17.09.2018 „Die zeit- und kostenintensiven Schnittstellen lösen wir“
Kleb- und Dichtstoffe, Dosiertechnik und Automatisierung aus einer Hand
Automatisierung etc. führen bei vielen Abdichtungs- und Verklebungsprojekten schnell zu hoher Komplexität. Hier geht es für Christian Eicke, Vertriebsleiter der Drei Bond GmbH, mit dem sich DICHT! vor dem Hintergrund des Wandels zur E-Mobility unterhielt, um einfache und wirtschaftliche Lösungen, indem man z.B. Schnittstellenprobleme gar nicht erst aufkommen lässt.
E-Mobility ist derzeit ein Mega-Trend. Inwieweit sind Sie in diesem Kontext mit neuen Anforderungen konfrontiert?
Eicke: Ein Wechsel der Antriebsart von Fahrzeugen tangiert unsere Kernkompetenz immer, doch wir haben uns – von Beginn an – intensiv mit Dicht- und Klebelösungen für den „Powertrain“ beschäftigt und kennen dieses Segment nach fast 40 Jahren daher sehr gut. Neben neuen technischen Lösungen, die benötigt werden, um diese Antriebstechnologie mit der gleichen Zuverlässigkeit zu betreiben wie mit der von Verbrennungsmotoren, darf allerdings ein weiterer Aspekt nicht unterschätzt werden: Unsere Automotive-Kunden verlassen mit diesem Technologiewechsel eine ihrer Kernkompetenzen und Komfortzonen – den Verbrennungsmotor. Sie werden sich zukünftig bei E-Fahrzeugen noch mehr auf die Entwicklung von neuen Antriebskonzepten und Fahrzeugen fokussieren. Und natürlich werden mit dieser Entwicklung auch neue Dichtstoffe gefordert, die, z.B. im Hinblick auf multiple Medienbeständigkeiten und Silikonfreiheit, steigenden Anforderungen gerecht werden müssen. Dies führt, angesichts der Tatsache, dass wir bei unseren anspruchsvollen Kunden in den letzten Jahren einen deutlich höheren Beratungsaufwand im Hinblick auf geeignete Kleb- und Dichtstoffe sowie hinsichtlich der passenden Dosiertechnik feststellen konnten, zu einer noch intensiveren und weiter reichenden Zusammenarbeit.
Was bedeutet dies konkret?
Eicke: Die Automobilindustrie arbeitet schon immer in hohem Maße arbeitsteilig, was dann angesichts der Qualitätsanforderungen an das Endprodukt in hohe Anforderungen an Zulieferer und Systemlieferanten mündete. Hier wird viel unter dem Begriff „Prozesssicherheit“ subsumiert. Die hat aber nicht nur technische Aspekte: Unsere Kunden wollen sich ganzheitlich auf einen Partner verlassen. Sie sind nicht mehr daran interessiert, das Thema Kleb- bzw. Dichtstoff vom Dosierprozess zu trennen und formulieren dies entsprechend in den Pflichtenheften. Und letztendlich macht es auch in wirtschaftlicher und qualitativer Hinsicht Sinn, Dicht- bzw. Klebstoff und Dosiertechnik gemeinsam sowie prozessintegriert zu betrachten. Deshalb testen wir z.B. die für ein Projekt relevanten Kleb- und Dichtstoffe immer direkt auch auf ihre Dosierbarkeit. Zudem haben unsere Kunden bereits in einer frühen Entwicklungsphase die Möglichkeit, Prototypenteile in unserem Technikum automatisiert und daher sehr nahe an den zukünftigen Prozessen zu untersuchen. Auch weitere Qualitätsprozesse, wie z.B. die automatisierte Plasmareinigung, gehören inzwischen zu den Standards in unserem Technikum. Grundsätzlich löst unser „Alles-aus-einer-Hand-Konzept“ die Schnittstellen für Anwender und macht es damit einfacher und effektiver für ihn.
Welche „Schnittstellen“ sind hier gemeint?
Eicke: Die sind projektbezogen z.T. unterschiedlich, aber so haben wir, z.B. bei unseren großen E-Antriebs-Projekten, die Erfahrung gemacht, dass allein die sehr frühe Betrachtung der später zu errichtenden Fertigungsprozesse, in Verbindung mit dem Dichtstoff und den Anforderungen seitens der Entwicklung, zu großer Zeitersparnis und Sicherheit geführt haben. Im gesamten Projekt wussten alle Beteiligten immer, wie schnell und in welchen Lagen dosiert wird, wann der nächste Arbeitsschritt folgen kann und wann eine frühestmögliche EOL- (Endof-Line) Prüfung erfolgen kann. Mit unserem Ansatz haben wir auch die Fertigungsplanung sehr früh mit an den Tisch der Entwicklung gebracht, was viel Abstimmungszeit sparte und zudem Planungssicherheit gebracht hat. Und auch um diese Sicherheit geht es, wenn neues Terrain betreten wird.
Wie sieht das in der Praxis aus?
