17.09.2018 Die Werkstoffe sind gefordert
Aktuelle Einschätzungen zu Entwicklungen und Trends bei Dichtungsrohstoffen und -mischungen
Viele Anforderungen an Dichtungen lassen sich oft nur noch werkstoffseitig lösen – und dies auch nur mit neuen Mischungen und Hochleistungswerkstoffen. Das Positive ist, dass für viele Fragestellungen Lösungen zur Verfügung stehen oder in Arbeit sind – ein Überblick.
Seit einigen Jahren beobachten wir steigende Anforderungen an die Temperaturbeständigkeit unserer Materialien (extrem hohe und tiefe Temperaturbereiche), insbesondere in Verbindung mit Hochleistungsschmierstoffen und neuen/speziellen Kraftstoffen. Die Ursache für diese Veränderungen sind schärfere gesetzliche Anforderungen und Normen, als auch der Wunsch unserer Kunden, ihre Produkte weltweit einsetzen zu können, d.h. Dichtungen müssen sowohl in arktischer Kälte als auch in brennender Hitze zuverlässig abdichten, Reibung minimieren und Komfort gewährleisten. Wir haben für solche Extremeinsätze u.a Tieftemperatur-Mischungen für Stoßdämpferdichtungen entwickelt und durch eine spezielle Technologie gegen Verschleiß resistent gemacht. Es gilt also, tieftemperaturresistente Polymere mit neuen Monomer-Kombinationen zu entwickeln. Außerdem werden unsere Produkte heutzutage in einem breiteren Anwendungsspektrum eingesetzt. So müssen Dichtungen z. B. in den neuen Automatikgetrieben mit 9 bis 10 Gängen hohen Temperaturen und Drücken widerstehen. Das führt dazu, dass die klassischen Elastomere immer häufiger durch Hochleistungsthermoplaste wie PEEK oder PAI ersetzt werden. Auch
technologische Entwicklungen wie die Elektromobilität haben Auswirkungen auf unsere Werkstoffe. So sehen wir einen Trend weg von den klassischen Elastomeren hin zu hochleistungsfähigen Polymeren, wie z. B. thermoplastischen Werkstoffen wie PEEK oder PTFE oder High Performance Plastics (HPP). Und es gibt wachsenden Bedarf nach funktionalisierten Werkstoffen, also wärme- und elektrisch leitfähigen sowie brandschutzbeständigen Materialien (z. B. nach Norm UL94V0).
In der Vergangenheit haben Dichtungen hauptsächlich Verbindungen zuverlässig und störungsfrei abgedichtet. Auf der Basis unserer Materialkompetenz haben wir das Einsatzspektrum unserer Dichtungen schrittweise erweitert, indem wir die Werkstoffe, z. B. für große Temperaturbereiche oder gegen ein breites Spektrum an Medien, weiterentwickelt haben. Danach wurden die Dichtungen mit Zusatzfunktionen ausgestattet, wie z. B. dem Encoder oder dem Simmerring mit elektrisch leitfähigem Vlies. Jetzt folgt die Funktionsintegration in die Dichtungswerkstoffe, wodurch Dichtungen als Sensor oder sogar als Aktuator eingesetzt werden können und die Dichtung ihren eigenen Verschleiß überwacht, Kräfte misst oder andere Funktionen übernimmt. Wir entwickeln also die klassischen Dichtungen kontinuierlich weiter. Dabei müssen nicht nur neue Materialien entwickelt werden. Der Mehrwert für den Kunden kann auch durch eine
optimierte Designlösung geschaffen werden, die u.a. auch auf neue Materialkombinationen zurückgreift. Darüber hinaus können wir dank unserer Materialkompetenz neue Produkte entwickeln, die mit klassischen Dichtungen nicht mehr viel gemeinsam haben. Wie z. B. unser neues Hitzeschild, das in prismatischen und Pouch-Zellen in Lithium-Ionen-Akkus nahezu bauraumneutral eingesetzt werden kann und dort verhindert, dass eine einzelne schadhafte Zelle zu einer Überhitzung eines gesamten Batteriemoduls führt. Dieses Hitzeschild kombiniert die hohe Hitzebeständigkeit eines silikonbasierten Elastomers mit der hohen Wärmeisolation von Luft. Natürlich haben technologische Veränderungen wie die Elektromobilität einen großen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung bei den Werkstoffen. Wir beobachten in diesem Bereich eine Verschiebung aufgrund anderer technischer Anforderungen: So steht die Widerstandsfähigkeit gegen aggressive Medien nicht mehr so stark im Fokus. Stattdessen müssen Werkstoffe auf die Anforderungen der Elektromobilität zugeschnitten sein, also z. B. wärme- und elektrisch leitfähig sein. Unsere Materialentwicklung ruht im Bereich Automotive deshalb auf drei „Säulen“: Werkstoffe für E-Mobilität, Dichtungsmaterialien für die Brennstoffzelle und für deren Peripherie sowie Werkstoffe für den Einsatz mit alternativen Kraftstoffen.
„Gravierende technologische Veränderungen in Zielmärkten bieten immer die Möglichkeit, unsere Produkte mit einem Mehrwert für Kunden und Endverbraucher langfristig weiterzuentwickeln.“ Dr. Ernst Osen, Vice President Technology & Innovation, Material Technology, Freudenberg Sealing Technologies GmbH & Co. KG
„Gravierende technologische Veränderungen in Zielmärkten bieten immer die Möglichkeit, unsere Produkte mit einem Mehrwert für Kunden und Endverbraucher langfristig weiterzuentwickeln.“ Dr. Boris Traber, Global Director Advanced Material Development, Material Technology, Freudenberg Sealing Technologies GmbH & Co. KG Freudenberg Sealing Technologies GmbH & Co. KG