Emissionen bei  Verbrennungsmotoren reduzieren

Moderne Verbrennungs­motoren profitieren von Hochleistungsdichtungen aus HyTemp® H570 (Bild: Zeon Europe GmbH)

29.11.2019 Emissionen bei Verbrennungsmotoren reduzieren

Neuer HT-ACM-Werkstoff für anspruchsvolle Automotive-Dichtungen

von Dr. Marcus Santoso (Zeon Europe GmbH)

Dass „neue Mobilitätslösungen“ derzeit die Schlagzeilen beherrschen, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass auf absehbare Zeit noch viele Fahrzeuge verbrennungsmotorisch angetrieben werden. Dass auch hier die Entwicklung nicht stillsteht, zeigt u.a. ein neuer HT-ACM-Werkstoff für Hochleistungsdichtungen.

Hybridkonzepte, d.h. eine Kombination aus E-und Verbrennungsmotoren (Bild 1), erlauben heute eine weiterhin uneingeschränkte Mobilität bei gleichzeitig reduziertem CO2-Ausstoß. Hier spielen Dichtungen aus Hochleistungswerkstoffen eine zentrale Rolle. Mit den steigenden Anforderungen an Dichtungen steigen zwangsläufig die Anforderungen an die eingesetzten Elastomere. Moderne Verbrenner müssen verschärfte umweltrechtliche Bestimmungen mit dem Ziel der Emissionsreduktion erfüllen. Dies führt neben Design­änderungen an Motor und Antriebsstrang auch zum Einsatz neuer Hochleistungswerkstoffe für Dichtungen. Dabei liegt der Schlüssel in der Kombination aus der maßgeschneitderten Konstruktion der Dichtstellen und der Einsatz moderner Werkstoffe. Hochleistungsdichtungen müssen heute den hohen Anforderungen umweltfreundlicher bzw. emissionsarmer Verbrennungsmotoren gerecht werden. Die Hochtemperaturbeständigkeit der Werkstoffe und die Medienbeständigkeit gegen neuartige und zum Teil aggressive Motoröle sind maßgeblich für die Materialauswahl. Vor diesem Hintergrund wurden neue HT-ACM-Typen entwickelt, die bei hohen Temperaturen und in aggressiven Medien ohne Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit einsetzbar sind. Die HT-ACM-Typen von Zeon sind für den Einsatz in Dichtungen in Verbrennern geeignet, wie eine Studie im Hinblick auf ihre Beständigkeit gegenüber Schmierstoffen, Getriebeölen sowie sauren und basischen Kondensaten bei hohen Temperaturen zeigt.

ACM hat sich bewährt
Polyacryl-Kautschuke (Polyacrylate) sind Polymere auf Basis von Acrylsäureestern, die außerdem Monomere mit reaktiven Gruppen enthalten, um eine Vernetzung zu ermöglichen. Aufgrund der gesättigten Hauptkette weisen sie eine ausgezeichnete Beständigkeit in anspruchsvollen Umgebungsbedingungen auf. In der ASTM- und der SAE-Klassifizierung sind Polyacrylat-Elastomere unter dem Begriff „ACM“ bekannt. Sie werden mit D2000 bzw. J200 bezeichnet und gehören zur Gruppe der öl- und hochtemperaturresistenten Spezialkautschuke mit einer Dauertemperaturbeständigkeit von 150 °C (ACM-Typen) bzw. 175 °C (HT-ACM-Typen). ACM wird zu 80 % im Automobilbereich eingesetzt, wo die meisten OEM-Spezifikationen verfasst werden. Diese zeigen deutlich, dass ACM viel leistungsfähiger ist, als die ASTM- bzw. SAE-Klassifizierungen zeigen. Mit der HyTemp® ACM-Produktlinie von Zeon stehen Werkstoffe zur Verfügung, die im Dauertemperaturbereich von -40 °C bis 175 °C und bei kurzzeitigen Temperaturbelastungen von bis zu 200 °C einsetzbar sind. Diese ACM-Typen werden derzeit von allen großen OEMs weltweit spezifiziert und eingesetzt.

