19.11.2024 Aus Bioabfällen werden Klebstoffe und es entstehen Perspektiven für mehrere Branchen
Es schwelt der Orangen benebelnder Duft fast heimlich herbei und berauscht meinen Sinn.“ [1] – Wer mag ihn nicht, den Duft, den Orangen verströmen?
Den einen erinnert er an den Urlaub im sonnigen Süden, den anderen an Winterabende oder gar daran, dass er/sie als Kind vom Nikolaus Orangen geschenkt bekam. Aber wer denkt beim Genuss der Orange an Klebstoffe? Kaum jemand, es sei denn, er hat die Presseinformation des IVK im Mai diesen Jahres gelesen [2]. Darin wird unter der Überschrift „Epoxidharz von Orangenschalen“ über ein deutsch-türkisches Forschungsprojekt berichtet, das die Entwicklung eines biobasierten Epoxidharzes zum Ziel hat – und zwar aus Orangenschalen. Beteiligt sind das SKZ, das Fraunhofer IMWS und das Tübitak Marmara Research Center.
In diesem Verfahren wird zunächst das Orangenöl extrahiert und dann chemisch verändert. In Kombination mit einem Härter entsteht so ein biobasiertes 2K-System, das als Klebstoff, als Bodenbeschichtung oder als Matrixkomponente in Faserverbundwerkstoffen eingesetzt werden kann.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mich begeistern alle Verfahren, die den Abfall industrieller Produktionen – hier geht es ja um den Abfall aus der Orangensaft-Herstellung – in Rohstoffe umwandeln und so die Entsorgungsproblematik reduzieren und gleichzeitig die Verwendung von erdölbasierten Rohstoffen verringern. Ein weiteres großes Potenzial sind überschüssige Ernten in der EU, die oft vernichtet werden. Hier wären sie ein sortenreiner Rohstoff.
Auch dieses innovative Projekt zeigt, dass Abfallprodukte der Lebensmittelindustrie zu einem wertvollen und nachhaltigen Rohstoff werden können und einen wichtigen Beitrag zur Ressourcenschonung und zum Klimaschutz leisten kann. Sicher wird es noch etwas dauern, bis auf dieser Technologie basierende Klebstoffe am Markt verfügbar sein werden, aber die ersten und damit wichtigsten Schritte sind bereits gemacht. Wie schnell es manchmal geht, zeigt dieses Projekt: In DICHT! 2.2020 hatte ich über ein Verfahren berichtet, bei dem die Stärke aus dem Waschwasser industriell hergestellter Kartoffelprodukte zum Rohstoff für Etikettier-Klebstoffe wird. [3] – Diese Produkte gibt es bereits am Markt. Vielleicht denken Sie in den nächsten Wochen beim Duft von Orangen auch an Klebstoffe – ich tue es auf jeden Fall!
Literatur
[1] Aus „Das Nordlicht“ von Theodor Däubler
[2] https://www.klebstoffe.com/epoxidharz-aus-orangenschalen-nachhaltiger-werkstoff-fuer-die-zukunft/
[3] https://www.isgatec.com/artikel/biobasierte-klebstoffe-ein-interessantes-update/11733
„Neue Ansätze lösen aktuelle Fragestellungen verschiedener Branchen – vernetzt denken bewährt sich.“ Thomas Stein, Inhaber, IMTS Interims Management