Emaillierte Flansche sicher abdichten

Die Abdichtung emaillierter Flansch erfordert besonderes Know-how (Bild: THALETEC GmbH)

09.03.2020 Emaillierte Flansche sicher abdichten

Dem Stand der Technik heute und morgen Rechnung tragen

von Dr.-Ing. Jürgen Reinemuth (THALETEC GmbH)

Das Abdichten emaillierter Flansche erfordert den Einsatz von genau auf den Anwendungsfall abgestimmten Dichtungs- und Verbindungssystemen. Inzwischen stehen viele technische Detaillösungen zur Verfügung, die auch der erwarteten neuen Version der TA Luft Rechnung tragen.

Emaillierte Apparate (Bild 1) werden in der chemischen und pharmazeutischen Verfahrenstechnik eingesetzt. Bei diesen emaillierten Apparaten mit Volumina von bis zu 120.000 l wird die gesamte produktberührte Innenoberfläche in mehreren Bränden mit einer Emailschichtdicke von 1,4 bis 2 mm beschichtet. Qualitätsmerkmale technischer Emaillen sind in ISO 28721-1 (ehemals DIN EN 15159-01:2006, vorher DIN 28063) genormt. Technisch emaillierte Apparate werden so ausgelegt und dimensioniert, dass es während des Betriebs (Druck, Temperatur, Temperaturdifferenzen sowie äußere Lasten) zu keinem plastischen Fließen des Grundwerkstoffes kommt. Dazu wird ein hoher Sicherheitsfaktor von mindestens zwei gegenüber dem Erreichen der Streckgrenze des Grundwerkstoffes angenommen. So wird gewährleistet, dass die Emaillierung nicht infolge mechanischer oder thermischer Spannungen geschädigt wird und der Apparat damit unbrauchbar würde. Aufgrund dieser Dimensionierungsregeln müssen die Grenzen der Belastbarkeit emaillierter Flansche unbedingt eingehalten werden.

Aber auch die zu verwendenden Flanschdichtungen müssen die geometrischen Randbedingungen (Verzüge, Balligkeit) sicher ertragen können. Bild 2 zeigt ein Stück einer Dichtung aus bidirektional expandiertem PTFE. Man erkennt in der Gegenlichtaufnahme, dass die Dichtung bereichsweise extrem dünn verpresst ist und damit fast durchsichtig ist. Durch die hohen lokalen Flächenpressungen in dem extrem verpressten Bereich kam es zum Abplatzen des Emails und damit zum Freilegen der Stahloberfläche. Korrosiver Angriff auf den Stahl führte dann innerhalb kurzer Zeit zum Totalversagen der Flanschverbindung und zu irreparablen Schäden am emaillierten Stutzen (Bild 3).

Herstellung emaillierter Apparate und Besonderheiten

Um zu verstehen, welche spezifischen Eigenschaften emaillierte Flanschverbindungen haben, muss man sich zunächst den Fertigungsprozess emaillierter Apparate vergegenwärtigen. Emaillierte Apparate werden zunächst im Stahl bzw. „Rohbau“ aus Feinkornbaustahl gebaut und verschweißt. Als Grundwerkstoff kommt Feinkornbaustahl (wie P275 NH, P265 GH) zum Einsatz, der im Kohlenstoffgehalt und im Mangangehalt eingeschränkt ist. Nach dem Fertigstellen des Behälterrohbaus wir dieser sandgestrahlt. Anschließend erfolgt der Emaillierprozess: Eine technische Emaillierung besteht immer aus einer bis zwei Schichten Grundemail und bis zu fünf Schichten Deckemailen. Letztere geben dem Email die chemische Beständigkeit und die geforderten Betriebseigenschaften. Das Aufbringen der Emailschichten umfasst immer den Spritzauftrag eines „Emailschlickers“ auf die Bauteiloberfläche. Nach dem Trocknen der so aufgetragenen Schicht wird der gesamte Apparat in einen Emaillierofen verbracht und bis zu 12 h bei Temperaturen bis zu 950 °C gebrannt. Dabei verschmilzt die neu aufgebrachte Schicht mit dem Grundwerkstoff bzw. mit der bereits vorhandenen Emailschicht. Die geforderte Qualität, Schichtdicke und Fehlerfreiheit der Emailschicht soll aus wirtschaftlichen Gründen mit einer geringen Anzahl von Deckemailschichten erreicht werden.