Während alle ACM-Typen aufgrund ihrer Struktur (der eingesetzten Monomere sowie deren Verhältnis zueinander) eine ausgezeichnete Beständigkeit in anspruchsvollen Umgebungsbedingungen aufweisen, ist jeder Polymertyp zusätzlich für ein bestimmtes Einsatzgebiet maßgeschneidert. ACM-Typen für Dichtungsanwendungen sind für das Spritzgussverfahren optimiert, während andere vorzugsweise für Extrusionsanwendungen einsetzbar sind.

Untersuchungsergebnisse Hoch- und Tieftemperaturbeständigkeit
In einer Studie wurden verschiedene HT-ACM-Typen von Zeon sowie deren Einsatzgebiete und Eigenschaften untersucht. Hauptaugenmerk lag auf der für Dichtungsanwendungen neu entwickelten HT-ACM-Type HyTemp® H570, welche sowohl exzellente Hochtemperatureigenschaften als auch eine gute Kälteflexibilität bis -40 °C aufweist. Die Eigenschaften dieses Polymers wurden den Eigenschaften von zwei anderen für Dichtungsanwendungen geeigneten HT-ACM-Typen gegenübergestellt: HyTemp® AR12B und HyTemp® AR14. AR12B ist ein schnell vernetzender HT-ACM-Typ, der besonders für Spritzguss oder Transferspritzpressen geeignet ist, und AR14 ein kälteflexibler Typ für den Einsatz bis -40 °C, der für verbesserte Tieftemperatureigenschaften auch im Verschnitt mit anderen HT-ACM-Typen eingesetzt wird.

Dichtkraft und Ölbeständigkeit bei erhöhten Temperaturen
Um die Medienbeständigkeit der HT-ACM-Compounds zu untersuchen, wurden Lagerungstests bei 150 °C über einen Zeitraum von 1.008 h in Mobil 1 0W20 (vollsynthetisches Motoröl), Dexron VI (Automatikgetriebeöl) und den Referenzölen SF105G (SAE), Lubrizol OS206304 (EU) und IRM 903 (ASTM) durchgeführt. Alle analysierten Compounds weisen eine gute Beständigkeit auf, vor allem hinsichtlich Zugfestigkeit und Volumenänderung. Die Shore A-Härte von H570 nimmt nach einer Lagerzeit von 1.008 h ab, während jene von AR14 und AR12B ansteigt. Nach derselben Lagerzeit liegen die verbleibenden Zugfestigkeiten und Bruchdehnungen von H570 bei über 90 % der Ausgangswerte. Hingegen liegen die verbleibenden Bruchdehnungen von AR12B und AR14 nach 1.008 h Lagerzeit unter 70 % (bezogen auf die jeweiligen Ausgangswerte). Die Analyse der Druckspannungsrelaxation (DSR) zeigt, dass die von den OEMs meist geforderte Restdichtkraft von 20 % nach 1.008 h bei allen Compounds überschritten wird. Die höchste Restdichtkraft wird mit H570 erreicht.

Die Hauptanwendung von AR14 sind statische Getriebedichtungen sowie dynamische Dichtungen von Achsen und Antriebssträngen. Diese Anwendungen erfordern eine Tieftemperaturbeständigkeit von ungefähr -40 °C. Darüber hinaus weist AR14 sehr geringe Eigenschaftsänderungen nach Lagerung bei 150 °C für 1.008 h in diversen in der Automobilindustrie gebräuchlichen Fluiden auf, darunter insbesondere sehr geringe Quellung und exzellenten Erhalt der Bruchdehnung. Die Analyse der Volumenänderung von Elastomercompounds nach Medienlagerung wird herangezogen, um festzustellen, ob die Änderung der Dichtkraft während der DSR-Messungen auf Quellung zurückzuführen ist. Die Untersuchungen zeigen, dass die Restdichtkraft nach 1.008 h Lagerzeit bei 150 °C in verschiedenen Prüfmedien nicht von der Quellung der HT-ACM-Compounds abhängig ist. Die physikalischen Eigenschaften zeigen trotz der Abnahme der Dichtkraft keine Verschlechterung durch die Lagerung in den Prüfmedien.

