Eine Frage des richtigen Mixes

Medienbeständigkeitsprüfung – wichtiger denn je (Bild: O-Ring Prüflabor Richter GmbH)

10.09.2020 Eine Frage des richtigen Mixes

Einschätzungen zu Trends und Entwicklungen rund um Werkstoffe

von Dipl.-Ing. Bernhard Richter (O-Ring Prüflabor Richter GmbH)

Zweifellos macht der Werkstoff bei Elastomerdichtungen den entscheidenden Unterschied aus. 

Zweifellos macht der Werkstoff bei Elastomerdichtungen den entscheidenden Unterschied aus. Entwicklungen komplett neuartiger Basispolymere sind in den nächsten Jahren nicht zu erwarten, deswegen finden Verbesserungen oft nur im Detail statt und es erfordert Spezialisten mit der entsprechenden Prüftechnik, um diese Verbesserungen im Vergleich zu bestehenden Lösungen herauszuarbeiten. Diese Unterschiede ergeben sich häufig aus optimierten Polymeren, oft erst in Verbindung mit anderen Mischungsbestandteilen, wie z.B. Vernetzern, Füllstoffen oder Säureakzeptoren. Manchmal ist es aber auch „nur“ ein Vernetzer, der für die entscheidende Verbesserung sorgt. So gibt es zwischenzeitlich immerhin einen freigegebenen peroxidischen Vernetzer nach der UBA (Um­weltbundesamt)-Positivliste für Elastomere in Trinkwasseranwendungen, was ein Lichtblick beim Einsatz von EPDM-Werkstoffen in Warmwasseranwendungen ist. Im Bereich der kühlwasserbeständigen Werkstoffe ist ein starker Bedarf von temperaturbeständigeren Werkstoffen durch das „Downsizing“ von Motoren entstanden. Dazu stehen heute signifikant verbesserte EPDM-Werkstoffe zur Verfügung. Für Anwendungen, in denen auch diese nicht mehr ausreichen, gibt es spezielle FKM-Werkstoffe, welche durch eine geschickte Kombination von Polymer/Vernetzungssystem und Säureakzeptor in der Beständigkeit gegenüber additivierten Kühlmitteln optimiert wurden. Während bei EPDM die Optimierung in der Heißluftbeständigkeit notwendig war – die Kühlmittelbeständigkeit ist hier kein Thema – ist die Optimierung von FKM-Werkstoffen bei der Kühlmittelbeständigkeit erforderlich gewesen. 

Ein weiteres häufiges Thema sind Werkstoffe für den Einsatz in Wasserstoff. Hier braucht der Anwender eine gute Beratung, da der mögliche Einsatz von Elastomeren sehr stark von den spezifischen Anforderungen abhängt, insbesondere bezüglich der Beständigkeit gegenüber hohen Drücken und explosiver Dekompression sowie vom Tieftemperatur- und Permeationsverhalten. Das kann letztlich zum Einsatz von EPDM-, HNBR, Butyl- oder TPU-Werkstoffen führen. Ein weiteres, noch lange nicht abgearbeitetes Dauerthema – nicht nur bei Wasserstoffanwendungen – bleiben die Tieftemperatureinsatzgrenzen von Elastomeren. Hier gibt es zwar ein immer breiteres Angebot, inzwischen bei fast allen gängigen Polymerfamilien, jedoch werden die realistischen Tieftemperaturgrenzen seitens der Dichtungsfirmen oft zu wenig dargestellt. Daher bleiben negative Erfahrungen, insbesondere bei Freigabetests nicht aus. Hier helfen angemessene Spezifikationen für das Tieftemperaturverhalten (z.B. TR10-Test oder Druckverformungsrest bei tiefen Temperaturen). Auch sind den wenigsten Anwendern die Möglichkeiten bekannt, welche FEA-Analysen bei diesen Fragestellungen bieten können, wenn sich die Simulationen auf umfangreichen DMA-Daten abstützen, die das gummielastische Verhalten über einen großen Temperaturbereich abbilden können. 

Darüber hinaus bleibt die Medienbeständigkeit ein Dauerbrenner. Ein Fokus liegt sicherlich weiterhin darin, die Widerstandsfähigkeit des Elastomers zu optimieren, wobei Anwender immer häufiger bereit sind, die enorm hohen Preise für FFKM-Werkstoffe zu bezahlen. Je nach Medium werden damit aber nicht automatisch alle Probleme gelöst, da es auch innerhalb der FFKM-Rezepturen Unterschiede gibt, insbesondere bei der Beständigkeit gegenüber wässrigen Medien bei hohen Temperaturen. Ein anderer Fokus richtet sich auf die eingesetzten Betriebsstoffe: Bei Hydraulikanwendungen wird immer mehr der Blick geschärft für möglichst dichtungs- und umweltfreundliche Hydraulikflüssigkeiten. Die entscheidenden Unterschiede lassen sich erst mit gut reproduzierbaren Langzeit-Beständigkeitstests erkennen, bei Polyurethanwerkstoffen macht es zusätzlich Sinn, den Einfluss des Wassergehaltes bzw. der Wasseraktivität des Hydraulik­- öls mit zu überprüfen. Es bleibt also beim Thema Werkstoffe spannend. Für Anwender wird es zunehmend schwieriger in der komplexen Welt der elastomeren Werkstoffe die richtigen Entscheidungen zu treffen. Daher unterstützen wir mit unseren kontinuierlich ausgebauten Dienstleistungen hinsichtlich Prüfung, Beratung und Schulung – trotz oder gerade wegen der Corona-Krise. 

Bernhard Richter, Geschäftsführer, O-Ring Prüflabor Richter GmbH
„Neuartige Basispolymere wird es kaum noch geben, die unterschiedlichen Fragestellungen werden heute über Mischungen gelöst.“ Bernhard Richter, Geschäftsführer, O-Ring Prüflabor Richter GmbH

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