18.03.2019 Besser nicht mit Licht prüfen
Verfahren der zerstörungsfreien Prüfung von Klebverbindungen im Überblick
Die zerstörungsfreie Materialprüfung (ZfP) ermöglicht den Blick in das Innere von Komponenten, Fügestellen und Klebeverbindungen und liefert damit die optimale Datenbasis für Prozessüberwachung, -verbesserung, für Lebensdauerermittlung und Qualitätssicherung. Inzwischen gibt es verschiedene Methoden der ZfP, die diverse Möglichkeiten für die Prüfung von Klebeverbindungen bieten.
ZfP – zerstörungsfreie Materialprüfung – ist ein Sammelbegriff für verschiedene Methoden, um Objekte zu prüfen, ohne die Funktionalität zu beeinträchtigen, also ohne diesebei der Prüfung zu beschädigen oder zu zerstören. Dadurch ist die Prüfung eines jeden Objektes vor der Inbetriebnahme oder ebenso während der Wartung und des Service möglich. Die Methoden der zerstörungsfreien Prüfung erlauben es, kritische Fehler in jeder einzelnen Komponente auszuschließen und Daten über die interne Struktur zu ermitteln, zu sammeln und statistisch auszuwerten.
Die Prüfmethoden nutzen akustische bzw. elektromagnetische Wellen, um das Nichtsichtbare in Objekten, Strukturen und Fügeverbindungen sichtbar zu machen. Im akustischen Bereich wird Ultraschall zur Detektion benutzt und im Bereich der elektromagnetischen Wellen werden Verfahren verwendet, die Gamma-, Röntgen-, UV-, visuelle, Infrarot-, Terahertz-, Mikrowellen- und Radiowellenstrahlung zur Detektion nutzen. Die höchste Eindringtiefe bieten im Allgemeinen die aus der medizinischen Diagnostik bekannten Verfahren Ultraschall- und Röntgenprüfung. Für die Prüfung von Klebeverbindungen sind aber unter Umständen, je nach Anwendungsfall, andere ZfP-Methoden besser geeignet.
Die bekannten Volumenprüfverfahren
Die Ultraschallprüfung (UT) ist ein Volumenprüfverfahren, bei dem eine elastische akustische Welle über einen Prüfkopf in das zu prüfende Objekt eingebracht wird. Diese Ankopplung erfolgt über ein Koppelmittel wie Wasser oder Luft. Im zu prüfenden Objekt wird die Welle an Materialübergängen oder Materialinhomogenitäten reflektiert, gebeugt oder anderweitig verändert. Diese Information wird vom Prüfkopf detektiert und dadurch können Fehler, wie z.B. Lücken in der Klebung, ermittelt werden. Durch Rekonstruktion lässt sich, ähnlich wie bei der Computertomographie in der Durchstrahlungsprüfung, ein 3D-Bild des Volumens ermitteln.
Die Durchstrahlungsprüfung (RT) ist das zweite bekannte Volumenprüfverfahren. Bei diesem wird das Objekt durch Röntgen- oder Gammastrahlen durchdrungen. Dichteunterschiede im Material führen zu unterschiedlicher Absorption der Röntgen- oder Gammastrahlung, die mittels eines Films oder digitalen Detektors sichtbar gemacht wird. Wie in der Medizintechnik kann durch ein mathematisches Verfahren, das Aufnahmen aus verschiedenen Blickwinkeln verrechnet, eine Computertomographie (CT) erstellt werden. Durch den hohen Abschirmungsaufwand sind die anfänglichen Investitionskosten recht hoch. Oft wird daher die Durchstrahlungsprüfung nur für exemplarische Prüfung und Erstmusterbegutachtung verwendet. Außerdem kann der Absorptionsunterschied zwischen Klebung und Luft für eine sichere Detektion zu schwach sein.