Eicke: Bei einem E-Antriebskonzept haben wir z.B. zu einem sehr frühen Zeitpunkt Komponenten des Antriebs direkt vom Kunden sowie von seinen Lieferanten erhalten. Diese Komponenten (Getriebe, Motorgehäuse) haben wir dann auf unseren Dosieranlagen eingerichtet. An den dann eingerichteten Bauteilen wurden von uns viele Dosierversuche, nebst Versuchen mit eigenen unterschiedlichen Dichtstoffen und Versuchen zur Oberflächenreinigung in Verbindung mit verschiedenen Reinigungsprozessen (z.B. Plasma usw.), gefahren und auf dieser Basis wurde die optimale Lösung vorgeschlagen. Die Erkenntnisse aus diesen Versuchen hätte der Kunde im Normalfall erst im Betrieb bzw. in der Vorserie machen können.
Das ist aber nur ein Aspekt. Mit der zunehmenden Automatisierung von Prozessen müssen wir diese mit in die Lösungen einbeziehen. So sind wir heute in der Lage, erweiterte automatisierte Prozesse gemeinsam mit unseren Kunden zu betrachten. Dazu werden wir zeitnah in unserem Technikum über eine Roboterzelle, mit Unterstützung unserer Unternehmensschwester, der LWB Automation, ausgestattet mit allen Dosiermöglichkeiten, verfügen. Damit decken wir auch die Schnittstelle der Automatisierung in unseren Lösungen ab.
Ist E-Mobility die Antriebstechnologie der Zukunft oder stellen Sie sich auch auf andere Technologien mit Ihren Lösungen ein?
Eicke: Wir sind da nicht festgelegt und – schon immer – ein sehr offenes und aufgeschlossenes Unternehmen. Mal abgesehen von der E-Mobility und der konventionellen Antriebstechnik werden wir natürlich der Fügetechnik des 21. Jahrhunderts, dem Kleben, treu bleiben. Hier werden wir uns noch vielen Herausforderungen stellen müssen, die wir heute noch gar nicht kennen. Gleiches gilt für unsere Dosiertechnik – hier arbeiten wir permanent mit viel Energie an neuen Lösungen. Und es werden ja nicht immer nur Kleb- und Dichtstoffe dosiert. Die Grenzen sind fließend und gerade im Bereich E-Mobility ist die Dosierung von Wärmeleitpasten ein gutes Beispiel für diese Entwicklung und auch ein durchaus herausforderndes Thema, wenn man es richtig machen will.
Wie wird sich Ihr Ansatz angesichts immer vielschichtigerer Rahmenparameter weiterentwickeln?
Eicke: Der ganzheitliche Ansatz ist unser Markenkern und da wir so an verschiedenen Stellen die Schnittstellen für unsere Kunden verbinden, sind wir entsprechend gefordert. Denn einerseits erwarten die Anwender auch für neue Anwendungen die einfach zu handhabenden und zu beherrschenden Kleb- und Dichtstoffe, die sie von uns gewohnt sind. In diesem Zusammenhang wird die zunehmend wichtige Dienstleistung der Klebstoffvalidierung für unsere Kunden an Bedeutung gewinnen. Hier werden wir mit neuen Analysetechniken und -geräten zukünftig immer genauere Daten liefern.
Andererseits ist, auch wenn die Anforderungen immer komplexer werden, die Dosierung von Kleb- und Dichtstoffen durchaus preissensitiv. Deshalb werden wir uns bei der Dosiertechnik neben dem reinen Sondermaschinenbau vermehrt der Standardisierung widmen. Nicht jedes Projekt braucht eine Sondermaschine und unsere breite Projekterfahrung fließt zukünftig in standardisiertere Dosieranlagen für die Industrie ein, was unser Angebot attraktiver macht. Darüber hinaus werden wir unsere kundenspezifischen Dosierprozesse in unserem Technikum weiter ausbauen. Diese Vorgehensweise spart erfahrungsgemäß viel Zeit und Geld und schafft Vertrauen in die gewählte Lösung – insbesondere deshalb, weil wir hier sehr nah an den tatsächlichen Produktionsprozessen arbeiten.
Einen weiteren Fokus legen wir auf optimierte und automatisierte Prozesse. Hier werden wir unser Konzept, gemeinsam mit unserer neuen Unternehmensschwester LWB Automation, die über hohe Kompetenz im Bereich der Automatisierung, Roboterzellen etc. verfügt, weiter ausbauen.
Bisher lag Ihr Fokus auf der Automobilindustrie – wird sich daran was ändern?
Eicke: Ja und nein – die Automobilindustrie ist und bleibt ein wichtiger Partner für uns. Darüber hinaus haben wir aber schon vor einiger Zeit damit begonnen, unsere Lösungen in anderen Branchen wie dem Maschinenund Anlagenbau usw. zu positionieren. Diesen Schritt gehen wir derzeit mit all unserer Erfahrung, die wir nun knapp 40 Jahre in der Automobilindustrie gesammelt haben und wovon diese Branchen durchaus profitieren.
Vielen Dank für das Gespräch.
„Automatisierung wird in unseren ganzheitlichen Lösungen eine immer größere Rolle spielen – die Kompetenz dafür haben wir inzwischen im Unternehmensverbund.“ Christian Eicke, Vertriebsleiter, Drei Bond GmbH