„Der Wandel der Automobil-Industrie erfordert neue Lösungsansätze“

Dosieranalgen werden immer komplexer (Bild: DoBoTech AG)

16.09.2019 „Der Wandel der Automobil-Industrie erfordert neue Lösungsansätze“

Aus Dosieranlagen werden komplexe technologie- und prozessübergreifende Automatisierungskonzepte

Das prozesssichere Dosieren von Dicht- und Klebstoffen wird immer wichtiger und die Anforderungen der Automobil-Industrie ändern sich kontinuierlich. Dabei werden z.B. aus Dosieranlagen komplexe und interdisziplinäre Technologie- und Automatisierungskonzepte, beschreiben Nikolaus Theato, Geschäftsführer, und Olaf Letzner, Vertriebs- und Projektleiter der DoBoTech AG, die Entwicklung und erläutern im Gespräch die Schlüsse, die sie daraus für das Unternehmen ziehen.

Was bedeutet es in der Praxis, wenn aus Dosieranlagen Automatisierungskonzepte werden? Letzner: Für uns bedeutet das zunächst, dass wir frühzeitig in die Konzepterarbeitung eingebunden werden – z.B. in Form von Workshops mit den Entwicklungs- und Planungsabteilungen, die in einen bilateralen Lernprozess münden. Diese Entwicklung bedingt natürlich auch intern entsprechend angepasste Planungs-, Konstruktions- & Projektierungsvorgehensweisen. Dabei ändert sich auch die Sichtweise auf Projekte, denn es geht weniger um Einzelkomponenten und -prozesse, sondern vielmehr um ihre interdisziplinäre und intelligente Kombination. Organisatorisch gehört für uns auch intern der Transfer und das Management des neu gewonnenen Know-how dazu, was wir inzwischen durch eine selbstentwickelte Intranet-Lösung gelöst haben. Fertigungstechnisch reagieren wir mit dem Ausbau unserer Fertigungstiefe, um schnell und flexibel auf Markt- und Kundenanforderungen reagieren zu können.

Was bedeutet es für einen „Anlagenlieferant“, wenn er Generalunternehmer wird?
Theato: Durch unsere strategische Neuausrichtung sehen wir uns mit verschiedenen Aspekten konfrontiert. Die mit dieser Entwicklung einhergehende Expansion der Gruppe bedeutet zugleich eine höhere Kapitalbindung und steigende Haftungsrisiken, die man nur als solide und nachhaltig gewachsenes Unternehmen bedienen kann – insbesondere im Mittelstand.
Letzner: Auf der anderen Seite eröffnen sich durch wachsende und neue Kundennetzwerke Wachstumspotenziale, die auch neuer, differenzierter Marketing- und Vertriebsstrategien bedürfen. Denn neue Branchen-, Kunden-, Technologie- und Marktanforderungen setzen voraus, dass man willens und fähig ist, den Entwicklungsbedarf für neue Technologien zu decken – und in der Lage ist, globale Anforderungen an die Servicekompetenz und Support-Dienstleistungen zu erfüllen.

Welchen Trends und Marktentwicklungen tragen Sie mit Ihrer Neuausrichtung Rechnung?
Letzner:
Grundsätzlich werden Komplexität und Anforderungen immer größer. Wir bewegen uns heute in einem stetigen Spannungsfeld zwischen immer kürzer werdenden Produktentwicklungszyklen, z.B. für die E-Mobilität, sich ändernden Werkstoff-, Produkt-, System- und Qualitätsanforderungen sowie dem Trend zur Varianten-Flexibilisierung von Montagelinien. Das Beispiel der Mobilität der Zukunft verdeutlicht dieses Spannungsfeld gut: Welcher Mix aus E-Mobilität, Brennstoffzellen-Technik, Hybrid-Technologien, Verbrennern wie dem Diesel oder alternativen Kraftstoffen setzt sich in welcher Zeitschiene durch und welche Optionen von denen heute noch niemand redet, kommen dazu? Das bedeutet, die volatilen Rahmenbedingungen und Anforderungen, denen wir uns als Spezialist in einer Nischentechnologie stellen müssen, sind erheblich – gerade in Kombination mit zunehmend interdisziplinären Konzepten und Turnkey Solutions. Letztendlich ist damit jedes Konzept ein Unikat, das gezielt auf ein Projekt hin entwickelt wird. Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Aspekt ist der sehr dynamische Wandlungsprozess der Automobil-Industrie. Das bedeutet auch, dass sich historisch gewachsene Kundenbeziehungen verändern und neue, meist junge Gesprächspartner nach neuen Lösungsansätzen fragen. Darauf muss man sich einstellen.