Druckverformungsrest (DVR)
Wie erwähnt, bevorzugen einige OEMs die DSR-Prüfung anstelle der DVR-Messung. Die Relevanz der DVR-Messung sollte dennoch nicht unterschätzt werden, da sie Bestandteil zahlreicher Spezifikationen ist. Die Messungen in dieser Studie wurden gemäß ASTM- und ISO-Standards bei 175 °C mit einer Lagerungszeit von 168 h und 504 h durchgeführt.

Immer mehr Spezifikationen fordern die Verwendung von ISO 815-1, Methode B, bei der die Abkühlung der Prüfkörper unter Belastung erfolgt, da hier die bleibende Verformung generell höher ist als bei Heißentformung (Methode A). Die Abkühlzeit beträgt hier 30 min bis 120 min. Danach werden die Prüfkörper entlastet und für weitere 30 min gelagert, bevor sie gemessen werden.

In der Studie wurden Daten gemäß der ISO-Methode A und der ASTM-Methode B ermittelt. Bei beiden Methoden werden die Prüfkörper im heißen Zustand entlastet. Aufgrund der kleineren Probengeometrie ergeben sich für die DVR-Messung nach der ISO-Methode signifikant höhere Werte. So weist z.B. die HT-ACM-Type H570 nach 504 h Belastungszeit bei 175 °C einen DVR von 54 % bei der ISO-Messung auf, während jener bei der ASTM-Messung bei nur 31 % liegt. Interessanterweise ist festzustellen, dass die DVR-Ergebnisse der HT-ACM-Compounds nur eine geringe Abhängigkeit von der Messmethode zeigen. Beispielsweise hat H570 nach Kaltentformung einen DVR von 57 %, während der Wert nach Heißentformung bei 54 % liegt (nach 504 h Belastungszeit bei 175 °C).

Lagerung in sauren und basischen Medien
Aufgrund der immer strenger werdenden Emissionsgesetze ist eine kontinuierliche Anpassung des Designs von Motor und Nebenaggregaten notwendig. Die entstehenden aggressiven sauren und basischen Medien müssen somit bei der Auslegung von Elastomercompounds berücksichtigt werden. Die Ergebnisse der Eigenschaftsänderungen der HT-ACM-Dichtungstypen AR12B und H570 nach Lagerung in Essigsäure, Schwefelsäure sowie Ammoniak nach 504 h bei 100 °C und nach Lagerung in BMW Blow-By-Kondensat II nach 24 h bei 120 °C zeigen deutlich, dass diese Elastomere eine hohe Beständigkeit gegen die untersuchten Medien aufweisen. Nach Rücktrocknung werden die ursprünglichen Werte nahezu wieder erreicht.

Fazit
In dieser Studie wurden bewährte und neu entwickelte HT-ACM-Typen für Dichtungsanwendungen analysiert. Die Materialien sind für den Langzeiteinsatz bei 175 °C sowie den Kurzzeiteinsatz bei 200 °C geeignet. Wie mittels verschiedener physikalischer Messungen gezeigt wurde, weisen sowohl die bewährten Typen AR12B und AR14 als auch die neu entwickelte Type H570 eine exzellente Beständigkeit gegenüber Alterung in aggressiven Medien, wie sie von OEMs spezifiziert werden, auf. Zusätzlich zu dieser Performance kann mit H570 ein sehr breiter Temperaturbereich abgedeckt werden, da diese HT-ACM-Type nicht nur sehr gute Hochtemperatureigenschaften aufweist, sondern durch die gute Kälteflexibilität auch einen Einsatz bis -40 °C erlaubt.

Fakten für Konstrukteure
• Es stehen verschiedene HT-ACM-Typen für Dichtungen von modernen Verbrennungsmotoren zur Verfügung

Fakten für Qualitätsmanager
• Untersuchungen mit verschiedenen gebräuchlichen Medien belegen das breite Einsatzspektrum

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Lösungspartner

Zeon Europe GmbH
Zeon Europe GmbH

 

Branchen

Automotive

Zielgruppen

Konstruktion & Entwicklung, Qualitätssicherung, Einkauf