19.11.2024 Engagieren oder zur Belastung werden
Diesmal geht es in der Kolumne weniger um unsere Anpassung an die bekannten zukünftigen Rahmenbedingungen, sondern darum, dass der Dialog stattfindet und schon heute wichtige Signale gesetzt werden.
In der letzten Septemberwoche fand in Thessaloniki in Griechenland die Afera-Jahreskonferenz zum europäischen Klebebandmarkt statt. Und wer genau hinhörte, dem wurde schnell klar, wohin die Reise geht bzw. gehen muss. An der diesjährigen Veranstaltung nahmen fast 150 Interessierte teil, darunter Führungskräfte, technische Expert:innen und Marketingfachleute, die alle ein gemeinsames Ziel verfolgten: die Zukunft der Klebebandindustrie unter den Gesichtspunkten Nachhaltigkeit, Einhaltung von Vorschriften und Markttrends zu „erforschen“ und zu diskutieren. Nachdem wir im vergangenen Jahr konstruktives Feedback erhalten hatten, haben wir wesentliche Anpassungen vorgenommen, um sicherzustellen, dass die diesjährige Konferenz dynamischer, integrativer und für alle Aspekte der Branche relevanter sein würde.
Wenn wir auf die letzten Jahre zurückblicken, haben wir zugegebenermaßen die Verpackungsbänder, die mehr als die Hälfte des Volumens in der Branche ausmachen, vernachlässigt. Auch wenn das Geschäft mit Spezialklebebändern in Bezug auf den Umsatz größer sein mag, können wir es uns nicht leisten, die Bedeutung von Standardklebebändern zu übersehen. Dasselbe gilt für die Verarbeitung von Klebebändern, deren Komplexität nicht zu unterschätzen ist und die hier verdeutlicht wurde.
Themen wie Nachhaltigkeit, Rohstoffe und zukünftige Trends im Bereich Klebstoffe betreffen jeden Sektor unserer Branche. Und hier müssen wir die jüngeren Generationen verstärkt einbeziehen, was uns glücklicherweise gelingt. Im Mittelpunkt vieler Diskussionen stand das Treffen des Afera Flagship Sustainability Project (AFSP). Was diese Sitzung bemerkenswert machte, war ihre Offenheit – Mitglieder:innen, die nicht direkt an den Arbeitsabläufen beteiligt waren, wurden als Beobachtende eingeladen, was ein klares Zeichen für unser Engagement für Transparenz und Inklusivität ist. Im Mittelpunkt der Diskussionen während des AFSP-Treffens standen Strategien zur Reduzierung des CO2-Fußabdrucks, zur Entwicklung umweltfreundlicher Produkte und zur Verbesserung des Abfallmanagements. Dieser offene und zukunftsorientierte Ansatz stellt sicher, dass die Klebebandindustrie die steigenden regulatorischen Anforderungen erfüllt und gleichzeitig weiterhin eine Vorreiterrolle bei nachhaltigen Innovationen einnimmt. Das Tool „TACK“, das wir in Zusammenarbeit mit unseren Mitgliedern und dem IVK entwickelt haben, wurde vorgestellt und stieß auf großes Interesse. Mehr dazu auf der Afera-Website.
In der Sitzung „Market Data & Trends“ wurde deutlich, wie wichtig es ist, Innovation und Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen. Ein Ergebnis: Nachhaltigkeit ist nicht mehr nur eine Option, sondern eine Notwendigkeit für den zukünftigen Erfolg der Branche.
Die Keynote-Präsentation von Christina Stathopoulos, Gründerin von Dare to Data, zum Thema Künstliche Intelligenz regte besonders zum Nachdenken an. Sie konzentrierte sich darauf, wie KI die Fertigung und weitere Bereiche eines Unternehmens verändert. Deutlich wurde hier das Potenzial der KI, die Effizienz zu steigern, Abfall zu reduzieren und die Nachhaltigkeit in der gesamten Wertschöpfungskette zu fördern. KI könnte also viele Möglichkeiten für die Klebebandindustrie bieten. Ein zentrale Botschaft war: „KI ist nicht der „Feind“! und konkurriert nicht mit der Arbeitsweise von Unternehmen. Diejenigen, die KI nutzen können und dies auch tun, sind leistungsfähige Mitbewerber.“
Eine umfassende Analyse des globalen Marktes für druckempfindliche Spezialklebebänder mit den Wachstumstrends von 2024 bis 2029 lieferte wertvolle Informationen für Unternehmen, die sich den Herausforderungen und Chancen stellen wollen, die der Klebebandmarkt in Zukunft bieten wird.
Neben diesen zukunftsorientierten Diskussionen befassten wir uns auch mit den unmittelbaren Herausforderungen, denen sich die Branche gegenübersieht. Ein Thema war die Rohstoffsituation für die Klebstoffindustrie und die wachsende Komplexität beim Ressourcenmanagement. Auch hier wurde die Notwendigkeit einer nachhaltigen Beschaffung und die Notwendigkeit von Materialinnovationen, um Störungen in der Lieferkette und steigende Kosten abzufedern, erörtert. Vertieft wurden die Themen dann in einer lebhaften Podiumsdiskussion.
Gleiches galt für das Thema „Nachhaltigkeit“ und die zu beachtenden Regulatorien – z.B. ESG-Praktiken – mit besonderem Schwerpunkt auf CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive). Die CSRD legt fest, welche Unternehmen ab 2024 zu einer Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet sind und wie diese Berichterstattung gestaltet werden soll. Interessant war hier die Positionierung der Finanz- und Versicherungswelt, die sich kurz und knapp zusammenfassen lässt: „Unternehmen, die sich nicht engagieren, werden zur Belastung.“
Was die Tagung gezeigt hat: Wenn wir uns den aktuellen Fragen stellen und engagiert an Lösungen arbeiten, wird die Klebebandindustrie in den kommenden Jahren relevant, nachhaltig und innovativ bleiben. Ich bin zuversichtlich, dass wir gut gerüstet sind, um diese Branche in eine vielversprechende, nachhaltige und integrative Zukunft zu führen. Wenn wir uns nicht entsprechend und vielfältig engagieren, droht die Gefahr, dass wir zur Belastung werden. Und wir sollten mehr als der oben gezeigte Felsblock für die nächste Generation sein.
„Derzeit werden viele Weichen gestellt und Unternehmen müssen entscheiden, ob sie sich ernsthaft engagieren oder auf lange Sicht zur Belastung werden. Die Entscheidung darüber kann auch aus ganz unterschiedlichen Richtungen getroffen werden.“ Dr. Evert Smit, President AFERA