Gut geeignet
Die Thermografie (TT) ist dagegen eines der am besten für Klebungen geeigneten Verfahren. Bei der passiven Thermografie wird die Infrarotstrahlung (Wärmestrahlung) eines Objektes mittels einer speziellen Kamera sichtbar gemacht. Allein dadurch kann man schon viel über das Objekt, insbesondere über Objekte im Betrieb, lernen. Durch eine aktive Anregung wird die Thermografie darüber hinaus zu einem der vielseitigsten zerstörungsfreien Prüfverfahren. Die Anregung kann per Strom (Induktions- oder Konduktionsthermografie), Licht (Blitz-/Impuls- und Laserthermografie), akustische Wellen (akustische Thermografie) oder Wärme (Heissluftthermografie) erfolgen. Je nach Anregungsart eignet sich das Verfahren damit zur Detektion von Delaminationen, zur Detektion von oberflächennahen Rissen oder zur Wanddickenbestimmung. Für die Prüfung von Klebungen lässt sich durch Erwärmung eines der beiden geklebten Objekte und durch Beobachtung der Erwärmung auf der anderen Seite die Qualität der Klebung beurteilen. Bild 1 zeigt eine thermografische Untersuchung einer Klebeverbindung zwischen zwei Stahlblechen an einer Autotür. Die Anregung erfolgte mit einem Laser. Die grün markierten Stellen zeigen fehlende Klebung auf.
Interessante Perspektiven
Als weitere interessante Prüfverfahren für Klebstoffe etablieren sich derzeit Verfahren, die elektromagnetische Wellen mit einer Wellenlänge größer als die der Infrarotstrahlung ausnutzen, also Verfahren mit Terahertz-(300 GHz – 6 THz) oder Mikrowellen (300 MHz – 300 GHz). Beide Verfahren eignen sich insbesondere für nicht-leitfähige Materialien, befinden sich aber noch im Forschungszustand.
Die Wirbelstromprüfung (ET) ist ein Verfahren, bei dem über eine Spule im zu untersuchenden (leitfähigen) Objekt induktiv ein Wirbelstrom erzeugt wird. Dabei werden elektromagnetische Wellen im Radiowellenlängenbereich verwendet. Durch den Wirbelstrom im Objekt wird in einer Empfängerspule ein Strom induziert. Aus dem Vergleich der Amplitude und Phasenlage zwischen sendender und empfangender Spule kann auf verschiedene Effekte im Objekt geschlossen werden – z.B. Leitfähigkeit, Abstand vom Objekt, Risse, magnetische Permeabilität. Bezüglich der Prüfung von Klebeverbindungen bedeutet dies, dass das Material „oberhalb“ der Klebeverbindung nicht-leitfähig sein darf und dass entweder das Basismaterial oder der Kleber leitfähig sein müssen.
Nicht geeignet
Wenig sinnvoll für die Prüfung von Klebeverbindungen sind die Verfahren, die zur Detektion Licht, also elektromagnetische Wellen im visuellen oder ultravioletten Bereich, verwenden, da sie einen optischen Zugang zu der zu untersuchenden Stelle (auch über Spiegel, Vergrößerungsgläser, Mikroskope, Endoskope und Ähnliches) voraussetzen. Zu diesen Verfahren zählen die Visuelle Prüfung (VT) und die Eindringprüfung (PT). Auch die Streuflussprüfung (MT) eignet sich nicht, da sie nur für ferromagnetische Objekte eingesetzt werden kann.
Fazit
Das breite Spektrum an Verfahren ermöglicht heute die ZfP für quasi jede Prüfherausforderung. Für die Prüfung von Klebungen muss das Verfahren individuell auf das Material auf beiden Seiten der Klebung und auf das Material der Klebung selbst angepasst werden. Daher sollte für die Auswahl der passenden Methode ein Berater für ZfP hinzugezogen werden, der einen guten Überblick über die verfügbaren Methoden sowie über deren Vor- und Nachteile hat. Dieser wird dann zusammen mit den Experten für Klebung die optimale Prüftechnik selektieren, bei der Auswahl des passenden Anbieters/Systems unterstützen, nötige Entwicklungsarbeiten begleiten und die Einbindung in Datenbankumgebungen sicherstellen, damit die Ergebnisse der ZfP als Feedbackquelle für die Produktion verwendet werden können.
Fakten für Qualitätsmanager
• Klebverbindungen lassen sich heute zerstörungsfrei prüfen – aufgrund der Vielzahl der möglichen Verfahren und ihrer Integration in Produktionsabläufe ist es sinnvoll, Experten heranzuziehen