Kommen wir auf die „Unikate“ zurück. Rechnet sich die Losgröße 1 bei Dosier- bzw. Automatisierungslösungen?
Letzner:
Die Frage nach den Kosten lässt sich bei diesen Anforderungen nicht über Standardisierungen beantworten. Denn die Systeme, von denen wir hier sprechen, amortisieren sich über ihre Leistungen und nicht über Einsparungen. Entscheidend ist, dass man die Projekte so effizient wie möglich gestaltet. Deshalb begleiten wir unsere Kunden vom ersten Tag an und bilden Entwicklungspartnerschaften. Die Kombination unseres Dosier-Know-hows mit intelligenten und effizienten Automatisierungskonzepten hilft uns, Synergieeffekte zu nutzen. So realisieren wir Lösungen, die alle Ratio-Potenziale nutzen, und dann rechnet sich das auch für die Anwender.

Was bedeutet die Entwicklung zu Automatisierungskonzepten in diesem Kontext für den zunehmend globalen Einsatz dieser Lösungen – gerade in der Automobilindustrie?
Letzner:
Die globale Fertigung ist ein Faktor, der die Komplexität der Aufgabenstellung erhöht. Hier greift unser Ansatz, interdisziplinäre Technologie-Konzepte mit regional angepassten Automatisierungsstufen für den globalen Einsatz zu realisieren. Das bedeutet dann z.B. auch mal klimatisierte Lösungen für den asiatischen Markt zu realisieren, weil die klimatischen Gegebenheiten dies erfordern. Der gleiche Ansatz ermöglicht auch die effiziente Automatisierung einzelner Prozesse. So stehen z.B. der fortschreitenden Automatisierung in Hightech-Industrieländern Teilautomatisierungen in Tigerstaaten gegenüber. Hier liegt der Fokus nicht unbedingt auf dem Faktor „Lohneinsparung“. Hier stehen eher die Aspekte Reproduzierbarkeit und Qualität manueller Prozesse im Vordergrund.

Kommen wir noch mal auf den Wandel in der Automobil-Industrie und die jungen Projektingenieure. Was verändert sich mit Ihnen?
Letzner:
Ganz salopp – die Neuen ticken anders. Die Herangehensweise junger Projektteams ist aufgrund der Komplexität und auch aufgrund der geringen Erfahrungswerte in den neuen Technologien (E-Mobility) wesentlich dynamischer, pragmatischer und mitunter unorthodox. Man merkt sofort, dass die aus der automotiven Verbrenner-Welt gewohnten Seriendenkweisen teilweise fehlen, aber auch bewusst verlassen werden. Das mündet dann in eine dynamische und partnerschaftliche Zusammenarbeit.

Wie stellt sich Ihr Unternehmen konkret auf diese Entwicklungen und veränderten Rahmenbedingungen ein?
Theato:
Wir haben für uns drei Schritte definiert: Erstens – die räumliche Erweiterung der Montage- und Produktionsflächen, zweitens – die kontinuierliche Qualifizierung unserer Mitarbeiter und drittens – die Rekrutierung neuer Fachkräfte und ihre interne Ausbildung. Mit diesen Maßnahmen wollen wir eine solide Basis für die neuen Herausforderungen schaffen. In der Praxis bedeutet dies die Erweiterung unserer Produktions- und Montagefläche um 3.000 m2. Diese Maßnahme gibt uns ausreichend Spielraum zum Aufbau komplexer Anlagen und Automatisierungssysteme. Darüber hinaus haben wir uns zum 15-jährigen Jubiläum ein Technologieund Ausbildungszentrum auf den früheren Montageflächen am Standort in Schechen geschenkt. In diesem Technikum halten wir zum einen Workshops und Schulungen für Kunden und Partner ab. Die zweite, ebenso wichtige Nutzung sind die internen Schulungen und Maßnahmen zur Mitarbeiterqualifizierung. Zudem testet die Anwendungstechnik im Technikum alle Neuentwicklungen, Prototypen, neue Technologien und macht Kundenversuche. Hier ist zudem die Kleinserienfertigung von Dichtungssätzen für den Aftersales-Market untergebracht.

