Bewertung für den Lebensmittelkontakt nach landesspezifischen Vorschriften erfolgt. Im Gegensatz zu Silikonen lassen sich TPE aufgrund ihrer hohen Fließfähigkeit und Haftungseigenschaften zu unterschiedlich „harten“ Kunststoffen – von Polyolefinen bis hin zu diversen technischen Thermoplasten – wesentlich einfacher im 2K-Spritzguss verarbeiten. Zudem lassen sich thermoplastische Elastomere aufgrund ihrer thermischen Eigenschaften immer wieder recyceln. Das heißt, die aus THERMOLAST® K-Produkten hergestellten Erzeugnisse können am Ende ihrer Lebensdauer in den allgemeinen Stoffkreislauf eingespeist werden.

Dem E-Commerce Rechnung tragen
Mit einem wachsenden E-Commerce steigen auch die Anforderungen an Verpackungen. Dazu gehört z.B. absoluter Auslaufschutz. Der zunehmende Einzelversand von Produkten per Post bzw. Paketdienst verlangt Verpackungslösungen, die neue, besonders hohe Ansprüche an die Dichtigkeit stellen. Für diesen Einsatzbereich wurden spezielle Materialien entwickelt, die auch bei kleinen Abmessungen eine optimale und dauerhafte Dichtwirkung sicherstellen. Um dies zu dokumentieren, wurde die Druck-Spannungsrelaxation an Materialproben gemessen. Die Resultate bestätigen, dass Dichtungen aus diesen Materialien ihre herausragende Rückstellfähigkeit, selbst bei wiederholter Druckbeaufschlagung über mehrere Wochen hinweg, aufrechterhalten. Die für diese Anwendungen speziell entwickelten Reihen sind leichtfließend, was ein gleichmäßiges Füllen der Kavitäten im Spritzgusswerkzeug gestattet. Probleme mit Bindenähten lassen sich so vermeiden. Die jeweilige Formulierung kann auf spezifische Anforderungen eingestellt werden. Dank der guten Kälteelastizität behalten die Materialien ihre Dichtfunktion auch während des Transports und der Lagerung bei tieferen Temperaturen, ohne zu verspröden.

Fazit
Neue Anwendungen aus dem THERMOLAST® K Portfolio, wie Dosierventile und Verpackungsdichtungen, zeigen die Vielseitigkeit dieser TPE-Technologie für mehr Funktion und Leistung im Hinblick auf neue Trends und Herausforderungen im Verpackungsmarkt. Entscheidend für den Markterfolg ist die sorgfältige Abstimmung der Materialien auf den jeweiligen Einsatzzweck, was eine gute Marktkenntnis und aktive Kundenunterstützung voraussetzt. Dazu gehört auch ein „waches Ohr am Markt“, um künftigen Anforderungen gewachsen zu sein. Dies führt z.B. aktuell zur Entwicklung von TPE im weicheren Shore-Bereich für fettige Lebensmittel und Compounds mit einstellbarer Oberflächenfriktion für Dichtungen.

Fakten für Konstrukteure
• Neben der Bereitstellung von Labor- und Praxisdaten zur anwendungsgerechten Auswahl der TPE können Anwender mit einem Servicepaket von der Produktidee bis zur Serienreife unterstützt werden

Fakten für Einkäufer
• Die perfekte Performance und Dichtigkeit von Verpackungen haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Erfolg eines Produktes – und mit dem Vertrieb über E-Commerce steigen die Anforderungen deutlich

Fakten für Qualitätsmanager
• Die vorhandenen TPE erfüllen die relevanten Normen für den Lebensmitteleinsatz
• Services wie Verarbeitungsempfehlungen und ausführliche Migrationsprüfungen für Anwendungen mit Lebensmittelkontakt sorgen von Anfang an für eine hohe Qualität

»2 Lebensmittel werden in sechs unterschiedliche Kategorien eingeteilt (Bild: KRAIBURG TPE GmbH & Co. KG

»2 Lebensmittel werden in sechs unterschiedliche Kategorien eingeteilt (Bild: KRAIBURG TPE GmbH & Co. KG)

Eignung von TPE-Compounds für den Lebensmittelkontakt

Weitere Info: Eignung von TPE-Compounds für den Lebensmittelkontakt (Bild: KRAIBURG TPE GmbH & Co. KG)

Lösungspartner

KRAIBURG TPE GmbH & Co. KG

Zielgruppen

Einkauf, Konstruktion & Entwicklung, Qualitätssicherung