31.03.2018 Den Spagat meistern
Zulieferer rüsten sich für die Mobilität der Zukunft
In Zeiten des Übergangs zur neuen Mobilität stehen Automobilzulieferer vor einer großen Herausforderung: Komponenten wie Dichtungen müssen sowohl für Autos von heute als auch für Elektromobilität und autonomes Fahren entwickelt und gefertigt werden. Dabei verändert sich zudem die Rolle von Zulieferern.
Die Automobilbranche steht vor enormen Veränderungen und sieht sich zunehmend mit steigenden Anforderungen seitens der Verbraucher und des Gesetzgebers konfrontiert. Für Lösungsanbieter wie Dätwyler bedeutet dies auch, diesen Herausforderungen mit einer Strategie, die sich an Gegenwart, mittelfristiger Zukunft und langfristiger Ausrichtung gleichermaßen orientiert, zu begegnen.Eine der zentralen Herausforderungen der heutigen Zeit für Automobilhersteller und -zulieferer gleichermaßen sind die enorm gestiegenen gesetzlichen Anforderungen in Hinsicht auf die Reduktion von Emissionen und die Nachbehandlung von Abgasen. Vor allem Dieselfahrzeuge stehen hier im Fokus. Seit September 2015 gilt die Abgasnorm Euro 6 europaweit für neu zugelassene Fahrzeuge mit Dieselmotoren. Damit hat auch die SCR-Technologie (Selective Catalytic Reduction) (Bild 1/2) noch weiter an Bedeutung gewonnen. Diese Technologie zur Abgasnachbehandlung nutzt eine Harnstofflösung auf Wasserbasis als Ammoniakquelle bei der selektiven katalytischen Reduktion. Die wässrige Harnstofflösung AdBlue wird zunächst dosiert in den Abgasstrom eingespritzt. Im nächsten Schritt reagiert die Lösung im heißen Abgas im SCR-Katalysator mit den toxischen Stickoxiden. Dabei entstehen die harmlosen Bestandteile Stickstoff und Wasser. Um diesen Prozess präzise und sicher umzusetzen, müssen die Pump- und Dosiermodule wie deren Förder- und Dichtungskomponenten extrem zuverlässig und resistent sein. Für dieses System entwickelt und fertigt Dätwyler die entscheidenden Elastomerteile, die eine exakte Förderung des Mediums AdBlue gewährleisten. Die Komponenten müssen während des Katalysationsprozesses einerseits Temperaturen von bis zu 150 °C sowie hohen Druckverhältnissen standhalten. Andererseits garantieren die Materialeigenschaften von EPDM (bis zu – 53 °C) und HNBR (bis zu – 35 °C) auch eine zuverlässige Leistungsfähigkeit im Tieftemperaturbereich.
Die gesetzlichen Anforderungen für Emissionen werden noch weiter steigen. Durch die Abgasnorm Euro 6c und Abgasmessungen im Straßenverkehr (Real Driving Emissions) wird sich die Einspritzrate und -menge des AdBlue in Zukunft weiter erhöhen, was eine zusätzliche Belastung für die Elastomerkomponenten bedeutet. Deshalb wird die Weiterentwicklung der Elastomerkomponenten auch in Hinblick auf die stetig wachsenden Anforderungen laufend vorangetrieben, um die Automobilindustrie in der Umsetzung der anspruchsvollen Ziele zu unterstützen.
Aus Zulieferern werden immer mehr Lösungspartner
Diese Entwicklung zeigt, dass Zulieferer sich auch für gegenwärtig benötigte Bauteile immer mehr an möglichst zukunftsträchtigen Technologien orientieren. Besonders effizient ist dies, wenn bereits vorhandene Expertise genutzt und weiterentwickelt werden kann, was bei Dätwyler neben der SCR-Thematik vor allem auch im Bereich der Elastomerkomponenten für Bremssysteme der Fall ist. Auch bei Dichtungskomponenten für Bremssysteme entwickelt man, z.B. für alternative Fahrzeuge, stetig weitere Lösungen.
Zulieferern kommt also in der Mobilität der Zukunft eine noch entscheidendere Rolle zu. 75% der Wertschöpfung von Automobilteilen, die neuen und erhöhten Anforderungen entsprechen, leisten die Zulieferer, wie der Arbeitgeberverband der Metallindustrie Niedersachsen deutlich macht. Durch Akquisitionen bauen die Zulieferer ihre Fähigkeiten aus, um den Herausforderungen der neuen Mobilität zu begegnen. Auch Dätwyler hat seine Expertise durch verschiedene Zukäufe weiter gestärkt. Diese machen deutlich, dass das autonome Fahren ebenso wie die Elektromobilität auch entscheidende Investitionsfelder darstellen.
So stehen durch die Übernahme des Unternehmens Ott, dessen Fokus auf dem Bereich Flüssigsilikone und Thermoplastkomponenten (LSR) liegt, Wissen und Fertigungstechnologien zur Verfügung, die bei der Ausrichtung zur Elektromobilität von großer Wichtigkeit sind. Dies gilt vor allem in Bezug auf die Zunahme von Sensoren, elektrischen Steuermodulen und Bauteilen, die alle hohe Anforderungen an Dichtungskomponenten haben.
Betrachtet man die Rolle von Zulieferern in der Entwicklung der Mobilität der Zukunft, wird deutlich, dass diesen eine unentbehrliche Rolle zukommt. Der von ihnen gelegte Fokus ebenso wie Kompetenz und Expertise in Entwicklung und Fertigung stellen die Weichen.
Diese Beispiele machen deutlich, dass moderne Zulieferer heute Komponenten für aktuell verwendete Technologien fertigen, aber auch deutlich zukunftsorientiert agieren. Die Entwicklung von neuen Werkstoffen und Dichtungskomponenten sowie relevante Unternehmenserweiterungen sorgen dafür, dass die Mobilität von morgen nicht nur Zukunftsmusik bleibt, sondern mit größtmöglicher Sicherheit und Präzision Alltag auf den Straßen wird.
Fakten für Konstrukteure
• Funktionierende Elektromobilität erfordert komplexe Dichtungslösungen. Leistungsfähige Zulieferer können hier mit ihrem Entwicklungs-Know-how wichtige Partner sein, wenn sie früh in Projekte involviert werden
Fakten für Einkäufer
• Mit der Komplexität der Aufgabenstellung ändert sich auch die Funktion – Zulieferer sind Lösungspartner und keine reinen Beschaffungsquellen mehr
Image-Video zur SCR-Technologie
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»1 Dichtungskomponten für die SCR-Technologie (Bild: Dätwyler)
»2 Testergebnisse der SCR-Technologie: HNBR-Materialien zeigen ein vorteilhaft niedriges Quellverhalten im Kontakt mit Diesel im Falle von Fehlbetankung. (Bild: Dätwyler)
»3 Testergebnisse der SCR-Technologie: Sehr niedriges Aufquellen von HNBR und EPDM-Materialien (Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk) im Kontakt mit AdBlue. (Bild: Dätwyler)
»4 Testergebnisse der SCR-Technologie: HNBR- und EPDM-Materialien zeigen sehr gute Langzeitstabilität in AdBlue. (Bild: Dätwyler)