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Schäden am Zylinder verhindern

Schäden an den Gegenlaufflächen der Dichtung (Kolbenstange und Zylinderrohr) durch das „Eingraben“ der Dichtung bei kleinen Amplituden (Bild: Herbert Hänchen GmbH & Co KG)

31.03.2018 Schäden am Zylinder verhindern

Neue Dichtungslösung auf H-CFK-Basis für Hydraulikzylinder

von Dipl.-Ing. Klaus Wagner (Herbert Hänchen GmbH & Co. KG)

Moderne Dichtungslösungen können heute schnell einen entscheidenden Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit von Produkten haben. Zunehmend spielt dabei die Wahl der Werkstoffe eine zentrale Rolle – ein Beispiel aus dem Bereich der Hydraulikzylinder.

Hochleistungsfähige Verbundkunststoffe aus H-CFK sind in den letzten Jahren ein Schlüssel für neue Lösungen beim Bau von Hydraulikzylindern und anderen Elementen – nicht nur im Maschinenbau. Der Einsatz dieser Werkstoffe hat jetzt zur Entwicklung eines neuen Dichtungssystems geführt, das für viele Anwendungen die Vorteile von Drosselspaltdichtungen und berührenden Dichtungssystemen zusammenführt. So entstand die Dichtung Servoseal als Kolben- und als Stangendichtung, die fast völlig verschleißfrei ist und zugleich keinen Energieverlust durch Funktionsöl aufweist. Einsatzbereiche sind vor allem Test- oder Prüfzylinder sowie andere Anwendungen mit kleinen Amplituden.

Die Nachteile konventioneller Lösungen
In konventionellen berührenden Dichtungssystemen presst der hydraulische Druck die Dichtungsringe auf die Gleitfläche. Dichtelemente dieser Art zeichnen sich durch eine hohe Dichtheit bei guten Laufeigenschaften aus. Reibung und Verschleiß der Dichtungen steigen aber mit zunehmendem Druck an. Auch können Stick-slip-Effekte auftreten, die eine einwandfreie Bewegung des Zylinders erschweren. Schließlich kann bei kleinen Amplituden der Schmierfilm unter der Dichtkante abreißen, was zu Verschleißerscheinungen sowohl auf den Dichtflächen als auch auf den Gegenlaufflächen an Zylinderrohr oder Kolbenstange führt (Bild 1). Wenn die Amplitude kleiner als die Dichtungsbreite ist, tritt dieser Effekt besonders stark auf. Denn hier ist die Bewegung zu kurz, um neues Fluid als Schmierstoff zwischen Dichtung und Lauffläche zu fördern. Als Folge besteht die Gefahr, dass sich die Dichtung in die Lauffläche eingräbt und dabei metallische Bauteile und die Dichtung selbst beschädigt. Bei vergleichsweise langsamen oder niederfrequenten Bewegungen mit längeren Amplituden sind diese Effekte bei geeigneter Dichtungsauswahl nicht zu erwarten. Hier hat sich das Dichtungssystem Servocop® bewährt. Je höher aber die Dynamik – hohe Frequenzen, hohe Beschleunigungen oder hohe Geschwindigkeiten – in einer Anwendung ist, desto problematischer sind die Folgen der tribologischen Eigenschaften von klassischen Dichtungen.

Berührungsfreie Dichtsysteme
Drosselspaltdichtungen waren und sind eine Antwort auf diese technischen Grenzen. Bei ihnen wird praktisch reibungsfrei über einen engen Spalt zwischen den bewegten Teilen abgedichtet. Schwimmende Ringspaltdichtungen wie Servofloat® und hydrostatisch gelagerte Kolbenstangenführungen wie Servobear® sind dabei besonders leistungsfähig, da die Kolbenstange konstruktionsbedingt im Dichtungsspalt zentriert ist. Dadurch ist die Menge des Funktionsöls geringer, beträgt aber dennoch – je nach Abmessung – einige l/min. Diese Konstruktionen sind sehr aufwändig und der Drosselspalt verursacht eine deutliche Verringerung des hydraulischen Wirkungsgrads. Andererseits arbeiten diese Dichtungen praktisch reibungsfrei, eignen sich für höchste Frequenzen, Beschleunigungen, Seitenkräfte und Geschwindigkeiten bereits serienmäßig bis zu 4 m/s im stickslip-freien Betrieb.

Keine Anpressung
Für viele Anwendungen besonders im Testund Prüfbereich hat Hänchen nun ein neues Dichtsystem für den Kolben und für die Kolbenstange entwickelt. Bei der Dichtung „Servoseal“ »2 kommen Verbundwerkstoffe ins Spiel, um Anwendungen mit kleinen Amplituden zu realisieren, ohne dass Verluste durch Funktionsöl, Reibung oder Verschleiß auftreten. H-CFK ist ein hochfester Werkstoff, der bei den Rückhalteringen, die die hydraulische Anpressung auf die Dichtfläche reduzieren, zum Einsatz kommt. Dabei ist der optimale Einsatz dieses Werkstoffes nicht trivial und erfordert viel Know-how und Erfahrung in der Verarbeitung. Diese konnte man in den vergangenen Jahren bei der Produktion und Entwicklung des eigenen Werkstoffes H-CFK sammeln. Durch den Einsatz dieser H-CFK-Rückhalteringe entstehen Dichtsysteme, die sich durch sehr geringe Reibwerte auszeichnen. Die Haft- und Gleitreibung von Servoseal liegt nur geringfügig über den Werten der Drosselspaltsysteme Servofloat® und Servobear®. Sie liegen aber weit unter den Werten berührender Systeme wie Servocop®.

