DIN 2304 – das bedeutet sie in der Praxis

Qualitätssicherung in der Klebtechnik (Bild: Fraunhofer IFAM )

27.03.2017 DIN 2304 – das bedeutet sie in der Praxis

Effizient die Qualität steigern

von Dipl.-Ing. (FH) Andrea Paul (Fraunhofer IFAM)

Die im März 2016 in Kraft getretene DIN 2304, die auch in englischer Sprache erhältlich ist, legt den verbindlichen Stand der Technik für die fachgerechte Umsetzung klebtechnischer Prozesse fest. Soweit die Theorie, doch was bedeutet das in der Praxis?

Das Kleben ist – ebenso wie das Schweißen – nach DIN EN ISO 9001 ein „spezieller Prozess“, dessen Ergebnis nicht in vollem Umfang zerstörungsfrei geprüft werden kann. Deshalb müssen Klebprozesse reproduzierbar sein und das Kleben muss im Qualitätsmanagement-System technologiegerecht verankert werden »1. Die neue DIN 2304 beschreibt die fachgerechte Umsetzung klebtechnischer Prozesse und gilt für alle Klebungen, deren Hauptfunktion in der Übertragung mechanischer Lasten besteht. Sie ist gültig in allen Industriezweigen, für die keine eigene Normung für klebtechnische Anwendungen vorliegt. Da es im Bereich der flüssig applizierten und am Bauteil aushärtenden Dichtungen keine vergleichbare Norm gibt, wird empfohlen, die DIN 2304 auch auf Dichtungen – oder Klebungen, deren Hauptfunktion die Dichtung und nicht die Kraftübertragung ist – anzuwenden. Dichtungsfehler etwa im Bereich elektronischer Bauteile können z.B. zum Ausfall kompletter Geräte führen und damit indirekt Risiken für Leib und Leben oder finanzielle Risiken erzeugen.

Auf alle Betriebe, die Klebtechnik einsetzen, kommen mit der DIN 2304 neue Herausforderungen zu. So müssen zunächst alle Klebverbindungen in Sicherheitsklassen eingestuft werden, da diese die Qualitätsanforderungen für den gesamten Klebprozess vorgeben. Die Sicherheitsklassen sind abhängig von dem Risiko, das bei Ausfall der Klebverbindung ensteht. In der Klasse S1 “hohe Sicherheitsanforderungen“ ist der Aufwand zur Qualitätssicherung am höchsten. Erhält dagegen eine Klebung die Einstufung Klasse S4 „keine Sicherheitsanforderungen“, sind keine speziellen Maßnahmen notwendig. Die Einstufung in die Sicherheitsklassen ist in den Unternehmen die erste große Hürde, da häufig  Unsicherheit darüber besteht, welche Risiken berücksichtigt werden müssen und ob auch eine Verkettung unglücklicher Zufälle relevant ist. Eine zusätzliche Schwierigkeit besteht dann, wenn geklebte Produkte an den Endverbraucher verkauft werden, der sie in verschiedensten Systemen einsetzen kann.

Zur Verdeutlichung soll hier beispielhaft die Klebung einer Windschutzscheibe in ein Auto betrachtet werden. Eine Windschutzscheibe ist von außen in die Karosserie eingeklebt und kann, würde die Klebung komplett versagen, bei stärkerem Bremsen herausfallen. Im Stadtverkehr entstünde damit an Ampeln und Zebrastreifen eine potenzielle Gefahr für Leib und Leben von Fußgängern und Radfahrern. Damit sollte diese Klebung in die Klasse S1 „hohe Sicherheitsanforderung“ eingestuft werden. Nehmen wir nun an, die Scheibe würde durch mechanische Anschläge gehalten und wir betrachteten ausschließlich die Dichtfunktion der Klebung. In diesem Fall würde beim Versagen der Dichtung Wasser in den Fahrzeuginnenraum eindringen. Wird dies lediglich als „Beeinträchtigung des Komforts“ definiert, könnte die Klebung als S3 „niedrige Sicherheitsanforderung“ klassifiziert werden. Würden beim Eindringen des Wassers dagegen elektronische Komponenten beschädigt, die für das sichere Führen des Fahrzeugs unerlässlich sind, müsste wieder eine höhere Sicherheitsklasse angenommen werden.

Lösungspartner

Fraunhofer IFAM
Fraunhofer IFAM

 

Zielgruppen

Einkauf, Instandhaltung, Konstruktion & Entwicklung, Produktion & Fertigung, Qualitätssicherung, Unternehmensleitung, Vertrieb