Welche zusätzlichen Weichen müssen Sie stellen, um als mittelständisches Unternehmen global in Trendthemen wie der Mobilität erfolgreich zu sein?
Theato:
Vieles muss im Kopf passieren. Sie müssen Veränderungen voll und ganz begleiten und mitdenken. Die Veränderung der Mobilität zeichnet sich ja schon viele Jahre ab. Und wir haben bereits seit mehreren Jahren E-Fahrzeuge im Fuhrpark und Beteiligungen an Unternehmen, die E-Scooter entwickeln, welche wir dann intern in Kleinserie produzieren. Wir befassen uns also im „Selbstversuch“ mit der, ich nenne es mal „Mobilen Revolution“ und haben so schnell nicht nur das Potenzial, sondern auch die immensen Herausforderungen, die heute und in der Zukunft dabei entstehen, erkannt. Eine zentrale Erkenntnis ist dabei gar nicht neu: Die Herausforderung liegt im Detail, nicht im großen Ganzen. Die „Mobile Revolution“ wird das Mobilitätsverhalten der zukünftigen Generationen verändern und prägen. Sich mit dem Thema selbst aktiv auseinanderzusetzen, ist deshalb die Grundlage für strategische Entscheidungen. Das reicht bis zum Themen-, Informations- und Technologieaustausch innerhalb unserer Gruppe und bis zur globalen Einbeziehung unserer Kunden. Wir sind ganzheitlich gefordert, anders zu denken und neue Wege zu beschreiten

Welche Rolle spielen strategische Partnerschaften bei der Weiterentwicklung des Unternehmens?
Theato:
Bei den großen wirtschaftlichen Herausforderungen sind strategische Partnerschaften wichtiger denn je. Das zeigt sich schon allein dadurch, dass branchen- und größenunabhängig viele große Unternehmen diese Strategie verfolgen, weil einzelne Firmen die Komplexität der Herausforderungen nicht mehr meistern können. Die Zusammenarbeit mit den Global Playern der Automobil-Industrie zeigt uns auf, dass diese Strategie auch für unser mittelständiges Unternehmen eine enorme Bedeutung hat. Wir suchen und generieren deshalb Partnerschaften mit der örtlichen Hochschule und mit Unternehmen, die unsere Entwicklungsziele befruchten und befeuern, ohne dabei den Fokus auf Effizienz und Flexibilität zu verlieren. Die Geschichte lehrt uns, auch anhand der Negativbeispiele für missglückte Partnerschaften, dass sinnvolle Partnerschaften auf gegenseitiger Stärkung beruhen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Kontakt zu Herr Letzner

Kontakt zu Herr Theato

Olaf Letzner, Vertriebs- und Projektleiter, DoBoTech AG
Die aktuellen Marktanforderungen in der Automobilindustrie setzen voraus, dass man willens und fähig ist, den Entwicklungsbedarf für neue Technologien und Services zu leisten und partnerschaftlich mit den Kunden zu gestalten. Olaf Letzner, Vertriebs- und Projektleiter, DoBoTech AG
Nikolaus Theato, Geschäftsführer, DoBoTech AG
Sinnvolle Partnerschaften beruhen auf gegenseitiger Stärkung. Nikolaus Theato, Geschäftsführer, DoBoTech AG

Lösungspartner

DoBoTech AG

Branchen

Automotive

Zielgruppen

Konstruktion & Entwicklung, Einkauf, Unternehmensleitung, Produktion & Fertigung, Qualitätssicherung