Hochfrequenz-Plasma  wirtschaftlich einsetzen

Beschichtete und optimal gereinigte Dichtungen tragen den steigenden Anforderungen an diese Bauteile – quer durch alle Branchen – Rechnung (Bild: APO GmbH)

29.11.2019 Hochfrequenz-Plasma wirtschaftlich einsetzen

Neue, patentierte Technik für die effiziente Beschichtung und LABS-Reinigung von Dichtungen

von Dipl.-Wirt. Ing. (FH) Simone Frick (seals'n'finishing - Simone Frick), Dipl.-Ing. Artur Friedrich (APO GmbH)

Dichtungen werden häufig veredelt. Zur Optimierung von Reibung, Montage oder Kennzeichnung werden sie beschichtet oder sie werden zur Erfüllung definierter Sauberkeitsanforderungen wie z.B. LABS-Freiheit, Reinigungsprozessen unterzogen. Eine neue, patentierte Niederdruckplasma-Anlage erlaubt Einsparpotenziale in diesem klassischen Dienstleistungsbereich.

Der Einsatz von Niederdruckplasma zur Reinigung und Beschichtungsvorbehandlung für Polymerdichtungen ist inzwischen technischer Standard. Plasma, ein ionisiertes Gas, zeichnet sich im Vergleich zum ursprünglichen Gas durch seine wesentlich höhere Leitfähigkeit und chemische Reaktivität aus. Dies wird beim Einsatz von Niederdruckplasma in der Technik zur Behandlung von Bauteiloberflächen genutzt. Technische Niederdruckplasmen werden im Vakuum betrieben. Sie zählen zu den „kalten“ Plasmen und eignen sich daher auch zur Behandlung temperaturempfindlicher Werkstoffe wie z.B. Elastomeren.

Die ablaufenden Effekte bei der Behandlung von Bauteilen im Niederdruckplasma sind abhängig vom Druck, den Prozessgasen und der Anregungsfrequenz bei dessen Erzeugung. Im Niederdruckplasma können ex­trem saubere Oberflächen erzeugt werden. Die sehr hohe Spaltgängigkeit von Niederdruckplasma ist dabei von großem Vorteil, da es auch in kleine Hohlräume eindringt und dadurch selbst Bauteile mit komplizierten Geometrien gereinigt werden können. Die Reinigung im Plasma eignet sich nur für sehr dünne organische oder oxidhaltige Kontaminationsschichten. Für stärkere Kontaminationen, anorganische Verunreinigungen und LABS ist eine Kombination der Plasma­reinigung mit nasschemischer, wässriger Vorreinigung sinnvoll.

Polymerwerkstoffe lassen sich aufgrund ihrer geringen Oberflächenenergie nicht gut benetzen und direkt beschichten. Nach einer vorhergehenden Reinigung wird daher mithilfe von Niederdruckplasma die Oberfläche von Elastomerdichtungen aktiviert, damit sich Beschichtungssubstanzen mit den Dichtungsoberflächen dauerhaft verbinden können.

Welches Plasma wählen?
Um im Vakuum Plasma zu erzeugen, wird ein Prozessgas über Energiezufuhr durch das Anlegen eines elektromagnetischen Feldes angeregt. Auch die Anregungsfrequenz beeinflusst die Ausprägung der verschiedenen Plasmaeigenschaften und -effekte. Typischerweise unterscheidet man in der Technik drei Frequenzbereiche: Das Niederfrequenz-Plasma (NF) mit 40 kHz und das Hochfrequenz-Plasma (HF) mit 13,56 MHz spielen bei der Behandlung und Reinigung von Polymerkleinteilen eine übergeordnete Rolle.

Bei der Reinigung und Aktivierung – insbesondere von Schüttgut ähnlichen Massenkleinteilen – hat sich in den letzten Jahren der Niederfrequenzbereich (NF 40 kHz) als praktikabel erwiesen. Das so erzeugte Plasma ist relativ homogen. Bedingt durch die relativ geringe Plasmadichte laufen Reaktionen im Niederfrequenz-Plasma jedoch etwas langsamer ab, wodurch Behandlungszeiten entsprechend länger ausfallen. Da die Anlagentechnik vergleichsweise erschwinglich ist, werden häufig Anlagen mit niedriger Anregungsfrequenz bevorzugt.