Emaillierte Apparate wiegen i.d.R. mehrere Tonnen und es ist daher nicht verwunderlich, dass der Stahlkörpers bei den hohen und langandauernden Brennbedingungen zu bleibenden Verformungen neigt. Diese können durch eine systematische Vorgehensweise minimiert, aber manchmal nicht vollständig vermieden werden. Die entsprechenden Normen berücksichtigen diesen „Brennverzug“ durch entsprechende Toleranzvorgaben, innerhalb deren sich der Brennverzug bewegen darf. Maßgeblich für emaillierte Rührbehälter ist dabei die DIN 28006-2, für Tanks die DIN 28052 und für Kolonnen die DIN 280072.

Balligkeit der Flanschflächen
Die genannten Flanschverzüge entstehen primär durch den Brennprozess. Darüber hinaus kommt es bei emaillierten Flanschen zu einem weiteren, werkstofftypischen Effekt, der Flanschballigkeit. Die Balligkeit emaillierter Flansche entsteht durch Oberflächenspannungseffekte während des Aufschmelzens der Email-Schicht auf der Stahloberfläche bzw. auf den darunterliegenden Emailschichten: Email verhält sich bei hohen Temperaturen wie eine hochviskose Flüssigkeit und bildet, ähnlich wie Wasser an einer Gefäßwand, eine leicht ballige, zu den Rändern hin abfallende Fläche aus. Nach dem Erstarren der Emailschicht bleibt diese Formabweichung von der „ideal“ ebenen Oberfläche bestehen, sie „friert“ gleichsam ein. Die Balligkeit ist umso ausgeprägter, je schmaler die Flanschfläche des Stutzens ist. Demnach ist die Balligkeit der Oberfläche bei Flanschen mit kleiner Nennweite ausgeprägter. Die Balligkeit kann durch die Temperaturführung und die Brennbedingungen beeinflusst werden, allerdings aufgrund der langen Brenndauer bei emaillierten Apparaten nur in geringem Maße.

Untersuchungsvorgehensweise zu Dichteigenschaften unterschiedlicher Dichtungen

Ziel der Untersuchungen war es, die Dichteigenschaften von unterschiedlichen Dichtungen beim Einsatz von Stahl-Email-Flanschen der Thaletec GmbH zu bestimmen. Die Untersuchungen dienen als Basis zur Erstellung einer Montagevorgabe, welche die Vorgaben der TA Luft erfüllt. Hierbei wird auf den Entwurf der TA Luft vom 16.07.2018 Bezug genommen.

Die Prüfung hat den Zweck, die Dichteigenschaften des Flansches in Kombination mit einer bestimmten Dichtung unter mehrfacher thermischer Belastung zu ermitteln, entsprechend den typischen Montageanweisungen für Stahl-Email-Flansche. Jede Dichtungsart wird jeweils zweimal getestet, um eventuell auftretende statistische Ausreißer oder Messfehler erkennen zu können. Der konkrete Prüfablauf ist wie folgt:

  • Flanschmontage mit 20 MPa, bezogen auf eine Dichtfläche von den gemittelten Innendurchmessern der Dichtung und dem Außendurchmesser der Bunde. Die Montage erfolgt nach Vorgabe des VCI-Montageleitfadens.
  • Leckagemessung mit 10 bar bis zum Erreichen einer konstanten Leckage.
    Auslagerung bei 95 °C über 48 h.
  • Leckagemessung mit 10 bar bis zum Erreichen einer konstanten Leckage.
  • Bestimmung der Restflächenpressung und Nachziehen der Verbindung auf die Flächenpressung.
    Leckagemessung mit 10 bar bis zum Erreichen einer konstanten Leckage.
  • Auslagerung bei 200 °C über 48h.
  • Leckagemessung mit 10 bar für 24 h zur Erteilung eines TA Luft-Zertifikates bei Erfüllung der Anforderungen.
  • Bestimmung der Restflächenpressung.
  • Demontage – Vermessung und Begutachtung der Dichtung.
  • Erstellung des Prüfberichts.


Gemäß einer solchen Prüfung wurde ermittelt, dass auch bei geringer Flächenpressung die Dichtungen der Ausführung Conduseal die Anforderungen des TALuft-Referentenentwurfs erfüllen.

Weitere Informationen:
Lüttecke, M.: Auswirkungen der neuen TA Luft auf Stahl-Email-Flanschverbindungen, Tagungsband XXI Dichtungskolloquium (2019)

Lösungspartner

THALETEC GmbH
THALETEC GmbH

 

Zielgruppen

Einkauf, Instandhaltung, Konstruktion & Entwicklung