Die neue Ära der Prüfzylinder
Die Servoseal-Dichtungen sind materialbedingt bis zu einer Temperatur von 80° C einsetzbar. Der Kunststoff und das verbaute H-CFK haben eine hohe Beständigkeit gegenüber verschiedensten Medien und das Material ist ein äußerst hochfester Werkstoff. Der Einsatzbereich ist sehr breit: So kann der Servoseal in den Standardbaureihen 120 und 300 ebenso eingesetzt werden wie in der Prüfzylinder-Baureihe 320. Das bietet Prüfanwendern jetzt die neue Möglichkeit, bei leichten Prüfaufgaben auch trotz kleiner Amplituden bei Frequenzen bis 25 Hz, geringen Seitenkräften und hohen Beschleunigungen auf die kostengünstigere Baureihe 300 umzusteigen. Und das mit allen beschriebenen Vorteilen: wenig Reibung, wenig Verschleiß und kein Funktionsöl wie bei Drosselspaltdichtungen. Mit dieser Baureihe sind auch Hübe bis 1.500 mm und Schwenkbewegungen des Zylinders realisierbar. Aber auch die typischen Prüfzylinder der Baureihe 320 »3 für hochdynamische Bewegungen und hohe Seitenkräfte können in vielen Einsatzfällen mit dem Servoseal ausgestattet werden und damit einen besseren hydraulischen Wirkungsgrad erzielen. Zudem kann oft ein kleineres Regelventil eingesetzt werden, da bei Verwendung von Servoseal der Funktionsölstrom einer Drosselspaltdichtung entfällt. Das spart Kosten und erhöht je nach Einsatzfall auch die realisierbare Dynamik.

Kein Over-Engineering
Bei dieser Entwicklung lag der Fokus nicht darauf, das technisch Machbare zu realisierem, sondern um das richtige Maß. Servoseal erlaubt ein „Rightsizing“ zwischen konventionellen Dichtsystemen und Drosselspaltdichtungen, da diese Dichtung keine Reibung und keinen Verschleiß aufweist, gleichzeitig

aber auch keinen Funktionsölstrom benötigt. Unterschiedliche Anwendungen erfordern verschiedene qualitative Ausführungen von Zylindern.

Ein Over-Engineering verursacht unnötige Kosten. Ein für die Anwendung unterdimensioniertes Produkt kann aber noch viel teurer werden – durch kurze Wartungsintervalle, Verschleiß, Stillstandszeiten und Schäden am System. Hier gilt es, die passenden Lösungen zu finden. Denn was am Ende zählt, ist letztlich das Preis-Leistungsverhältnis mit Blick auf die gesamte Lebensdauer – einschließlich Energieverbrauch, Service, Wartung, Verschleiß und Einbindung in die Systeme.

Dieses Beispiel zeigt aber auch, welche Entwicklungssprünge durch Dichtungen gemacht werden können und es eröffnet bei Prüfzylindern neue Optionen. Allerdings steht diese Dichtungslösung aktuell nur in den eigenen Prüfzylindern zur Verfügung und wird nicht gesondert angeboten.

Fakten für Konstrukteure
• Der Einsatz moderner Werkstoffe wie H-CFK erlaubt Dichtungslösungen, die den Verschleiß deutlich minimieren
• Der aufgabenangepasste Einsatz von Dichtsystemen in Hydraulikzylindern hat hohen Einfluss auf ihre Performance

Fakten für Einkäufer
• Ein flexibles System erlaubt den wirtschaftlichen Einsatz von Prüfzylindern

Kontakt zum Autor

»2 Neue Dichtung mit Einsatz eines Rückhalterings aus Carbon (Bild: Herbert Hänchen GmbH & Co KG)

»2 Neue Dichtung mit Einsatz eines Rückhalterings aus Carbon (Bild: Herbert Hänchen GmbH & Co KG)

»3 Zylinder für dynamische Anwendungen bis 7 Hz, Einsatz der neuen Dichtung Servoseal ermöglicht kleine Amplituden (Bild: Herbert Hänchen GmbH & Co KG)

»3 Zylinder für dynamische Anwendungen bis 7 Hz, Einsatz der neuen Dichtung Servoseal ermöglicht kleine Amplituden (Bild: Herbert Hänchen GmbH & Co KG)

Servoseal Kolben- und Verschlusstabellen sowie Reibkraftdiagramm

Servoseal Kolben- und Verschlusstabellen sowie Reibkraftdiagramm

Lösungspartner

Herbert Hänchen GmbH & Co. KG
Herbert Hänchen GmbH & Co. KG

 

Zielgruppen

Konstruktion & Entwicklung, Instandhaltung, Einkauf, Qualitätssicherung