Hochfrequenz-Plasmen (HF bzw. RF 13,56 MHz) zeichnen sich durch eine höhere Plasmadichte aus, wodurch Reaktionen im Plasma schneller ablaufen. Die Homogenität der Hochfrequenz-Plasmen ist im Vergleich zu Niederfrequenz-Plasmen allerdings etwas geringer und bei herkömmlicher Auslegung der Plasmaanlagen ist teilweise die Belastung der Maschinenbauteile erhöht. Auch die vergleichsweise höheren Anschaffungs- und Wartungskosten hemmten bisher den breiten Einsatz der Hochfrequenztechnologie für die Behandlung von Massenkleinteilen.

Neue Plasmaanlage für effizientere Veredelung von Dichtungen
Die Vorteile der Hochfrequenzanregung für eine effizientere Veredelung von Dichtungen zu nutzen und gleichzeitig deren häufig auftretenden Nachteile auszumerzen, das war das Ziel eines Entwicklungsprojektes für eine neue Plasmaanlage (Bild 2). Basierend auf jahrelangen Erfahrungen im Bereich der Lackiertechnik und Beschichtung von Polymerkleinteilen ist es gelungen, eine neue, mittlerweile patentierte Niederdruck-Plasmaanlage zu entwickeln. Durch die optimierte Auslegung der Anlage und die reibungslose Integration in die Fertigung konnte die Effizienz der Reinigung und Beschichtungsvorbehandlung von Elastomerdichtungen maßgeblich erhöht werden. Obschon natürlich das Gesamtkonzept der neuen Anlage entscheidend ist, sind doch einzelne Punkte interessant:
• Die Hochfrequenzanregung mit variabler Leistung ermöglicht es, Plasma-Prozesszeiten für die Reinigung oder Aktivierung um bis zu 90 % zu reduzieren.
• Der Einsatz einheitlicher Bearbeitungskörbe in der Fertigung erspart ein Umfüllen der Ware und erhöht damit die Prozesssicherheit.
• Ein wartungsarmes und -freundliches Anlagendesign reduziert die Kosten.

Fazit
Durch den Einsatz der optimierten Niederdruckplasmaanlage ist es nun möglich, den Aufwand für die LABS-Reinigung und

Vorbehandlung für die Beschichtung, speziell von Elastomerdichtungen, zu optimieren und damit kostengünstiger zu gestalten. Dadurch wird z.B eine Unterscheidung der unterschiedlichen LABS-Konformitäten nach VDMA 24364 nicht mehr nur aus der Sicht des Bauteileinsatzes innerhalb eines lackierverarbeitenden Betriebes, sondern auch hinsichtlich der Reinigungskosten sinnvoll. Speziell für die Veredelung von Dichtungen aller Art, klassischen C-Teilen, lohnt sich der Einsatz der neuen Anlage als Basis leistungsfähiger Reinigungs- und Beschichtungsdienstleistungen.

Fakten für Konstrukteure
• Einfache Dichtelemente können durch eine effiziente Veredelung in ihren Einsatzmöglichkeiten optimiert werden

Fakten für Einkäufer
• Eine effiziente Veredelung, ob zur Reinigung, Montageerleichterung oder für den reibungsreduzierten Einsatz erhöht den Mehrwert von Dichtungen

Fakten für Qualitätsmanager
• Eine Abstufung bei LABS-Konformitäten nach VDA 24364 ist bei entsprechender Reinigung von Dichtungen umsetzbar.

Kontakt zu den Autoren

Bild 2: Die neue Anlage erlaubt den wirtschaftlichen Einsatz des Hochfrequenz-Plasmas (Bild: APO GmbH)

Bild 2: Die neue Anlage erlaubt den wirtschaftlichen Einsatz des Hochfrequenz-Plasmas (Bild: APO GmbH)

Lösungspartner

APO GmbH

Zielgruppen

Einkauf, Konstruktion & Entwicklung, Produktion & Fertigung, Qualitätssicherung, Unternehmensleitung